Der Sommer, als der Regen ausblieb - Roman
Münztelefon der Notaufnahme an einen ungnädig gestimmten Herbergsmitarbeiter geriet, der ihr mitteilte, ihr Mann sei aber nicht auf seinem Zimmer. Nein, und sie wüssten auch nicht, wo er sonst sein könne. Ob sie es in einem anderen Zimmer versuchen sollten?
Er wälzt sich auf den Rücken und schaut Aoife an. Sie sitzt mit angezogenen Beinen an der Wand. »Jetzt sag schon, dass ich ein Arsch bin.«
»Aber du bist kein Arsch.«
»Ich finde schon.«
»Selbsthass hilft auch nicht weiter.« Sie wickelt eine Haarsträhne um ihren Zeigefinger. »Eigentlich ist nur der Frosch daran schuld.«
»Wie witzig.«
»Okay.«
»Natürlich lag es nicht an dem Frosch.«
»Schon verstanden. Sorry. Blöder Witz.«
»Nein, es lag an mir. An mir allein.«
»Aber diese – wie heißt sie noch? – Gina war doch auch dabei, sie hat mitgemacht.«
»Sicher, aber …«
»Was aber?«
»Schuld bin ich.«
Seine Schwester verdreht die Augen. »Ich weiß nicht, ob es klug ist, sich immer die volle Verantwortung für alles aufzuladen.« Sie schüttelt den Kopf, als könne sie so ihre Gedanken ordnen. »Wie lang lief denn die Sache?«
»Na ja, sie kam zu Beginn des Schuljahrs, also September. Erstmals gesprochen habe ich mit ihr im Oktober oder November. Und dann noch einmal beim Weihnachtskonzert, das war im Dezember, Mitte oder Ende Dezember …«
Sie unterbricht ihn seufzend. »Nein, wie lang dauerte die Affäre insgesamt, also die heiße Phase?«
»Das sagte ich doch. Sie kam im September. Und beim Weihnachtskonzert, bei dem für alle Lehrer Anwesenheits pflicht besteht …«
»Sag mal, du willst mich wohl nicht verstehen.«
»Wie meinst du das?«
»Jetzt quatsch hier nicht von diesem blöden Weihnachtskonzert. Sag mir nur eines: Wie lange habt ihr zusammen gevögelt?«
Wie elektrisiert setzt er sich auf. »Ich weiß ja nicht, ob du es unbedingt so ausdrücken musst.«
»Was?«
Er legt sich wieder hin. »Nur dieses eine Mal.«
»Nur ein einziges Mal?«
»Ja.«
»Und du hast dich dabei auch noch erwischen lassen?«
»Ja.«
»Scheißspiel. Das war dann wohl Pech, würde ich sagen.«
»Aber darum geht es doch nicht, Aoife. Es geht darum, was ich getan habe. Mit einer Kollegin in die Kiste steigen, das tut man einfach nicht, wenn man verheiratet ist.«
»Seht ihr euch noch?« Seufzend schlägt er die Hände vors Gesicht. »Nein, sie ist weg. Schon in der Woche darauf ist sie nach Australien zurückgeflogen.«
»Hmm.« Sie drückt die Zigarette aus und schnippt den Stummel aus dem Fenster. »Willst du meine Meinung hören? Also: Ich finde das alles nicht so schlimm. Wenn man bedenkt, was Menschen sich in einer Ehe an Gemeinheiten und Grausamkeiten antun können, ist das, was du getan hast, geradezu harmlos. Klar, du hättest nicht mit ihr pennen müssen, aber es war ja nur ein einziges Mal. Und du hast es nicht wieder getan. Hast auch nicht die Brocken hingeschmissen oder deine Kinder verlassen. Eigentlich sollte Claire froh sein, dass sie einen von den Guten abgekriegt hat. Sie sollte sich mal klarmachen, was anderswo so läuft.«
»Ja, aber das tut sie nicht. Und sie hat ja auch recht. Man geht nicht fremd, wenn man …«
»Schon klar. Blablabla. Herrgott, Michael Francis, du bist auch nur ein Mensch. Solche Dinge passieren. Man verguckt sich halt mal in eine andere. Und dann kommt es eben zu einem One-Night-Stand, na und? Ist uns allen schon passiert. Du hast deinen Fehler eingesehen, weil Claire und die Kinder eben doch an erster Stelle stehen, das ist doch etwas.«
»Eben nicht«, stöhnt er auf, das Gesicht in die Hände vergraben. »So war das nicht.«
»Bitte erspare uns deine Selbstvorwürfe. Was ist denn schon groß geschehen? Du hast dich verknallt, du bist fremdgegangen, aber du hast es wieder in Ordnung gebracht. Vor allem bist du nicht bei der anderen geblieben. Für mich ist die Sache damit abgehakt.«
»Ich habe mich nicht nur verknallt«, murmelt er.
»Nenn es, wie du willst.«
»Ich habe sie geliebt.«
»Nein, hast du nicht.«
»Habe ich wohl.«
»Hast du nicht.«
»Doch.«
»Nicht.«
»Doch.«
»Ob man jemanden liebt, weiß man frühestens, wenn man dreimal mit jemandem geschlafen hat.«
Er nimmt die Hände vom Gesicht. »Sagt wer?«
»Sage ich.«
»Das ist doch Quatsch.«
Sie lehnt sich nach vorn. »Michael Francis, ich hätte da mal eine Frage: Mit wie vielen Frauen hast du überhaupt geschlafen?«
»Das geht dich gar nichts an.«
»Mit zweien, richtig? Wenn’s hochkommt,
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