Der Sohn des Verräters - 21
gute Idee. Du frierst bestimmt ohne deinen Mantel, mein Sohn.“ „Eigentlich nicht. Komm mit, Mutter. Du musst hungrig sein nach dem Ritt, und Evan MacHaworth wartet schon mit einem Mahl auf uns.“ Er warf einen Blick über Margueridas Schulter und grinste. „Sieht aus, als würde Domna Katherine ihren Herm nun doch nicht umbringen.“ Marguerida drehte sich um. Hermes Aldaran streckte die Hände nach oben, um Kate aus dem Sattel zu helfen. Als sie sich nicht rührte, fasste er sie um die schlanke Taille und hob sie zu sich herab. Sein Gesicht wirkte blass im wässrigen Sonnenlicht, und auf Katherines Wangen war eine Röte zu sehen, die ebenso gut von Zorn wie von einer zärtlicheren Empfindung rühren konnte.
„Gisela sagte, ich solle dir ein paar hinter die Ohren geben“, hörte man sie mit erstickter Stimme schimpfen.
„Das ist das Mindeste, was ich verdient habe“, antwortete ihr Mann und klang keine Spur reumütig. „Du bist der schönste Anblick seit Tagen.“ „Spar dir deinen Charme für jemanden, der ihn haben will, Hermes-Gabriel Aldaran. Ich bin noch nicht bereit, dir zu vergeben.“ „Das habe ich auch nicht erwartet, aber ich habe gehofft, mein Brief …“ „Dein Brief allein hilft dir noch nicht aus der Patsche.“ Offenbar ohne die interessierten Blicke mehrerer Umstehender zu bemerken, überlegte Herm seine nächsten Worte.
Dann sagte er auf Terranisch: „Pfui, pfui!, entrunzle diese drohende Stirn.“ „Das ist mein Text, Hermes, nicht deiner“, antwortete Katherine in der gleichen Sprache, hin- und hergerissen zwischen Belustigung und Verzweiflung über ihren unbußfertigen Gatten. „Stimmt. Dann also: Das nenn ich eine Frau! Küss mich, meine Kate.“ „Du bist einfach unmöglich!“ Dann packte sie ihn vor den amüsierten Blicken der Comyn, von denen nur wenige das kleine Zwischenspiel verstanden hatten, an den Ohren, zog ihn an sich und küsste ihn fest auf den Mund. Etwas atemlos und erhitzt stieß sie ihn weg und fuhr fort: „Und jetzt sei brav, dann vergebe ich dir vielleicht in ein paar Jahren.“ Das war zu viel für einige der Zuschauer, und es gab unterdrücktes Gelächter. Herm und Katherine sahen sich um und bemerkten erst jetzt, dass sie beobachtet wurden. Kate wurde rot, aber Herm verbeugte sich nur tief vor dem Publikum. In diesem Moment trat Robert Aldaran aus der Menge und umarmte seinen Bruder kräftig. „Du hast dich fast gar nicht verändert, Bredu, außer dass du dein Haar und deine schlanke Taille verloren hast.“ Herm lachte und klopfte Robert auf die Schulter.
Marguerida wandte sich von dieser Wiedersehensscene ab und sagte zu ihren Sohn: „Essen klingt sehr verlockend. Wo ist Rafaella?“ „Sie spioniert ein bisschen – ich wollte sie begleiten, aber Onkel Herm hat es nicht erlaubt.“ Domenic zuckte die Achseln. „Genau genommen drohte er mir, wenn ich bei deiner Ankunft nicht hier bin, bräuchte ihn Katherine nicht mehr umzubringen, weil du es schon tust. Und da ich ihn sehr mag …“ Marguerida musste lachen. „Er hatte Recht. Ich konnte es wirklich kaum erwarten, dich zu sehen und mich mit eigenen Augen davon zu überzeugen, dass dir nichts zugestoßen ist. Das schleppende Tempo des Trauerzugs hat mich fast wahnsinnig gemacht.“ Sie legte eine Hand Domenic auf die Schulter, die zweite dem Mädchen und schob beide in Richtung Eingang. Dyan Ardais schloss sich ihnen an und beobachtete Illona mit unergründlicher Miene.
Sie scheint eine sehr nette Mutter zu sein, gar nicht wie in den Geschichten, die man sich über sie erzählt. Aber wahrscheinlich tut sie bloß so. Wie es wohl ist, eine richtige Mutter zu haben? Wahrscheinlich muss Domenic immer früh ins Bett gehen und sich hinter den Ohren waschen. Ich hoffe, sie verhext mich nicht, wie sie es mit ihrem Mann gemacht hat.
Marguerida fing diese lautlosen Überlegungen widerwillig auf und runzelte die Stirn über die letzte. Sprach das einfache Volk tatsächlich so über sie? Ihr war bis jetzt gar nicht in den Sinn gekommen, dass sie der Gegenstand von Klatschgeschichten sein könnte, und sie empfand es als äußerst unangenehm. Hätten sie sich doch nur nicht all die Jahre auf Burg Comyn verschanzt und die Fantasie in der Bevölkerung wer weiß wie ins Kraut schießen lassen! Aber das würden sie ein andermal in Ordnung bringen müssen. Sie verbannte das Problem aus ihrem Kopf und konzentrierte sich wieder auf das Hier und Jetzt.
Mikhail kam zu ihnen, dicht gefolgt von Donal. Beim Anblick
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