Der Sommer der Gaukler
Sie als bitter nötige Generalprob für die Salzburger Aufführung. Falls Sie es noch nicht dem Klang meiner Stimme entnommen haben: Das ist eine ordre du directeur !«
Er schickte ein bekräftigendes Nicken hinterher. »Ich gehe davon aus, dass ich verstanden worden bin. Besetzung und Probenplan in Kürze. Ich darf mich empfehlen.«
Die Tür des Saletts fiel hinter ihm ins Schloss.
»Eine was?«, erkundigte sich Aloys leise bei Millner.
»Wenn einer das nicht tut, dann kann er sich um ein neues
Engagement umschauen«, nuschelte dieser zurück. Wallerschenk wollte es noch immer nicht glauben.
»Aber... aber...! Ein Fürst von Thurn und Taxis hat mir applaudiert!«
»Weil Sie neben mir gestanden haben«, stellte Demoisell Bichler klar.
Millner setzte den Weinkrug ab und fuhr sich mit dem Handrücken über die Lippen. »Können wir denn so sicher sein, dass die Gschwollköpf mehr davon verstehen als die Leut hier? Also mir ists wurscht, ob wir da oder dort spielen. Diese Rumhockerei macht einen schon langsam trüb.«Wallerschenk sah über die Schulter auf ihn herab.
»Für einen, dessen Talent bloß für einsätzige Boten und stumme Speerträger reicht, überrascht mich dieser Einwand nicht im Geringsten. – Ich spiele nicht !«
Madame Schikaneder lehnte sich zurück und legte ihre Rechte auf den Tisch. Gefährlich ruhig begann sie: »Herr Wallerschenk, entnehme ich Ihren Worten erneut eine gewisse Tendenz zur Insubordination, welche –«
»Ich erlaube mir lediglich –!«
Mit schneidender Stimme fuhr sie ihm über den Mund: »Welche laut Kontrakt eine sofortige Auflösung desselben haben würde?!«
Wallerschenk lief rot an. »Nein!... eh... ich... eh...«, stotterte er, sich unter ihrem bohrenden Blick windend. »Aber... ein freies Wort muss unter Künstlern doch erlaubt sein!« Flehentlich sah er um sich. Jeder wich seinem Blick aus, niemand schenkte ihm ein zustimmendes Nicken. Verzweifelt schleuderte er heraus: »Ich bin doch schließlich Charakterschauspieler!«
Millner neigte sich zu Bartholomäus.
»Du, weils mir grad einfällt...«, raunte er. »Braucht die Wagachs’ nicht wieder mal eine Schmier?«
22
S chon nach zwei Tagen Arbeit mussten die Knappen der Grube Kogelscharte erkennen, dass die Verwerfung höher reichte, als sie vermutet hatten. Außerdem war das Gestein nahezu taub. Es blieb nur eines: Der eingestürzte Stollen musste wieder begehbar gemacht werden.
»Und das Wasser?«, hatte Silvan wissen wollen.
»Wir pumpen es erst einmal ab. Sobald es geht, täufen wir ins alte Revier hinab.«
»Aber das Auszimmern, Vester?«, gab Severin zu bedenken. »Wie willst das machen, ohne Stempenholz? Die alten Trämme rühr ich jedenfalls nit mehr an.«
Vester hatte sich langsam zu Severin gedreht.
»Mit Stempenholz, Severin. Mit .«
Dann war er ins Tal marschiert.
Als er die Stube des Bergschreibers betrat, war dieser gerade dabei, den Steiger der benachbarten Grube auszubezahlen. Der Steiger der Grube Fager Tal streifte ihn mit einem bedauernden Blick und rückte zur Seite, um ihm Platz zu machen. Vester blieb stehen, verschränkte seine Arme vor der Brust und lehnte sich an die Holzwand.
Der Bergschreiber schob einige Münzen über den abgewetzten Zahltisch.
»Zähl es nach. Drei Gulden, vierzig Kreuzer.«
Er griff nach der Schreibfeder, tunkte Tinte, zog sein Journal heran und trug Summe, Ertrag und Empfänger ein.»...vierzehn Zentner... Grube Nonnerboden...«
Er schob das Buch wieder zurück und sah auf.
»Grube Fager Tal?! «
Der Steiger hatte sich noch nicht bewegt. Er sah ungläubig auf die Summe.
»Was steht er da wie ein Ochs?«, fuhr ihn der Bergschreiber an. »Wenn Er dem Monsieur Paccoli so eine windige Ausbeute bringt, dann ists mehr als genug! – Er kann auch andere Pächter finden.«
Der Steiger strich verdattert die Münzen ein und trottete auf seinen Platz zurück.
Der Bergschreiber korrigierte seine Kneifbrille und blinzelte in den Raum.
»Grube Fager Tal, habe ich gesagt! Schläft Er?«
Vester stieß sich von der Wand ab und stellte sich vor dem
Zahltisch auf. Der Bergschreiber musterte ihn verärgert. »Grube Fager Tal! Nicht Kogelscharte! – Ist Er taub?« »Nicht mehr als du«, sagte Vester ruhig.
»Ich verbitte mir diese respektlose Anrede! Was soll diese Narretei! Seine Grube hat seit fast drei Wochen nichts mehr abgeliefert! Der Monsieur Paccoli zahlt nicht für nichts!«
Vester beherrschte sich.
»Ich möcht das Stempenholz, Bergschreiber. Es
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