Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Sommer der Frauen

Der Sommer der Frauen

Titel: Der Sommer der Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia March
Vom Netzwerk:
auf ihren Backkalender und stellte fest, dass sie auch noch einen Kindergeburtstagskuchen backen musste, einen Zug auf Gleisen für den dreijährigen Max, der um zwei Uhr nachmittags zur Auslieferung fällig war. Kat holte die großen Aluminiumrührschüsseln aus dem Schrank, griff nach dem Mehlsack und merkte, dass ihr das Mehl ausging. Für den Kuchen reichte es noch, aber nicht einmal annähernd für die vielen Muffins und Scones. Sie war zurzeit wirklich zerstreut. Über dem ganzen Trubel rund um ihre Mutter und Oliver und ihre Cousinen hatte sie völlig vergessen, Mehl auf den Einkaufszettel zu schreiben. Und Schokoladenraspeln.
    Sie holte das Fahrrad aus dem Schuppen und fuhr einen kleinen Umweg zum Supermarkt, um nicht an Olivers Büro vorbeizumüssen. Sie hatte ihn nach der Diskussion um
Mamma Mia!
gestern Abend angerufen, um zu sagen, dass sie nicht mehr vorbeikäme – es sei spät geworden und sie wäre völlig erledigt, ganz abgesehen davon, dass sie einen langen Backtag vor sich hätte. Worauf er sie unumwunden gefragt hatte, ob sie ihm aus dem Weg gehen würde. Sie hätte die ganze Woche kaum Zeit für ihn gehabt, obwohl sie doch etwas ziemlich Spektakuläres zu feiern hätten und zu besprechen, es sei denn, sie hätte es vergessen. Natürlich nicht, hatte sie geantwortet. Wie auch?
    Wahrscheinlich ging sie ihm tatsächlich aus dem Weg, dachte sie, aber sie hatte es nicht zugegeben. Sie wollte – brauchte – einfach dringend ein bisschen Zeit für sich. Sie musste sich ihrer Gefühle klarwerden. Aber wie sollte sie ihm das sagen, ohne ihn noch mehr zu verletzen? Oliver hatte sie gebeten, sich Stift und Papier zu holen, weil er wieder drei potenzielle Ladengeschäfte für ihre Bäckerei gefunden hatte und ihr die Adressen und Mietkonditionen durchgeben wollte. Aber Kat hatte ihn gebremst und ihm gesagt, sie sei noch nicht so weit, und daraus hatte sich ein kleiner Streit über das Thema Hinhalten entwickelt.
    «Wieso streite ich mich eigentlich mit dir über meine Angelegenheiten?», hatte sie ihn angefahren. Woraufhin am anderen Ende tödliches Schweigen herrschte, was hieß, dass sie ihn verletzt hatte. «
Geschäftliche
Angelegenheiten, meine ich! Ich will mich nicht drängen lassen, Oliver!»
    «Ich dränge dich nicht, Kat. Ich
helfe
dir!»
    Sie wünschte fast, er wäre gestern Abend dabei gewesen, um
Mamma Mia!
zu sehen, dann hätte er miterlebt, wie das junge Brautpaar direkt vor dem Traualter beschloss, lieber doch nicht zu heiraten. Sie trennten sich nicht, sie blieben zusammen, aber sie gaben einander Raum, erwachsen zu werden, als eigenständige Menschen und als Paar.
    War es das, was sie wollte? Brauchte? Mehr Zeit?
    Sie hatte während des Films Blicke auf sich gespürt. Die ihrer Cousinen. Und, noch schlimmer, den ihrer Mutter. Sollte Lolly sich gefragt haben, ob ihre Tochter, genau wie Amanda Seyfried, immer das Gefühl gehabt hatte, in der Pension bleiben zu müssen, weil ihre Mutter sie brauchte, dann hatte sie es für sich behalten. So eine Frage hätte Lolly niemals gestellt, das war nicht ihre Art. Lolly nahm die Menschen, wie sie waren. Wenn Kat Boothbay Harbor nie verlassen hatte, dann deshalb, weil sie es nicht wollte.
    Kat wünschte manchmal, ihre Mutter wäre auch so neugierig und übergriffig wie andere Mütter. Wünschte, sie hätte gefragt. Der Wahrheit auf den Zahn gefühlt. Obwohl Kat dazu erzogen worden war, zu sagen, was sie dachte, gab es so vieles, was ungesagt blieb. Das musste ihrer Mutter doch eigentlich klar sein.
    Andererseits ging ihre Mutter gerade durch die Hölle. Ständig war sie abgespannt und müde. Ständig war ihr schlecht. Die Haare fielen aus. Wenn Kat etwas zu sagen hatte, wenn es etwas gab, das sie ihrer Mutter mitteilen wollte, dann musste sie es einfach tun und nicht trotzig darauf warten, dass Lolly ihre Gedanken las. Ihr Herz las.
    Kat wich mit einem Schlenker der grauen Katze aus, die vor ihr über die Straße sprang, und ihr Herz setzte einen Schlag aus, als sie sich dem kleinen Ladengeschäft am Violet Place mit dem ZU VERMIETEN -Schild im Schaufenster näherte. In der kleinen Seitenstraße gab es nur vier Geschäfte, einen Schuster, eine Masseurin, die sich auf Reiki und AuraLesen spezialisiert hatte, und eine Anwaltskanzlei. Doch die Straße war mit schönen Bäumen bewachsen und mit großen Blumenkübeln dekoriert, die Läden besaßen alle einen herrlich altmodischen Charme und identische Markisen. Sogar die Kanzlei sah einladend aus. Ja, in

Weitere Kostenlose Bücher