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Der Sommer der Gaukler

Der Sommer der Gaukler

Titel: Der Sommer der Gaukler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Hueltner
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Luchspräparat –, war einfach kein Staat zu machen, und sich mit repräsentativen Geweihen einzudecken, indem er sie einem klammen Aristokraten abkaufte, kam natürlich nicht in Frage.
    Er wollte den erst vor kurzem im Bannwald aufgetauchten, sagenhaften Sechzehnender, von dem ihm der Bauer Hassl berichtet hatte, selbst zur Strecke bringen. Die Genehmigung durch Richter Ratold war kein Hindernis gewesen; dieser hatte – nach Überreichung einer kleinen Spende, die der Herr Richter nach eigenem, weisen Gutdünken verwenden wolle – vollstes Verständnis gezeigt, jedoch darauf bestanden, dass er nicht nur von Hassl, sondern auch von zwei seiner Amtsjäger begleitet wurde. Der Bauer mochte gewiss ein kundiger Waidmann sein, aber dem Gesetz musste schließlich auch Genüge getan werden.
    Nach zweistündigem Aufstieg zum Bannwald hatten sie eine Plattform auf einer Bergrippe erreicht, von der aus sie eine von Buchen bestandene und von mehreren Lichtungen gesprenkelte Senke übersehen konnten. Im Westen schimmerten die Abraumhalden der Grube Kogelscharte durch den nachmittäglichen Dunst.Hassl hatte vorgesorgt. Er übergab den beiden Jägern einen Scherz Brot und einen Riemen saftigen Geselchtes. Sie sollten es sich hier gut gehen lassen, er wisse schließlich um die magere Entlohnung durch den Richter. Würden sie gebraucht, würde er sie rufen. Die Amtsjäger verstanden.
    Noch brannte die Sonne kräftig auf die beiden Männer herab, die jetzt, triefend vor Schweiß, einen schmalen Felsbalkon erkletterten, der wie eine Schanze aus dem Bergwald ragte. Eine grob geschichtete Steinbalustrade, von Jägern in früheren Jahren errichtet, diente als Gewehrauflage.
    Paccoli fingerte ein besticktes Tüchlein aus seiner Rocktasche und wischte sich die Stirn. Auch Hassl ließ seinen hämmernden Puls abklingen. Er spuckte einen Speichelklumpen aus. Dann zog er ein Fernrohr aus seinem Rucksack und begann, die Senke abzusuchen. Paccoli stopfte sein Schweißtuch in die Tasche und stellte sich erwartungsvoll an die Seite des Bauern.
    »Sehen Sie ihn?«
    Hassl schüttelte den Kopf.
    »Habs Ihnen ja gesagt. Ist net grad die beste Zeit. Wir hätten früher aufsteigen sollen.«
    »Ging doch nicht, Herr Hassl. Hatte noch einen wichtigen Termin mit dem Herrn Richter.«
    »Ein Has oder ein Fuchs wär kein Problem net.«
    »Machen Sie Witze?«, brauste Paccoli auf.
    Hassl setzte das Fernglas ab, grinste beschwichtigend und schwenkte erneut die Senke ab. Plötzlich hielt er inne.
    »Was ist?«, sagte Paccoli heiser. »Haben Sie ihn? Lassen Sie sehen!«
    »Still!«, grunzte Hassl. Er fixierte den Rand einer kleinen Lichtung. Undeutlich erkannte er eine gebückte Gestalt, die sich an einem Busch zu schaffen machte. Er drückte Paccoli das Fernglas in die Hand und griff nach seiner Flinte. Paccoli sah zwinkernd durch das Glas.
    »Aber ich sehe nichts!«
    Hassl legte an. Paccoli setzte das Glas ab.»Sie lassen mir den Schuss, ja!«, zischte er. »So lautet unsere Verabredung!«
    Hassl presste die Lippen zusammen und zielte.
    »Ich sagte, so lautet unsere –!!«
    Ein Schuss peitschte auf. Mit grimmiger Zufriedenheit senkte Hassl seine Büchse. Paccoli starrte ihn entgeistert an. Er riss das Fernglas hoch. Am Rande der Lichtung bewegten sich Äste. Was Hassl getroffen hatte, schien im Todeskampf um sich zu schlagen.
    »Sie haben ihn nicht getroffen, Sie Dilettant!«, raunte Paccoli empört. »War das überhaupt der Sechzehnender? Er müsste doch viel größer sein!«
    »Das täuscht«, meinte Hassl gelassen.
    Wieder sah Paccoli in die Tiefe. »Er scheint zu fliehen! Was machen wir jetzt?!«
    Hassl wandte ihm langsam das Gesicht zu.
    »Nichts«, sagte er.
    »Aber –! Sind Sie noch bei Sinnen? Das Geweih!«
    »Was ich getroffen hab, hat keines.«
    »Wie! Sie haben –?«
    »Habs Ihnen doch gesagt: Da unten hats viele Hasen. Der Boden ist locker, das taugt ihnen. Und das –«
    »Aber das war doch kein Hase!«, unterbrach Paccoli erbost. »Hassl, wollen Sie mich zum Narren halten? Ich werde mich beschweren! Das ist Betrug! Dafür zahle ich nicht! – Und grinsen Sie nicht so unverschämt!«
    Der Bauer kippte seine Augen zum Himmel.
    »Wenn Sie mich vielleicht einmal ausreden lassen täten?« »Was gibt es da noch zu erklären?!«
    Hassl sah ihn ruhig an.
    »Zu erklären gibt es, dass auch die Wilddiebe wissen, wo man am besten Fallen aufstellt.«
    Paccoli starrte den Bauern an.
    »Das war gar kein... sondern ein...?«
    Ein Grinsen kräuselte Hassls

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