Der Sohn des Verräters - 21
der Gilden in Thendara.
Anschließend hatte er seinen Vater gefragt, ob es immer so zuginge im Rat.
Mikhail hatte wehmütig gelächelt und den Kopf geschüttelt. „Das war eine einigermaßen ordentliche Sitzung, Domenic.“ „Dann erlebe ich hoffentlich nie eine unordentliche. Ich dachte, Dom Francisco Ridenow würde Onkel Regis jeden Moment eins auf die Nase geben.“ Zum Teil hatte sich die Auseinandersetzung um den Mietvertrag für den Raumhafen gedreht, der in zwei Jahren auslief. Regis und Großvater Lew hatten sich dafür ausgesprochen, ihn für eine höhere Gebühr zu verlängern, und Dom Francisco war dagegen gewesen. Domenic verstand, warum, die Föderation hatte es versäumt, die Miete für zwei der letzten fünf Jahre zu bezahlen. Da sich Darkover eine weitgehende wirtschaftliche Unabhängigkeit von der Föderation bewahrt hatte, brauchten sie das Geld nicht unbedingt, aber es ging ums Prinzip. Die Föderation ihrerseits hatte vorgeschlagen, dass man ihr den Raumhafen unbegrenzt und pachtfrei überlassen solle, da sie ihn „entwickelt“ habe. Niemand erwog diese Idee auch nur für eine Sekunde – das war während der gesamten Sitzung so ziemlich der einzige Punkt, über den man sich völlig einig war. Wer konnte schon wissen, was nun geschah, da die Föderation ihre Legislative aufgelöst hatte. Vielleicht zogen sie ab, was Leuten wie Domenics Großmutter oder Dom Francisco Ridenow gefallen würde. Ihm selbst war das eine so egal wie das andere, denn die wenigen Terraner, die er kennen gelernt hatte, hatten ihn weder durch Freundlichkeit noch durch besondere Klugheit beeindruckt. Ida Davidson zählte er dabei nicht mit, sie war wie eine Tante für ihn und hatte ihm sogar beigebracht, wie man eine anständige Melodie hielt. Er dachte betrübt an den „Berater“, den man Regis vor ein paar Jahren untergeschoben hatte, ein trockener, bürokratischer Mensch, der unzählige Fragen gestellt und nie eine Antwort gegeben hatte. Domenic wusste immer noch nicht genau, wieso sein Onkel und sein Großvater den Mann überhaupt in die Burg gelassen hatten. Es schien eine dieser Erwachsenengeschichten zu sein, irgendein Plan, dessen Sinn er nicht recht begreifen konnte. Und wo er, als er noch jünger war, jede Menge Fragen gestellt hätte, brachte er nun die meiste Zeit keinen Ton heraus. Seine Gedanken schweiften zu Lyle Belfontaine, weg von dem Schreckgespenst Javanne und vor allem, wie er sich eingestand, von dem kleinen Gareth Elhalyn, Danilos Sohn. Die beiden hatten sich im letzten Jahr in Arilinn getroffen, und er mochte den Jungen nicht, ein Gefühl, das auf Gegenseitigkeit beruhte, wie er sehr wohl wusste. Etwas in der Art, wie Gareth ihn ansah, so von der Seite, ließ ihn förmlich zusammenzucken. Außerdem tat er vornehm und erwartete, dass man sich ihm fügte, was bei seinen Mitschülern im Turm nicht gut ankam. Es war besser, an Belfontaine zu denken, denn es schien Domenic nicht richtig, seine Großmutter und seinen Vetter so sehr zu verabscheuen, wie er es tat.
Lew hatte Domenic zu einer seiner Besprechungen mit ins Hauptquartier genommen; er gab ihn als Pagen aus und trug ihm auf, alles genau zu beobachten. Es hatte Spaß gemacht, so zu tun, als wäre man ein Niemand, und die zufälligen Gedanken der Terraner in den Fluren und Büros aufzuschnappen.
Allerdings war es nicht sehr interessant gewesen, denn das meiste von dem, was er auffing, war ihm unverständlich. Aber der Stützpunktleiter war auf eine abschreckende Art faszinierend gewesen, wie er versucht hatte, Lews Einverständnis zu einem Besuch in der Burg und einem Treffen mit Regis Hastur zu erhalten. Er beobachtete, wie sein Großvater der strittigen Frage auswich und so geschickt das Thema wechselte, dass Belfontaine kaum merkte, wie er vom Ziel abgelenkt wurde.
Es war nach Domenics Dafürhalten eine gute Lektion in Diplomatie, aber das Auftreten des Standortkommandeurs hatte ihm den Eindruck vermittelt, dass der Mann ein gefährlicher Narr und dass alle Terraner gleichermaßen unverantwortlich und heimtückisch waren.
Er hatte sich mehr für die Apparate interessiert, die überall vor sich hin blinkten und summten, während sie Blätter hauchdünnen Papiers ausstießen, das in weniger als einem Tag zu Asche zerfiel, wie Lew ihm verriet. Bis Domenic die Relais in Arilinn zu Gesicht bekam, hatte er nie etwas Ähnliches gesehen, und er war gegen seinen Willen beeindruckt. Das Einzige, was er an fortschrittlicher Technik kannte, war das
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