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Der Sohn des Verräters - 21

Der Sohn des Verräters - 21

Titel: Der Sohn des Verräters - 21 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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muss eine große Enttäuschung sein, so langweilig und nüchtern, wie ich bin.
Aber du bist doch keine Enttäuschung, mein Sohn! Ich habe wohl zu viel von meinem Vater in mir und bin eine bekehrte Rebellin. Willst du denn nicht manchmal etwas Ungeheuerliches tun?
Oft. Aber ich kenne meine Pflichten. Do menic spürte, wie sich Alanna an seiner Schulter regte, und war froh über die Ablenkung. Er wollte nicht, dass seine Mutter entdeckte, wie sehr er sich über seine Pflichten ärgerte. Sie hatte genug am Hals, jetzt mit Regis Hasturs Tod und Alannas meist unmöglichem Benehmen. Sie beschwerte sich nie, aber er wusste, dass sie sich in ihren Verrichtungen aufrieb. Und so sehr sie ihn, seine Geschwister und seinen Vater auch liebte, sie hätte gern mehr von ihrer Energie dem Komponieren gewidmet und weniger dem Dasein als Ehefrau und Mutter.
Marguerida hatte ihn oder seine Geschwister nie vernachlässigt, nicht zu reden davon, dass sie auch noch Donal und Alanna in Pflege genommen hatte. Sie hatte geduldig zugehört, wenn er mit seinen kleinen Erfolgen prahlte – der Ausbildung seiner geliebten Falken oder dem Überspringen einer Hürde mit seinem Pferd. Marguerida hatte bei ihm gewacht, wenn ihn ein Fieberanfall schüttelte, und sich geweigert, einen Diener die feuchten Tücher auf seine Stirn drücken zu lassen. Er wurde geliebt – sehr sogar – und er wusste es.
Gleichzeitig wusste Domenic aber auch, dass seine Mutter oft zwischen persönlichen Zielen und Pflichten hin- und hergerissen war. Sie nahm nicht gern an Sitzungen des Rats teil, wo sie sich Streitgespräche anhören und zerzauste Federn glätten musste. Sie hasste es, überallhin in einer Kutsche fahren zu müssen, anstatt zu Fuß durch Thendara zu schlendern, und sei es in Begleitung, wie sie es vor Domenics Geburt getan hatte. Er wusste, dass sie manchmal mitten in der Nacht in einen der Innenhöfe der Burg ging und auf den Pflastersteinen hin und her lief, um die Anspannung zu lösen, die sich in dem goldenen Käfig aufbaute, in dem sie lebte.
Es war nun fünfunddreißig Jahre her, seit die Weltenzerstörer Darkover heimgesucht und Kinder in ihren Wiegen ermordet hatten. Seit dieser Zeit war den Familien der Domänen nichts derart Bedrohliches mehr widerfahren, aber eine grundsätzliche Wachsamkeit, eine argwöhnische Vorsicht hatte im Laufe der Zeit von Regis Besitz ergriffen. Sie waren kampfbereit, auch wenn sich noch kein Feind gezeigt hatte.
Immerhin, falls einiges von dem zutraf, was Domenic bei seinen Eltern und Großvater Lew mitbekommen hatte, würden sie möglicherweise noch sehr froh über ihren Verfolgungswahn sein. Was ihn selbst anging, war das einzige Problem dabei, dass er sich nicht frei bewegen durfte, wie es sein Vater als junger Mann gekonnt hatte. Zur Zeit ärgerte ihn das zunehmend, und beinahe teilte er Alannas Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen.
Er unterdrückte den aufkeimenden Wunsch, fortzugehen.
Es war sinnlos, daran zu denken. Auf absehbare Zeit würde er auf Burg Comyn festsitzen, damit musste er sich einfach abfinden. Und er durfte sich auch nicht über seine Gefangenschaft beschweren oder Rhodri um dessen relative Freiheit beneiden. Er spürte den bitteren Geschmack von Galle im Mund.
Alanna richtete sich auf und stieß sich von ihm weg; er konnte ihre Qual nachfühlen. Sie musterte die Schweinerei auf dem Boden, und ihr bewegliches Gesicht wurde steif und ausdruckslos. „Ich gehe ein Bad nehmen.“ „Das dürfte dich beruhigen“, bemerkte Marguerida friedlich.
Alannas Gesicht wurde zu einer Maske kaum unterdrückter Wut. „Nichts kann mich beruhigen, nichts außer … mir fällt nicht einmal etwas ein. Ich hasse alles hier!“ Dann drehte sie sich um und stürmte hinaus.
„So sehr ich dieses Kind liebe, es gibt Zeiten, da verzweifle ich an ihr. Ich sage mir, das sind nur die Amok laufenden Hormone einer Jugendlichen, aber, ehrlich gesagt, glaube ich es keine Sekunde. Ich kann mir nicht vorstellen, wie Alanna in einer Ehe zur Ruhe kommen sollte – allein der Gedanke ist zu fantastisch –, und sie gehört trotz ihrer Gaben auch nicht in einen Turm. Für ein Mädchen wie Alanna gibt es keinen Platz auf Darkover.“ Marguerida runzelte die Stirn und ließ die Schultern hängen. „Und ich wüsste auch nicht, wo sonst.“ Ein Mädchen wie Alanna. Das hörte sich aus dem Mund seiner Mutter sonderbar an, und nicht zum ersten Mal fragte sich Domenic, ob Marguerida etwas über seine Pflegeschwester wusste, das ihm nicht

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