Der Sohn des Verräters - 21
hilfreich.“ „Aber die Gefahr …“ „Die ist äußerst gering, Mikhail“, erwiderte Danilo ruhig, als hätte er bereits alle Möglichkeiten abgeschätzt und für annehmbar befunden. „Domenic hat doch schon bewiesen, dass er geschickt genug ist, unbemerkt aus der Burg zu kommen und klug genug, mit Lew Kontakt aufzunehmen, als er mit einer Situation konfrontiert wurde, die er allein nicht bewältigen konnte. Bei Hermes ist er gut aufgehoben, und gemeinsam können die beiden herausfinden, ob wir uns wegen dieses Komplotts Sorgen machen müssen. Ich bin mir sicher, Herm wird nicht zulassen, dass Domenic Schaden nimmt.“ „Die Sache gefällt mir nicht! Aber du hast wahrscheinlich Recht.“ Mikhail verzog das Gesicht. „Bleibt mir nur noch die erfreuliche Aufgabe, es Marguerida beizubringen. Und jetzt verschwindet, bevor ich es mir anders überlege!“ Er stöhnte dramatisch, bevor er ein gespenstisches Kichern ausstieß. Er schüttelte den Kopf. „Die Ironie dabei ist, dass ich mich unter anderen Umständen über Domenics Streich totlachen würde.“ „Das geht uns allen so, mein Sohn“, antwortete Lew.
Herm blieb noch einen Moment sitzen, den Kopf gesenkt als wäre er tief in Gedanken versunken. Dann stand er auf und nickte. „Ich werde auf den Jungen aufpassen, als wäre er mein eigener.“ Als Herm in seine Gemächer kam, fand er Katherine auf einem Diwan im Salon sitzend vor. Sie hatte einen Block auf den Knien und zeichnete. Das weiße Kleid vom Abendessen hatte sie durch ein unförmiges und häufig getragenes Kleidungsstück in einem Braunton ersetzt, der ihr nicht stand.
Ihr langes Haar war zu einem Zopf geflochten, der ihr auf den Rücken hing, und sie hatte Kohleflecken auf den Wangen, die sie aussehen ließen, als würde sie irgendeinem Stamm angehören und sich auf ein Ritual vorbereiten. Beim Geräusch seiner Schritte blickte sie auf und begrüßte ihn mit einem Lächeln. „Wo kommst du denn her? Du warst nach dem Abendessen spurlos verschwunden, und ich bin Lady Javanne in die Hände gefallen, die vorgab, alles über mich wissen zu wollen. Zum Glück ist mir deine Schwester zu Hilfe geeilt und hat sie abgelenkt. Es muss ein hartes Los sein, diese Frau zur Schwiegermutter zu haben, und mir tun Marguerida und Gisela Leid.“ Sie klang belustigt von der ganzen Angelegenheit und gelöst wie seit Tagen nicht mehr.
„Lew hatte etwas mit mir zu besprechen”, verfiel Herm sofort in die alte Angewohnheit, nie offen zu antworten, nicht einmal seiner geliebten Frau. Dann wappnete er sich, weil ihm klar wurde, dass er Katherines Bedürfnisse bei seiner spontanen Entscheidung im Arbeitszimmer kaum berücksichtigt hatte. Was hatte er sich nur dabei gedacht? „Und jetzt muss ich für ein paar Tage weg, Liebste.“ „Weg? Wieso? Wohin?“ Sie sah ihn durchdringend an.
„Es ist etwas passiert, und ich muss mich darum kümmern,“ Katherine legte den Block beiseite und erhob sich stirnrunzelnd. „Das hört sich aber gar nicht gut an.“ „Es tut mir Leid, Kate.“ „Du wirst mir nicht sagen, was los ist, oder?“ „Nein.“ „Warum nicht?“ „Je weniger du weißt, desto geringer ist die Gefahr, dass dir die falschen Personen etwas entlocken.“ „Und wer könnte das sein?”, entgegnete sie drohend, während langsam Zorn in ihr aufstieg.
„Das darf ich nicht sagen.“ Er wollte sie nicht daran erinnern, dass sie von Telepathen umgeben war und dass sie etwas verraten könnte, ohne es zu beabsichtigen. Die ganze Lage war ihr schon unangenehm genug. Auch behielt er lieber für sich, dass ihm das plötzliche Interesse seiner Schwester an Kate sehr verdächtig vorkam. Es schien irgendwie nicht zu Giselas Charakter zu passen. Das wenige, was er von ihr gesehen hatte, seit er wieder hier war, verwirrte ihn. Sie war im einen Augenblick beinahe rasend fröhlich, und im nächsten still und zurückgezogen. Auf jeden Fall ähnelte sie nicht mehr der jungen Frau, die er gekannt hatte, und er hätte Katherine gern davor gewarnt, ihr allzu sehr zu vertrauen. Gleichzeitig wusste er, dass es wichtig für seine Frau war, sich an dieses neue Leben anzupassen und Freundschaften zu schließen, also hielt er den Mund. Er würde sich auf das gute Gespür verlassen müssen. das seine Kate bisher im Umgang mit Menschen immer an den Tag gelegt hatte. Unglücklicherweise fiel ihm das nicht leicht, denn außer ihr und den Kindern vertraute er nur sehr wenigen Leuten, und sein Vater oder seine Schwester gehörten nicht zu
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