Der Sohn des Verräters - 21
dem jungen Donal Alar auch ein Berater, ständiger Begleiter und Waffenbruder. Als junger Mann war Mikhail Friedensmann für Dyan Ardais, obwohl er damals schon Regis’ Erbe war. Es ist wohl eine unserer Methoden, untereinander verbunden zu bleiben. Und es tut mir übrigens Leid, Katherine, wie schlecht sich meine Schwester benommen hat.“
„Sie ist nur ein bisschen eifersüchtig, Herm. Und rastlos, genau wie du die meiste Zeit, Liebster.“ „Worauf?“ Er setzte sich auf.
„Auf mich. Du bist ihr Bruder, und zwar ihr Lieblingsbruder, wenn ich alles richtig deute.“
„Daran hatte ich noch gar nicht gedacht. Hmm … stimmt, sie mochte Robert nie, der übrigens ein wunderbarer Mensch ist, aber ein bisschen … schwerfällig, und unsere anderen Brüder – die Nedestro sind – haben sich nie besonders um sie gekümmert. Aber ich verstehe immer noch nicht, warum sie eifersüchtig auf dich sein sollte.“ „Das ist typisch weiblich“, antwortete Katherine leichthin.
Sie hatte die Fahrt mit Gisela guter Laune beendet, und die wollte sie behalten.
„Aha, eines der Geheimnisse.“ „Ja.“ Herm las in ihrem Gesicht, dass seine Frau nicht mehr dazu sagen wollte, und beschloss, sie nicht zu bedrängen. „Und wie war dein Besuch bei Meister Gilhooly?“ „Angenehm. Er hat mir die Ateliers gezeigt, und wir haben ein wenig gefachsimpelt. Die Unterhaltung hat meinen Wortschatz aufs Äußerste strapaziert, und ohne Giselas Hilfe hätte ich viel größere Schwierigkeiten gehabt. Sie sagt, sie hat ein altes Buch über Malerei gelesen und die Begriffe dort aufgeschnappt. Sie kann sehr charmant sein, wenn sie will.“
„Gisela hat ein Buc h über Malerei gelesen? Erstaunlich.“ Katherine warf ihm einen Blick zu, den er gut kannte. Sie begann sich über ihn zu ärgern, und er würde aufpassen müssen, was er sagte. „Sie meinte, sie habe in den letzten fünfzehn Jahren über praktisch alle Themen in den Archiven gelesen, und zwar aus purer Langeweile, soviel ich verstanden habe.
Das arme Ding.“ Das kam völlig unerwartet für Herm, und er wusste nicht, was er davon halten sollte. Zwischen den beiden Frauen war bei ihrem Ausflug offenkundig etwas geschehen, und das machte ihm nicht unerhebliche Sorgen, auch wenn er nicht genau sagen konnte, wieso. Immerhin war Katherine nicht zu Schaden gekommen und fand seine Schwester anscheinend interessant. „Das ist das erste Mal seit Tagen, dass ich ein richtiges Sprühen in deinen Augen sehe, Kate. Versprich mir nur, dass du nicht in einer Terpentinwolke zu Tisch kommst oder mit einem Kohlefleck auf deiner hübschen Nase.“ Katherine grinste breit. „Ich werde versuchen, dir keine Schande zu machen, mein Gebieter. Aber denk dran, dass ich nicht zur großen Dame erzogen wurde, nicht mal zu einer mittelgroßen. Ich fühle mich ein bisschen erstickt von all diesen Formalitäten, was meinen Besuch bei Meister Gilhooly umso vergnüglicher machte. Nachdem er sich vom ersten Schreck erholt hatte, dass Domna Aldaran – an den Titel habe ich mich noch immer nicht gewöhnt und auch nicht daran, dass man sich vor mir verbeugt und mich behandelt, als wäre ich wichtig –, dass also Domna Aldaran sein Unternehmen betritt, noch dazu in Begleitung von Gisela, und nachdem er gemerkt hatte, dass ich eine ernsthafte Künstlerin bin, ist er vollkommen aufgetaut. Er hat aufgehört herumzudienern und begonnen, über wichtige Dinge zu sprechen, für die er eine Leidenschaft hegt.“ „Es ist nun mal eher ungewö hnlich, dass eine Frau aus den Domänen einer anderen Beschäftigung als Kindererziehung nachgeht, es sei denn, sie entscheidet sich, eine Leronis zu werden. Oder eine Entsagende“, fügte er an, noch immer verwirrt von der Veränderung seiner Frau. „Ich habe noch nie von einer darkovanischen Frau gehört, die ernsthaft als Künstlerin tätig ist. Unsere mehr künstlerisch veranlagten Frauen begnügen sich meist mit Unmengen überflüssiger Handarbeiten. Lady Marilla Aillard betreibt zwar eine Keramikfabrik in der Domäne Ardais, aber ich glaube nicht, dass sie persönlich an der Töpferscheibe sitzt oder Schüsseln glasiert. Vielleicht tut sie es aber auch. Du kannst sie gerne fragen, wenn sie kommt.“ „Sie kommt zur Beerdigung, nehme ich an.“ „Nicht nur deshalb. Sie hat den Sitz der Aillards im Rat der Comyn inne, der demnächst zusammentreten wird, um Mikhail als Nachfolger von Regis Hastur zu bestätigen. Ihr Sohn, Dyan Ardais, kommt ebenfalls.“ „ Domna Marilla
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