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Der Sommer der Gaukler

Der Sommer der Gaukler

Titel: Der Sommer der Gaukler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Hueltner
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Geistes.
    Es klopfte.
    Der Baron hatte noch kein ›Entrez‹ gerufen, als die Türe bereits zurückschwang.
    »Herr Baron Viktor von Playen, wie ich annehmen darf?« Der Offizier nahm Haltung an. »Im Namen seiner Durchlaucht, des Kurfürsten von Baiern, fordere ich Sie auf, mir zu folgen.«
    Von Playen starrte ihn wie eine Erscheinung an. Im Türrahmen stand eine der Bediensteten und schluchzte leise in ein Tuch. Der Baron zwinkerte irritiert. Schließlich straffte er sich.
    »Außer jener, zuweilen gegen meine Gesundheit zu freveln, bin ich mir keiner Untat bewusst. Wäre es zu viel verlangt, Monsieur le Capitaine, mir den Grund Ihres – nun, doch sehr überraschenden – Vorgehens mitzuteilen?«
    Der Offizier spitzte süffisant die Lippen, bevor er, die höfische Ausdrucksweise des Barons aufnehmend, antwortete: »Keineswegs, Monsieur von Playen – oder würde es der Illuminatus dirigens vorziehen, mit dem Bundesnamen ›Zarastro‹ angesprochen zu werden?« Er genoss es zu sehen, wie die Schultern von Playens herabsanken.
    »Aber um Ihre Frage zu beantworten: Es erwartet Sie ein Prozess vor der Geheimen Untersuchungskommission wegen Geheimbündelei sowie landesverräterischer Konspiration.«
    »Landesverräterischer...?« Die Stimme des Barons war kaum zu hören. »Aber... ich diene meinem Land...«
    »Offensichtlich nicht in jener Weise, Monsieur, wie es den Vorstellungen Seiner Durchlaucht entspricht«, versetzte der Offizier kühl. Er winkte einen der beiden bewaffneten Begleiter zu sich.
    »Gründlichste Visitation! Bücher, Korrespondenz etcetera.Achte Er vor allem auf die Namen Pestalozzi, von Knigge, Utzschneider, van Swieten, Goethe. Und im Besonderen auf Graf Montgelas! Sollte sich darüber hinaus der Name Paccoli finden – verstanden? Paccoli!? –, ist dies mir gesondert vorzulegen!«
    Der Soldat salutierte.
    »Zu Befehl!«

20
    D ie Dörfler bestaunten die fröhliche Ausfahrt. Der Wirt hatte seinen Landauer und zwei einfache Leiterfuhrwerke vorbereiten lassen, mit dem die Schikanederische Truppe am späten Nachmittag ins Oberland rumpelte. Demoisell Bichler hatte ein Lied angestimmt, in das die anderen mit voller Kehle einfielen.
    Wenig später bildeten sie ein erwartungsvolles Halbrund vor dem Portal des Playen-Schlosses. Schikaneder schlug an die Tür. Wartete. Klopfte wieder. Nach einer Ewigkeit öffnete eine verängstigte junge Frau. Ihre Augen waren rotgeweint, und sie hielt ein zerknülltes Taschentuch vor ihren Mund. Nach wenigen stockend vorgebrachten Worten war alles klar.
    Die Fuhrwerke hatten bereits kehrtgemacht. Bis zum Dorf war es mehr als eine Stunde zu gehen. Die bodenlangen Roben schleiften über den Schotter und wirbelten Staub auf, durch die dünnen Sohlen der Tanzschuhe stachen die Steine. Schikaneder und seine Frau marschierten an der Spitze des deprimierten Zuges. Der Prinzipal sah starr geradeaus. Madame hatte sich bei ihm eingehakt, konnte jedoch kaum Schritt halten. Lange sprach niemand ein Wort.
    Wallerschenk ging am Ende des Zuges. Er brach den Bann.
    »Verhaftet! – Wir sollten also in einer Verbrecherhöhle auftreten! Wohin wird uns unser Herr Direkteur das nächste Mal vermitteln? Gleich in den Kerker?«
    »Aber da kann doch er nichts dafür«, widersprach Demoisell Bichler schwächlich.Wallerschenk nickte grimmig.
    »Er hat bloß eine außergewöhnliche Fortün bei allem, was er anlangt! Das ist jedenfalls der kurioseste Kontrakt, den ich in meinem ganzen langen Künstlerleben signiert hab.«
    »Aber wir spielen doch bald in Salzburg«, wandte Aloys Grill ein.
    Caselli ging vor ihnen.
    »Das wirds in drei Wochen auch noch heißen«, sagte er über die Schulter.
    »Das nenne ich jedenfalls exakte Planung«, lästerte Wallerschenk.
    Seine Stimme war an der Spitze des Zuges zu hören gewesen. »Ich erwürg ihn«, zischte Schikaneder durch die Zähne. »Vergiften«, schlug Eleonore vor. »Fällt weniger auf.«
    »Gibt mir aber nicht die Satisfaktion, die mir jetzt dringend
    Not tät. Rädern und vierteilen, unds Maul noch extra ausbrennen, danach wär mir eher.«
    Sie stöhnte leise auf und blieb stehen. Der Trupp zog an ihnen vorüber. Eleonore zog das Knie an und schlüpfte aus ihrem Schuh.
    »Bloß ein Stein«, erklärte sie den Vorübergehenden.
    »Vielleicht ist der Schuh zu groß?«, stichelte Wallerschenk. Sie kippte die Augen nach oben. Der Trupp verschwand hinter einer Biegung. Sie schüttelte den Schuh aus und zog ihn sich wieder an. Schikaneder setzte sich

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