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Der Sommer der Gaukler

Der Sommer der Gaukler

Titel: Der Sommer der Gaukler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Hueltner
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sofort kundig machen, Herr Baron.« Sie knickste und ging wieder an ihren Platz zurück.
    Von Playen umgriff die Lehnen seines Sessels, schob sich
    hoch und nahm das Weinglas.»Meine Herren! – Nein, ich darf sagen: Meine Brüder! Trinken wir auf das Ewige der Kunst!«
    Mozart hob lachend das Glas.
    »Trinken wir lieber auf das Ewige der Künstler! Haben die was davon, wenn die Kunst blüht, und sie verwelken?« Er gab Schikaneder einen Stoß mit dem Ellenbogen. »Sind Sie einverstanden, Monsieur?«
    »Wir trinken auf beides!«, sagte Schikaneder. »Blühende Künstler, deren Kunst welkt, sind mir nämlich ebenso verhasst.«
    Glucksend stimmte Mozart zu.
    »Einverstanden, Messieurs«, meinte der Baron. »Mögen die Götter unsere Anrufung hören.«
    Sie tranken. Mozart griff nach der erkalteten Pfeife, schlug die Asche an der Tischkante ab und kramte nach seinem Tabaksbeutel. Bald umgab ihn wieder eine Rauchwolke, die sein Gesicht plötzlich fahl erscheinen ließ. Erst jetzt nahm Schikaneder die winzigen Narben wahr, die Mozarts Wangen bedeckten. Er wusste, was sie bedeuteten. Wer sie trug, hatte das Glück gehabt, die Pocken zu überleben.
    Der Baron hüstelte.
    »Monsieur Schikaneder, ich möchte noch einmal auf etwas zurückkommen, was mir nicht aus dem Kopfe gehen will. Ich berichtete Ihnen doch, dass meine Gesundheit keine längeren Reisen mehr zulässt. Sie erinnern sich?«
    Schikaneder nickte beflissen. Endlich!
    »Dennoch bin ich, wie man hoffentlich feststellen durfte, noch nicht im Zustand der völligen Interesselosigkeit, insbesondere die Musik und das Theater – um es präziser auszudrücken: beides – betreffend. Und daher möchte ich Sie fragen, ob es sich trotz Ihrer baldigen Abreise vielleicht noch einrichten ließe, dass Sie –«
    Er brach ab. Fast unhörbar hatte sich das Dienstmädchen genähert. Sie flüsterte dem Baron etwas zu, der daraufhin zufrieden nickte und seine Gäste mit einem dunklen Blick umfasste.Mit einer unvermutet pastoralen, geheimnisverhangenen Stimme sagte er:
    »Meine Brüder! Haben Sie die Güte, mich nach diesem Glas noch auf eine nächtliche Promenade zu begleiten? Die Sterne stehen günstig!«
    »Aber gerne«, meinte Mozart.
    »Mit dem allergrößten Vergnügen«, sagte Schikaneder, und wie immer, wenn er über die Maßen log, hörte sich seine Stimme ein wenig sandig an.
    Der bekieste Weg, den sie wenig später entlanggingen, war von Öllichtern markiert. Nach wenigen Minuten betraten sie einen kleinen, von einer Steinmauer umfriedeten Park, der – soweit es in der sternklaren Nacht zu erkennen war – an seinem Ende von einer steil aufsteigenden Felswand begrenzt wurde.
    Hier war der Weg nun mit Steinplatten belegt. Schlanke, mannshohe Säulen, denen rauchende Fackeln aufgesteckt waren, säumten ihn. Vor einer Treppe aus Marmor, die zu einem ägyptisch anmutenden Portal am Fuße der Felswand führte und hinter der der Eingang einer niedrigen Grotte gähnte, blieben sie stehen. In der Tiefe der Höhle schimmerte ein fünfzackiger Stern. Die Männer schwiegen. Nur das Fauchen der Fackeln und der gelegentliche Ruf eines Käuzchens erfüllten die geheimnisvolle Szenerie.
    »Mein Heliopolis«, sagte der Baron ergriffen.
    Schikaneder sah staunend um sich. Er hatte schon viele Schlossgärten gesehen. Dieser hier jedoch war mehr als ein Ort, an dem die Besitzer lustwandelten. Er erinnerte ihn an einen Tempel. Oder an eine Theaterszenerie. Nur – welche Stücke wurden hier gegeben?
    »Ich fühle mich wahrhaftig wie im Tempel des großen Thamos«, sagte er mit ehrfürchtig gedämpfter Stimme.
    »Thamos?« Mozart lachte spöttisch. »Thamos war doch nur ein ledriger Ägypter in einem ebenso zähen Theaterstück!« Schikaneder pflichtete ihm schmunzelnd bei.
    »Dann eben als Thamos’ Sohn.«»Thamos’ Sohn? Haha!« Mozart schüttelte amüsiert den Kopf. Dann sah er auf. »Das wäre eine schöne Erfindung! Wie mag er sich wohl nennen, unser Thamos-le-jeune?«
    Schikaneder zuckte die Schultern.
    »Ich weiß nicht«, rätselte er. »Ich bin des Altägyptischen leider nicht mächtig.«
    »Ach!« Mozart winkte ab. »Wer ist das schon?«
    »Wäre es ein italienischer Ägypter, würde ich ihn Tamino nennen.«
    »Haha! Ein italienischer Ägypter! Köstliche Betise! Sie sind ein Kindskopf, Monsieur Schikaneder!«
    Von Playen war andächtig am Fuße der Steintreppe stehen geblieben. Er räusperte sich verhalten.
    »Ich bitte Sie, die Würde des Ortes zu wahren.«
    Schikaneder

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