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Der Sommer der Gaukler

Der Sommer der Gaukler

Titel: Der Sommer der Gaukler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Hueltner
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herankommen. Ihr Busen hob sich, genießerischatmete sie ein. Den Blick beseligt zum Himmel gerichtet, schwärmte sie: »Die Luft! Wie lind!«
    »Ja!«, pflichtete er ihr bei, die Stimme vor Verlangen heiser. Er legte seine Hände auf ihre Hüften. Sie lachte gurrend, befreite sich von ihm, hob den Rocksaum und lief den Weg hinauf.
    Der Pfad wurde steiler. Der Waldweg ging in einen felsigen Steig über. Das Rauschen des nahen Wasserfalls verstärkte sich, und nach mehreren Kehren standen sie vor ihm. Mit einem Mal ehrfurchtsvoll, als beträten sie eine Kathedrale, näherten sie sich. Donnernd stürzte der Eberbach über die Schanze eines kirchturmhohen Felsabbruchs, an dessen Fuß er in Jahrtausenden einen tiefen Gumpen aus dem Geröll geschürft hatte.
    Ein eiskalter Luftstrom ließ die beiden erschauern. Sie waren überwältigt. Nachdem sie sich, mit offenen Mäulern und verzückten Gesichtern, sattgesehen hatten, gingen sie einige Schritte zurück und setzten sich auf einen glattgeschliffenen Felsblock.
    »Eine wirkliche Idylle«, sagte Schikaneder. Er sah Demoisell Bichler von der Seite an und fügte mit gespielter Gekränktheit hinzu: »Gibt es vielleicht auch ein wenig Dankbarkeit seitens meines Ensembles, dass ich ihm diese schönen Momente gönne?«
    Sie wandte ihm fragend das Gesicht zu. Dann erwiderte sie sein spitzbübisches Grinsen und küsste ihn.
    »Du hast doch nicht diese Art von Dank gemeint?« »Ich bin entlarvt.«
    Sie lachten. Schikaneder umgriff ihre Schulter und bog sie sachte auf den Fels. Sie schlang beide Arme um ihn. Ihre Wangen waren gerötet.
    »Ach, könnt ich dir bloß widerstehen...«. Sie spielte die Leidende.
    Er drückte sie fester an sich und begann, ihren Hals mit Küssen zu bedecken. Sie wand sich aus seinen Armen und stand auf.
    »Kühlen wir uns ab, Manü. Bevor uns die Extas’ zu schnell verzehrt!«
    Sie schleuderte ihre Schuhe mit raschen Bewegungen zur Seite und sah sich prüfend um. Dann löste sie die Haken ihres Mieders.»Komm auch!«, lockte Demoisell Bichler fröhlich. Schon flatterte nur noch ihr dünnes Unterhemd um den Körper. Schikaneder richtete sich auf.
    »So komm doch!« Demoiselle Bichlers Brusthemd fiel zu Boden. Schikaneder schluckte. Nie würde es ihm gelingen, ein Bild von derart überwältigender Schönheit auf der Bühne zu produzieren...
    Sie schlug die Arme fröstelnd vor die Brust.
    »So komm doch!«, wiederholte sie. »Wir sind so allein wie im Paradies, Manü!«
    Er wollte sich gerade bücken, um sich ebenfalls auszuziehen, als ihn ein Geräusch zusammenfahren ließ. Er lauschte atemlos. Stimmen! Sein Herz machte einen Satz.
    »Salome!«, keuchte er. Sie sah ihn verständnislos an. »Es kommt jemand! Raus!!«
    Sie verstand, machte einen Sprung ans Ufer, griff sich mit fliegender Bewegung ihre Kleidungsstücke und deutete auf einen schmalen Felsbalkon über dem Ufer. Schikaneder nickte verdattert und folgte ihr, als sie katzenhaft in die niedrige Wand kletterte.
    Auf der schmalen Empore angekommen, duckten sie sich hinter einen Felsblock. Keine Minute zu früh. Unter ihnen wanderten ein junger Mann und eine junge Frau auf den Wasserfall zu. Sie stießen Rufe der Begeisterung aus, umarmten und küssten sich.
    Demoiselle Bichler gluckste leise.
    »Die Rosina und der Aloys! Da schau einer an! «
    Schikaneder presste die Lippen zusammen. Unter ihnen begann jenes Spiel, das er mit Demoisell Bichler spielen wollte.
    »Eine Zuchtlosigkeit sondergleichen«, presste er grimmig durch die Zähne.
    »Und gemein ist es auch«, flüsterte sie. »Als obs in ganz Baiern keinen andern Platz nicht gäb! «

6
    A ls Schikaneder eintrat, war Eleonore damit beschäftigt, vor dem Spiegel den Sitz ihrer Frisur zu korrigieren.
    »Ah? Wieder frische Luft geschnappt?«, fragte sie, ohne sich nach ihm umzudrehen. Ihr Mann würdigte sie keines Blickes, marschierte an ihr vorbei und setzte sich an das kleine Schreibtischchen, das ihm der Wirt in die Kammer gestellt hatte. Gereizt sagte er: »Dein geschätztes Verständnis vorausgesetzt, habe ich mich getraut, es zu wagen, jawohl!«
    Madame Schikaneder fand es hin und wieder amüsant, wenn ihr Mann in dieser Weise mit ihr sprach; meist lieh er sich dabei Sätze aus einem seiner Stücke aus. Es ärgerte sie jedoch, wenn sie spürte, dass er ihr damit ausweichen wollte.
    »Red nicht so geschwollen! Es schaut dir keiner zu!« Sie hielt ihm ein zusammengefaltetes Blatt Papier entgegen. »Da. Lies!« Schikaneder sah unwillig über die

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