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Der Sohn des Verräters - 21

Der Sohn des Verräters - 21

Titel: Der Sohn des Verräters - 21 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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irgendwann.“ „Wie war er, und warum hat er aufgehört zu komponieren, als er Mitte sechzig war?“ „Mein Großonkel war ein sehr streitsüchtiger Mensch, der zu allem seine Meinung kundtun musste. Er war Mitte achtzig, als ich zur Welt kam, und er starb, kurz bevor ich Renney verließ. Nana hat ihn angebetet, er war ihr älterer Bruder, aber selbst sie fand ihn manchmal zum Verrücktwerden. Er war ein fürchterlicher Egoist und dachte, die Welt müsse sich immerzu um ihn drehen. Und er hat gar nicht aufgehört zu komponieren – er ließ nur nicht zu, dass nach Ys noch etwas von seinem Werk aufgeführt wurde. In unserem Haus stehen noch mehrere Schachteln mit seinen Kompositionen.“ „Aber wieso?“ Margueridas Herz machte einen freudigen Sprung beim Gedanken an diese unveröffentlichten Kompositionen eines ihrer Lieblingsmusiker, doch dann wurde ihr mit einem Gefühl der Resignation klar, dass sie niemals die Gelegenheit haben würde, sie zu sehen. Schon Jahre zuvor hatte sie sich damit abgefunden, dass sie Darkover nie mehr verlassen würde, und das Verlangen, zu anderen Welten zu reisen, war verschwunden, aber jetzt sehnte sie sich danach, Renney zu bereisen und die Werke Amedi Korniels zu retten. Sie schü ttelte das Gefühl entschlossen ab, aber es blieb zurück wie der Nachgeschmack einer bitteren Frucht.
    „Er war nach dem Erfolg dieser Oper mit nichts mehr zufrieden, was er schrieb. Es hat an ihm gezehrt wie eine schreckliche Krankheit. Er war wie gelähmt vo n der Angst, dass sein nächstes Werk nicht mehr so gut sein könnte. Also lerne aus seinem Fehler. Lass dir deine Musik weder von Regis’ Tod noch von irgendetwas anderem verderben!“ Marguerida war gerührt von der Leidenschaft in Katherines Stimme, sie fühlte sich ihr verwandt. „Mir war bis zu diesem Moment gar nicht bewusst, wie sehr ich mir eine andere Künstlerin hier gewünscht habe, mit der ich über mein … Werk reden kann. Und du hast natürlich Recht – es würde an mir zehren.“ Und dann wurde ihr klar, dass sie und Kate nicht nur ähnliche Neigungen hatten – hier war endlich jemand, der ihr Bedürfnis nach Musik verstand. Denn so sehr Mikhail sie auch liebte, diese Seite von ihr hatte er nie zu begreifen vermocht. Selbst ihre Freunde in der Musikergilde konnten nicht nachvollziehen, wie wichtig ihr diese Arbeit war, und betrachteten sie nur als eine Amateurin aus vornehmem Hause.
    „Ich wünschte, wir kämen schneller voran“, sagte Kate. „Das könnten wir, wenn die Wagen und Kutschen nicht wären. Mikhail und ich haben die Strecke zwischen den Toren Thendaras und den Ruinen des Turms von Hali vor langer Zeit mit einem scharfen Ritt von vier Stunden zurückgelegt. Das war allerdings mitten in der Nacht, und ein Schneesturm zog auch noch auf!“ „Klingt aufregend.“ „Naja, so aufregend es eben ist, wenn man friert, schreckliche Angst hat und unter einem Zwang steht. Nur die Ruhe, wir kommen früh genug nach Carcosa, und du kannst Herm noch ausgiebig die Leviten lesen.“ „Wirst du denn das Gleiche mit Domenic tun?“ „Wahrscheinlich nicht. Ich werde so froh sein, ihn wieder in meiner mütterlichen Gewalt zu wissen, dass ich ihm wohl verzeihen werde. Bis auf dieses eine Mal war er immer ein sehr braver Junge.“ „Diesen Eindruck hatte ich nach unserer kurzen Bekanntschaft bei jenem ersten Abendessen auch. Er und Rhodri sind sehr verschieden, oder?“ „Allerdings. Es gibt da etwas, das ich dich fragen wollte, Kate, aber ich hab mich bisher nicht getraut.“ „Nur zu.“ „Was hast du mit unserer Schwägerin angestellt? Das war nur halb im Scherz gemeint, als ich fragte, ob du sie verhext hast.“ „Getan habe ich eigentlich gar nichts, außer vielleicht, dass ich sie als Mensch gesehen habe und nicht als eine Aldaran.“ Sie zögerte, als befürchtete sie, ihre Gesprächspartnerin beleidigt zu haben. „Als Porträtmalerin lernt man sehr viel über Menschen, weil sie immerzu über sich reden, selbst wenn ich gerade versuche, ihren Mund auf die Leinwand zu bannen.
    Deshalb bin ich eine gute Zuhörerin geworden. Und als Gisela mich zu Meister Gilhooly brachte, haben wir uns auf der Fahrt unterhalten, und ich habe herausgefunden, dass sie gar keine schlechte Frau ist. Man muss ihr nur zuhören können, ohne wegen ihrer Familie Vorurteile zu haben.“ Kate zögerte kurz.
    „Ich glaube übrigens, du hast Recht, was meine Empathie angeht – ich habe wirklich eine Menge davon. Mir ist aufgefallen, dass ich

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