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Der Sommer der Gaukler

Der Sommer der Gaukler

Titel: Der Sommer der Gaukler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Hueltner
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beobachtete den Baron von der Seite. Dieser machte keine Anstalten, die Treppe zu betreten, sondern sah versunken zur Grotte empor.
    »Herr Baron entführen uns in – eine andere Welt«, sagte Schikaneder nach einer Weile.
    »Eine andere Welt?« Der Baron schien wieder zu erwachen. »Nein, Monsieur. Das Dunkle, Unergründbare – ist es nicht ebenso Teil der unseren?« Er streckte die Hand aus, wies zum Garteneingang und ging voran.
    »Gewiss«, sagte Schikaneder.
    Der Baron fuhr fort: »Erst wenn sich heller Tag und dunkle Nacht vereinen, vollendet sich das Mysterium allen Seins.«
    »Gewiss.« Schikaneder hatte das schon einmal gehört, hatte es aber als Geschwätz verstiegener Philosophen abgetan. Es war ihm zu selbstverständlich, dass zum Tag Licht und Dunkelheit gehörten, zum Leben der Tod, zur Liebe der Schmerz. Wie fern musste man der Welt und ihrer Alltäglichkeit sein, wenn man diese schlichte Erkenntnis für eine Erleuchtung hielt?
    Der Baron blieb stehen und sah ihn durchdringend an.
    »Nicht wahr?«
    Schikaneder nickte nachdrücklich.»Es ist auch meine tiefste Überzeugung.«
    Der Baron hob das Gesicht und sah in den Nachthimmel. Fast ein wenig beiläufig und als spräche er zu den Sternen, sagte er: »Von den... von den geheimen Bruderschaften der Illuminati... haben Sie doch schon einmal gehört, Monsieur?«
    Schikaneder warf einen hilfesuchenden Seitenblick auf Mozart. Doch dieser sah ihn nur mit leicht gehobenen Brauen an.

17
    I ch reise ab!« Wallerschenks Stimme übertönte das laute Schluchzen Demoisell Rosinas und der Tänzerinnen, das empörte Gemurmel der Musiker, sogar die erregten Debatten der Schauspieler.
    Eleonore Schikaneder schoss aus ihrem Stuhl.
    »Moment! – Herr Wallerschenk! – Gibts da nicht einen Kontrakt, den Er unterschrieben hat? Und zwar, soweit ich mich erinnere, nicht nur im – bei Ihm selten vorkommenden – Zustand geistiger Klarheit, sondern auch mit der größten Erleichterung, weil sich seit längerem keine andere Compagnie mehr seiner erbarmen hat wollen?!«
    »Ha!«, bellte Wallerschenk zurück. »Ein Sklavenkontrakt ist es, jawohl!« Er schlug sich mit der Faust an die Brust. »Aber ich bin kein Sklave! Ich bin Charakterdarsteller!«
    Millner beugte sich zu Bartholomäus. »Immer, wenn der Wallerschenk das sagt, dann fällt mir ein, dass die Wagachs’ wieder eine Schmier vertragen könnt. Kannst du mir sagen, warum?«, raunte er.
    Sein Nachbar warf ihm einen komplizenhaften Blick zu. »Wallerschenk und Schmier – wie soll denn das zusammenpassen?«
    Millner grinste müde. »Gelt? Ich komm auch nicht drauf.« Caselli meldete sich zu Wort.
    »Madame Schikaneder, ich muss leider sagen, dass Herr Wallerschenk nicht völlig Unrecht hat. Wir haben ein Anrecht aufVerköstigung. Wird dieses nicht eingelöst, ist der Kontrakt gebrochen.«
    Eleonore warf den Kopf herum. Ihre Augen sprühten.
    »Wer wagt es, unseren Herrn Direkteur des Vertragsbruchs zu bezichtigen?«, rief sie drohend.
    »Aber –«
    »Ist das Treue?«, wetterte sie los. »Sich an der Seite seines Direkteurs mit Jubel und Beifall überschwemmen zu lassen, und – nicht zu vergessen! – mit solider Gage sogar auch dann, wenn das Publikum mit der einen oder anderen Leistung nicht völlig zufrieden ist und die Vorstellungen meidet –, aber ihn bei der geringsten Diffizilität im Stich zu lassen?«
    »Geringste Diffizilität? !«, höhnte Wallerschenk. »Das ist sehr, sehr fein gesagt, Madame! Und – apropos Jubel! Und Beifall! Ha! Was habe ich davon bei der Moserischen Compagnie genießen dürfen!« Er beugte sich zu seinem Nachbarn hinunter. »Herr Millner! Erinnern Sie sich noch, wie ich den ›Kehlheimer‹ gegeben habe? In Regensburg? In Anwesenheit des Fürsten?«
    Millner nickte wehmütig.
    »Ja. Es war erschütternd.«
    »Solch glänzende Erfolge, Madame, wird Herr Schikaneder niemals erringen! Niemals! Es fehlt nämlich nicht allein an Kunstverstand, sondern auch – jawohl! – an innerem Adel!« Er schob den Stuhl mit einem Ruck an den Tisch. »Ich reise ab! Dieser Mahlstrom aus Chaos und Unfähigkeit wird mich nicht verschlingen!« Er sah nach links. »Was ist mit den anderen? Die Compagnie schuldet uns noch den Anteil für diesen Monat. Wenn wir unsere Barschaft zusammenlegen, können wir einen Kutscher engagieren!«
    Aloys Grill duckte sich unter seinem Blick hinweg.
    »Und wohin?«, fragte Caselli.
    »Wo ist denn der Herr Direkteur überhaupt hin?«, jammerte Demoisell Bichler. »Uns so

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