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Der Sommer der Gaukler

Der Sommer der Gaukler

Titel: Der Sommer der Gaukler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Hueltner
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»Bin ich dumm, dass ich sowas net auch gern hör? Sagens der gnä’ Herr, so oft er mag. Ich halts gut aus. Es mag ein jedes Mädl, wanns begehrt wird, ihr aber die Freiheit gelassen wird, ja zum sagen oder nein.«
    Schikaneder holte tief Luft. Das Mädchen gefiel ihm immer besser. Er musste die Strategie wechseln.
    »Madmoisell!«, rief er leidend, »Sie will mich martern!«
    Sie schien Erfahrung zu haben, denn auch diesen Trick parierte sie mühelos.
    »Na, hörens, gnä’ Herr!«, protestierte sie belustigt. »Hab jetzt ich angefangen mit dem schönen Reden?«
    »Aber das ist doch bestimmt nichts Seltenes für Sie! Jeden Tag wird Sie es doch zu hören kriegen!«
    Sie senkte die Lider. Mit der Handkante kerbte sie die Kissen. »Das wär schön«, meinte sie. Sie wirkte plötzlich verschlossen.
    »Sie hat bestimmt schon einen Hochzeiter, ders Ihr zehnmal am Tag sagt«, sagte Schikaneder.
    Sie erwiderte sein Lächeln nicht mehr.
    »Gnä’ Herr, sinds mir net bös –«
    »Schon gut.«Trauer verschattete ihre Augen. Schweigend beendete sie ihre Arbeit. Achselzuckend wandte er sich ab und ging zum Schreibtisch.
    »Weil Sie aber grad da ist, Madmoisell Babett –«, er hielt ihr den Brief entgegen. »Dürft ich Sie bitten, diesen Brief ins Schloss des Herrn Baron von Playen expedieren – Pardon – schicken zu lassen?«
    Sie hatte bereits die Türklinke in der Hand gehabt. Stumm nahm sie das Kuvert entgegen, warf einen ausdruckslosen Blick auf die Anschrift, knickste leicht und verließ mit kaum hörbarem Gruß die Kammer.

11
    D er Herbst war unmerklich näher gerückt. Noch sorgte die Sonne im Tal für milde Wärme. Doch kaum war sie hinter den Vorgebirgen im Westen versunken, kühlte die Luft rasch ab. Schon waren an manchen Morgen Felder, Wald und Dächer mit glitzerndem Reif überzuckert, und der Nebel über dem Flusstal löste sich erst in den späten Vormittagsstunden auf.
    Von den Geldsorgen des Prinzipals bekam das Ensemble in diesen Tagen nichts mit. Überzeugend gab Schikaneder den Gelassenen. Auf Nachfragen, warum man nicht weiterreise, lieferte er plausible Erklärungen. Alles befände sich im Rahmen seiner Planung, kleine Verzögerungen seien nun mal das Los einer freien Truppe. Er rate, die Zeit dazu zu benutzen, Textunsicherheiten auszumerzen, zu proben und ansonsten Kraft für die kommende Spielsaison zu schöpfen. Sei das Wetter dazu nicht wie geschaffen? Jeder Tag sonnendurchtränkt, eine gesunde, berauschend frische Luft – in Salzburg erwarte sie bestimmt wieder Schnürlregen.
    Wurde anfangs noch die Nase über diese oder jene Unzulänglichkeit der Unterkunft gerümpft, so schien das Ensemble den unfreiwilligen Aufenthalt von Tag zu Tag mehr zu genießen. Nachdem die vom Prinzipal angesetzten Proben absolviert waren, lockte der schattige Obstgarten. Die Landschaft um das Dorf lud zum Promenieren ein, einige folgten dieser Einladung verdächtig häufig. Der Prinzipal sah sich daher ein weiteres Mal veranlasst, seiner Compagnie eine strenge Mahnung zu erteilen:Jede Handlung, die das Missfallen der Bevölkerung hervorrufen könnte, etwa das – hier fixierte Schikaneder nicht zufällig zwei heftig errötende Mitglieder des Ensembles – Baden in allzu spärlicher Bekleidung und dergleichen, sei zu unterlassen. Widrigenfalls scheue er nicht vor der Strafe einer empfindlichen Gagenminderung zurück. Desgleichen sollte der sonntägliche Kirchgang nicht vergessen werden; man hätte hier eine ausgezeichnete Gelegenheit, die einfache Bevölkerung von der Seriosität der Künstler zu überzeugen.
    Dennoch schlich sich langsam ein Schlendrian ein. Proben fielen aus, man verplauderte sich, trank Kaffee und Wein. Die Herren schmauchten Pfeife, spielten Piquet und Ombre, die Damen aalten sich faul in der Sonne. Sogar der griesgrämige Wallerschenk war hin und wieder zu einem aufgeräumten Späßchen zu bewegen. Meist jedoch zog er sich unter dem Vorwand zurück, sich auf seinen Laertes vorbereiten zu müssen. Wenn er sich wieder einmal mit dieser Erklärung verabschiedete, konnten sich einige ein Grinsen nicht verkneifen. Geeignete Anspielpartner habe er doch, oder? Eine Ophelia im Besonderen?
    Noch immer ließ es auch der Wirt an nichts fehlen. Die aufgetischten Mahlzeiten begannen sich zwar zu wiederholen, Kalbfleisch wurde seltener, dafür gab es jetzt häufiger Fisch. Die alte Sali jedoch verstand ihr Handwerk, und der gute Appetit der Komödi-Leute beflügelte sie. Sie bereitete die Fische gesotten,

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