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Der Sohn des Wolfs

Der Sohn des Wolfs

Titel: Der Sohn des Wolfs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack London
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Hundeführer aber immer noch Einwände erhoben, fuhr er wütend auf sie los und schalt sie Weiber und Köter. Das dunkle Gesicht des älteren Mischlings wurde blutrot vor Zorn, er richtete sich auf und schwor, aushalten zu wollen, bis ihm die Haut in Fetzen von den Füßen hinge; und dann würde es ihm ein besonderes Vergnügen machen, den Anführer in den Schnee zu werfen.
    Der junge Polizist ging mit Aufgebot seiner ganzen Energie, ohne zu wanken, zur Tür und schützte eine Kraft vor, die er gar nicht besaß. Aber alle sahen es und wußten diese stolze Anspannung zu schätzen. Er konnte jedoch nicht ganz verbergen, daß sein Gesicht vor Schmerz zuckte. Reifbedeckt lagen die Hunde zusammengerollt im Schnee, und es war fast unmöglich, sie auf die Beine zu bekommen. Die armen Tiere heulten unter den Peitschenhieben. Die Führer waren wütend und blutdürstig, sie konnten den Schlitten auch erst in Gang bekommen, als Babette, der Leithund, abgeschnitten war.
    »Ein dreckiger Schurke und Lügner!«
    »Der Blitz soll ihn treffen!«
    »Ein Dieb!«
    »Schlimmer als ein Indianer!«
    Es war klar, daß sie zornig waren – erstens über die Art und Weise, wie sie hinters Licht geführt worden waren, zweitens im Namen der verletzten Moral des Nordlandes, wo Ehrlichkeit die höchste Tugend des Mannes ist.
    »Und wir haben dem Banditen noch geholfen, als wir schon wußten, was er getan hat.«
    Alle Augen richteten sich anklagend auf Malemute Kid, der sich aus der Ecke erhob, wo er es Babette bequem gemacht hatte, und schweigend den Rest des Punsches in die Becher schenkte.
    »Es ist eine kalte Nacht, Jungens – eine bitterkalte Nacht«, begann er, etwas abweichend, seine Verteidigung. »Ihr habt alle schon Schlittenreisen gemacht und wißt, was das heißt. Tritt keinen Hund, wenn er fertig ist. Ihr habt nur die eine Seite der Sache gesehen. Ein ehrlicherer Mann als Jack Westondale hat nie aus demselben Napf wie ihr oder ich gegessen. Voriges Jahr im Frühling gab er seine ganzen Ersparnisse, vierzigtausend, Joe Castrell, damit er Land von der Regierung für ihn kaufte. Heute wäre er Millionär gewesen. Aber was tut Joe Castrell, während Westondale in Circle City blieb, um einen skorbutkranken Freund zu pflegen? Geht zu McFarland und verspielt das Ganze. Am nächsten Tage lag er tot im Schnee. Und der arme Jack hatte gedacht, im Winter heimzureisen, zu seiner Frau und dem Jungen, den er noch nie gesehen hatte! Denkt daran, er nahm genau, was sein Kompagnon verlor – vierzigtausend. Na, jetzt ist er weg, und was wollt ihr nun dabei machen?«
    Kid blickte sich im Kreise um, sah, daß der Zorn sich legte und hob seinen Becher.
    »Und nun wollen wir anstoßen auf den Mann, der auf der Fahrt ist. Möge sein Proviant reichen, mögen seine Hunde frisch bleiben und seine Streichhölzer nie naß werden. Gott sei mit ihm, gebe ihm Glück und – «
    »Nieder mit der berittenen Polizei!« rief Bettles, und sie stießen mit vollen Bechern an.

 
Das Vorrecht des Priesters
     
     
     
    Dies ist die Geschichte von einem Mann, der seine Frau nicht zu schätzen wußte; und ferner von einer Frau, die ihm zuviel Ehre erwies, indem sie sich ihm schenkte. Nebenbei betrifft sie einen Jesuitenpater, der, soviel man wußte, noch nie eine Lüge gesagt hatte. Er gehörte, und zwar unzertrennlich, zum Yukonland; die Anwesenheit der beiden andern hingegen war ganz zufällig. Sie gehörten nur zu den vielen heimatlosen Existenzen, die mit der Woge des Goldstroms trieben oder ihr folgten.
    Edwin und Grace Bentham waren solche Existenzen. Sie waren auch lange hinterher gekommen; der Klondike-Strom von 97 hatte sich längst den großen Fluß hinabgewälzt und war in der ausgehungerten Stadt Dawson steckengeblieben. Als der Yukon den Laden zumachte und unter einer drei Fuß dicken Eisdecke zur Ruhe ging, befand sich das heimatlose Paar an den Five-Fingers-Schnellen, während es noch viele Tagesreisen nach Norden bis zur Holzstadt waren.
    Nicht wenig Vieh war an dieser Stelle im Laufe des Frühlings geschlachtet worden, und der Abfall bildete einen großen Haufen. Die drei Mitreisenden Edwin Benthams und seiner Frau betrachteten diesen Haufen, dachten ein wenig nach, kamen zu dem Ergebnis, daß dies eine Goldmine sei, und entschlossen sich zu bleiben. Den ganzen Winter hindurch verkauften sie Knochen und gefrorene Häute an fast ausgehungerte Hundegespanne. Sie verlangten einen bescheidenen Preis, einen Dollar das Pfund, unsortiert. Als die Sonne sechs

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