Der Sohn des Verräters - 21
ihren Füßen. „Noch dazu eine von meinen Lieblingskannen.“ Vielleicht konnte er sie aufheitern und gleichzeitig seine eigene Laune verbessern.
„Die sechste, genau genommen.“ Ihre schöne Stimme klang heiser vor Anspannung. „Es ist besser, Tonsachen zu zerschlagen als Menschen, oder?“ „Wenn du schon unbedingt etwas zerstören musst, dann sind unschuldige Tassen und Kannen wohl wirklich das Beste, Breda. Aber um des Teppichs willen könntest du wenigstens warten, bis das Gefäß leer ist. Was ist denn nun schon wieder?“ Er redete vergnügt, um sie zu besserer Laune zu verleiten, aber sein Geduldsfaden war dünn und fransig, und er wünschte, er wäre woanders – egal wo!
„Ich ersticke! Alle schleichen auf Zehenspitzen herum und tun so ernst und feierlich. Ich kriege Kopfweh davon.“ Sie sprach sehr dramatisch, aber es stand außer Frage, dass sie aufrichtig litt. Alanna hatte viel von der ängstlichen Veranlagung ihrer Mutter geerbt, was zusammen mit ihrem sprunghaften Temperament eine unheilvolle Mischung ergab. Domenic fand es sehr schade, dass sie nicht Schauspielerin werden konnte, doch dann fragte er sich, wie er überhaupt auf diesen bemerkenswerten Gedanken kam. Töchter von Domänenherren und selbst denen aus geringeren Familien wie den Alars stand es nicht frei, sich der Gilde der Schauspieler oder irgendeiner anderen anzuschließen.
Alanna hatte sich schon früher darüber beklagt, und niemand, nicht einmal Domenics Mutter, die eine erfahrene Heilerin war, hatte die Quelle für das Unbehagen des Mädchens entdecken können. Dennoch war es sehr real, daran bestand kein Zweifel. „Vielleicht sollten wir ein ganzes Gros Geschirr bestellen, das du zerschmeißen kannst, Chiya .“ „Ich habe das Gefühl, ich platze gleich. Peng! In tausend Stücke!“ „Das sehe ich.“ Das Gefühl war ihm nicht unbekannt, denn er empfand es oft selbst, wenngleich nicht so stark wie seine Pflegeschwester. Vielleicht würde es ihm gut tun, Wenn er ebenfalls ein paar Tassen zerbräche, als Ventil für den Aufruhr in seinem Inneren. Doch nein, ihm würde es nichts helfen. was Domenic in Wirklichkeit brechen wollte, waren die Regeln, und das traute er sich nicht. „Hat dich etwas Bestimmtes gereizt, Alanna, oder war es nur die allgemein stille und ernste Atmosphäre?“ Das Mädchen öffnete endlich die Fäuste und zuckte mit den Achseln. „Ich habe Klavier gespielt, und ich schien zwei linke Hände zu haben, und das hat mich rasend gemacht. Aber das ist nicht alles. Ich fühle mich, als würde ich … zerspringen. Als gäbe es mich zweimal oder vielleicht noch öfter. Und jede Alanna will etwas anderes.“ Nach diesem Eingeständnis senkte sie den Kopf und begann leise zu weinen. Domenic legte einen Arm um sie und bettete ihren stolzen Kopf an seine Brust. Sie fühlte sich warm an in seiner Umarmung, aber sie roch nach Wut, ein unverwechselbarer und ziemlich unangenehmer Geruch. Alanna war angespannt, als könnte sie sich nur mit unbändiger Willenskraft beherrschen.
Selbst als sie weinte, ließ die Spannung nicht nach.
Domenics Mutter kam herein, sie sah sehr müde aus. Sie blieb stehen, und als sie die beiden ansah, schien ein leichter Schatten über ihre Züge zu huschen. Er war fast im gleichen Augenblick wieder verschwunden, aber Domenic hegte den Verdacht, dass Marguerida etwas von seinen Gefühlen für seine Pflegeschwester ahnte und darüber besorgt war.
Kein Grund zur Aufregung, Mutter.
Ich kann nicht anders. Du bist mein Erstgeborener. Da war tief in ihr noch etwas, was sie störte, aber er hatte keine Ahnung, was es sein mochte.
Ich meine, du brauchst dir keine Sorgen zu machen, dass meine Gefühle für Alanna mit mir durchgehen könnten.
Nein, dafür bist du viel zu diszipliniert – obwohl die Versuchung furchtbar sein muss. Manchmal wünschte ich mir fast, du wärst ein bisschen weniger zurückhaltend, Domenic.
Wie meinst du das? Soll ich etwa mehr so werden wie Rhodri? Bloß nicht! Mehr als einen solchen Bengel ertrage ich nicht.
Ich will nur, dass du du selbst bist. Und ich werde das Gefühl nicht recht los, dass du dich zu sehr kontrollierst – du bist einfach unnormal brav!
Soll ich etwa anfangen, die Dienstmädchen zu verführen oder mit den Wächtern dem Wein zusprechen?
Lieber nicht. Das würde Gerede geben, und das können wir nicht brauchen. Aber ich wünschte, du würdest nur einmal über die Stränge schlagen. Du überraschst mich nie, und ich wollte so sehr, du würdest es tun.
Ich
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