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Der Sohn des Tuchhändlers

Der Sohn des Tuchhändlers

Titel: Der Sohn des Tuchhändlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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dem Messer fiel der Unterkiefer herab … packte den Burschen im Genick, drückte ihn nach unten, mir fiel jetzt erst auf, dass dort ganz unschuldig der Eimer stand … und tauchte den Burschen mit dem Kopf so leicht hinein wie ein junges Kätzchen, das man ertränken muss. Ein paar Gaffer schrien überrascht auf.
    »Scheiße«, stöhnte der Leibwächter mit dem Messer.
    Ich stieß den Studentenanführer zurück gegen die Mauer, fuhr herum und schlug dem Leibwächter das Messer aus der Hand. Der Mann mit dem Kopf im Eimer drosch mit Armen und Beinen um sich und gurgelte. Der Gestank von Fäkalien wallte brutal auf. Ich stellte den Fuß auf das Messer, als der Leibwächter sich danach bücken wollte, und er erstarrte in der Bewegung,nach vorn gebeugt, sein Gesicht in der Höhe meines Knies … aber ich ignorierte die Einladung. Der Säcklergehilfe hatte das Gleichgewicht zu unseren Gunsten verschoben, der Student wusste es, und er wusste, dass ich es wusste. Der Überfall war vorbei. Er richtete sich langsam auf und trat einen Schritt zurück.
    »Es reicht«, sagte ich zu dem Säcklergehilfen. Er reagierte nicht.
    »Es reicht«, sagte Friedrich. Der Säcklergehilfe ließ sein Opfer los und trat einen Schritt zurück. Der Student fuhr aus dem Eimer in die Höhe und warf sich kreischend und spuckend nach hinten. Er kreischte und spuckte weiter, als er in dem Unrat, den er herausgeplanscht hatte, ausrutschte und auf den Rücken fiel. Die Gesichter seiner Kumpane verzerrten sich vor Abscheu, bis auf den, den der Säcklergehilfe getreten hatte und der stöhnend und zusammengerollt auf dem Boden lag und an seiner Umgebung keinen Anteil nahm. Friedrich kam an meine Seite und sah den Studentenanführer über seine auf sein Gesicht gepresste Hand an. In den Zwischenräumen seiner Finger schimmerte Blut.
    »Und jetzt …«, sagte Friedrich und machte eine Kopfbewegung. Der Studentenführer presste die Lippen zusammen. Er stieß sich von der Wand ab und schritt um uns herum.
    »Wir gehen«, zischte er seinen Männern zu. Die Leibwächter starrten ihn an. »Wird’s bald!?«, schrie er. Seine Stimme schnappte über. »Und nehmt die zwei Vollidioten mit!«
    »Er ist aber voller …!«
    »Halt’s Maul!«, kreischte der Studentenführer. Er stakte davon, ohne sich noch einmal umzudrehen. Als sich der Ring der Gaffer nicht schnell genug öffnete, stieß er die Leute grob beiseite.
    Ich bückte mich nach dem Messer und hob es auf. Es war schwer. Der Mann, dem ich den Arm verdreht hatte, funkelte mich voller Hass an. »Wir sehen uns wieder, Fettsack.«
    »Bring einen Eimer mit«, sagte ich.
    Er riss sich los und schlurfte seinem Anführer nach. Die anderen beiden zerrten ihre Kumpane in die Höhe und schleiften sie hinter sich her. Der Säcklergehilfe wischte sich die Hand an seinem Kittel ab und schüttelte den Kopf. Ich hatte den Eindruck, dass sein Grinsen während der ganzen Zeit nicht einen Augenblick lang erloschen war.
    »Das war genau im richtigen Zeitpunkt«, sagte ich.
    »Ich kam raus und sah das. Da dachte ich, ich muss was tun«, erklärte er mit einer tiefen Stimme und in breitestem Bayrisch. Er gab dem Eimer einen leichten Stoß mit der Fußspitze, ohne ihn umzustoßen. Der Kotgestank war gemein. »Das muss jemand wegputzen.«
    Friedrich kam heran und nickte dem Säcklergehilfen zu. Dieser nickte zurück. Er sah die Meute der Gaffer an, die mittlerweile auf zwei Dutzend angewachsen sein musste. »Habt ihr genug gesehen?«, fragte er. »Geht nach Hause.« Er schloss die Augen, als sei ein Schmerz in seinen Schädel geschossen.
    »Schlimm?«, fragte ich. »Was gebrochen?«
    »Glaube nicht. Ich habe das Gefühl, meine Nase ist so groß wie ein Schweinerüssel.«
    »War sie vorher schon«, sagte ich.
    »Warum bist du nicht weggerannt? Am Anfang wollten sie doch nur mir an den Kragen.«
    »Für diese Frage solltest du dich schämen.«
    Er zuckte mit den Schultern und begann dann vorsichtig zu lächeln. »Es ist eine weite Strecke zwischen dem geduldigen Anhören frustrierten Gejammers und dem Beistand in der Gefahr.«
    »Jaja«, sagte ich. »Schau dir lieber mal deine Mauer an. So viel zur Rückkehr der Normalität, sobald die Leute Avellinos Tod verdaut haben.«
    Er folgte meinem Fingerzeig. Die meisten der Zuschauer um uns herum hatten die Zeichnung mittlerweile auch schon gesehenund besprachen sie aufgeregt. Friedrich betrachtete sie mit zusammengekniffenen Augen und durch die verstopfte Nase schniefend.
    Der Zeichner

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