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Der Sommer der Gaukler

Der Sommer der Gaukler

Titel: Der Sommer der Gaukler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Hueltner
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ist geschrieben, und es steht uns zu.«
    Der Bergschreiber grinste dümmlich.
    »Bin ich Euer Holzhacker?«
    Vester beugte sich mit einem Ruck vor, packte ihn an seiner Weste, zog das schmächtige Männchen aus dem Stuhl und nahe an sein Gesicht. Der Bergschreiber, dessen Brille unter seinen Füßen knirschte, sah in eine wütende Fratze. Er stieß einen entsetzten Schrei aus.
    »Du gehst jetzt auf der Stell zum Signor Paccoli und...« Die Tür hinter dem Zahltisch hatte sich geöffnet.
    »Was soll der Rumor?«, rief Paccoli streng. Er hob eine Braue. »Ah! – Der Steiger von der Kogelscharte...«Vester ließ den Bergschreiber in den Sessel zurückplumpsen. Sofort duckte sich dieser hinter den Tisch und wieselte auf allen vieren aus dem Raum.
    »Ja!«, bestätigte Vester finster. »Der, der schon seit fast zwei Monat auf sein neues Stempenholz wartet.«
    »Und dem meine Gruben dauernd einfallen, weil Er nicht imstand ist, sie nach Vorschrift abzubauen!«
    »Weil uns ein gewisser Halunk kein Holz dafür gibt!«, brüllte Vester. »Stehts uns zu oder nicht?«
    »Es steht Euch zu«, sagte Paccoli kühl. »Es wird auch kommen. Was aber den tätlichen Angriff auf meinen Schreiber sowie die Beleidigung betrifft, so kann Er sich –«
    »Morgen kommt es!«, knurrte Vester.
    »Er wirds erwarten.«
    »Morgen!«
    »Wann es kommt, bestimme ich!«, blaffte Paccoli zurück. »Verlangt Er vielleicht, dass ich noch eifrig investiere? Bei dieser mageren Ausbeute, die Er mir schafft?!«
    Rasend vor Wut hechtete Vester über den Tisch, stürzte sich auf den Grubenbesitzer und krallte seine Finger um dessen Hals. Paccoli schlug um sich und krächzte nach Hilfe. Vester drückte zu. Sein Blut kochte, in seinen Ohren toste es. Er war wie von Sinnen, hörte nicht, dass hinter ihm die Eingangstür aufgestoßen worden und der Bergschreiber zurückgekehrt war, zwei vierschrötige Schmelzarbeiter im Schlepptau. Ein Faustschlag donnerte auf seinen Hinterkopf. Mit einem Schrei ließ er Paccoli zu Boden fallen und wirbelte herum, direkt in einen Haken des zweiten Arbeiters.
    Paccoli kroch hustend zur Tür.
    »Schlagt ihn tot...«, krächzte er.
    Vester flog durch den Raum und krachte an die Holzwand. Schon kamen die beiden Schläger wieder auf ihn zu und zogen aus. Sie kamen nicht weit. Denn die beiden anderen Steiger, die die Szenerie zunächst wie gelähmt verfolgt hatten, warfen sich jetzt brüllend auf die Angreifer. Von einem Kinnhaken getroffen,polterte der erste Schmelzer zu Boden. Der zweite geriet in Panik, flüchtete sich hinter den Zahltisch, hob ihn empor, stand für den Bruchteil einer Sekunde in einem Regen blinkender Münzen und aufspritzender Tinte, bevor er den Tisch den Angreifern entgegenschleuderte. Deren Zurückweichen nutzend, sprang er mit einem Satz durch splitterndes Glas und berstende Sprossen ins Freie.
    Keuchend richteten sich die Männer auf. Hinter dem Gebäude entfernte sich Hufgetrappel.
    »So nehmts doch Vernunft an...«, flüsterte der Bergschreiber. »Sonst ist bald alles zu End... ist eh bald alles zu End...«

23
    E r könne es nicht länger hinnehmen, hatte der Kolber dem Richter erklärt. Dem Verfall der Sitten müsse endlich ein Riegel vorgeschoben werden. Sein guter Ruf stehe schließlich auch auf dem Spiel.
    Der Richter hatte befriedigt genickt. Endlich erhielt er auch Unterstützung von den Dorfleuten. Umgehend hatte er die Verhandlung einberufen.
    »Ruhe!« Er schlug mit seinem Hammer auf die Tischplatte. Auf den Sohlen wippend fixierte er die Angeklagte.
    »Die Babett Hausmannin haben wir heut da! – Sie weiß natürlich wieder überhaupt nicht, weswegen sie vor Gericht steht, was, Jungfer Hausmannin? – Sie weiß es sehr gut, und darum erspare ich mir unnötiges Gerede. – Jungfer Hausmannin, gegen Sie wird Klage geführt wegen unerlaubten Verlassens Ihrer Unterkunft und nächtlicher Streunerei. Des mehrmaligen ist Sie dabei ertappt worden, dass Sie die Gesindekammer des Abends insgeheim durch das Fenster geflohen ist!«
    Er sah über die Brille zur Zeugenbank. »Der Herr Kolber bestätigt es?«
    Kolber nickte eifrig.
    »Wie – wie kann Ers bez-bezeugen?«, stammelte Babett. Auf ihrer Wange hatten sich rote Flecken gebildet. Ihr Gesicht glänzte. »Ja, weilsd net in der Kammer gewesen bist«, rief der Wirt. »Gnä-gnädiger Herr! Wenns wahr wär, wa-was hätt der Herr Kolber aufd Nacht in meiner Kammer drin verloren?!«Unter den Zuschauern breitete sich Unruhe aus. Wieder drosch Ratold mit dem

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