Der Sommer der Vergessenen (German Edition)
hatten. Es dampfte und ratterte an allen
Ecken und Enden. Socke war ein wenig angewidert von all dem, sagte aber nichts.
„Das ist
jetzt die sechste Zeche. Irgendwas muss dir doch bekannt vorkommen“, meinte
Rolo.
„Es ist
schwer zu erkennen. Ich müsste näher ran“, jammerte Driftwood und knetete
unruhig seinen Schwanz mit den Pfoten. „Näher ran? Moment.“ Rolo sprang aus dem
Wagen und kramte im Kofferraum. Mit einem Fernglas kam er zurück.
Driftwood
nahm es zögerlich entgegen.
„Schau
durch“, bat Rolo. „Nein, andersherum. Genau. Nicht zu mir. Schau dir die Zeche
an.“
Driftwood stieß
einen überraschten Laut aus. Er streckte tastend den Arm, um das zu berühren, was
ihm plötzlich so vermeintlich nah war. „Knaller.“ Er reichte das Fernglas an
Socke weiter.
Socke
schaute hindurch, und sein scharfer Verstand erkannte das physikalische Prinzip
hinter dem Ganzen sofort. „Toll.“ Er gab es Driftwood wieder.
„Jetzt schau
dir mal alles in Ruhe an. Vielleicht siehst du irgendein Detail, das dir auf
die Sprünge hilft.“
Und
Driftwood schaute. Er schaute auf die metallene Konstruktion des Förderturms
mit den riesigen, gegenläufigen Rädern und auf das alte Backsteingemäuer des
Maschinenhauses. Er betrachtete Förderbänder, die sich wie von Geisterhand
bewegten, und Schornsteine, aus denen der Dampf quoll wie überkochende Milch.
Er betrachtete die großen Glasfronten des Kesselhauses. Die Schienen und
Straßen, die auf das Gelände führten. Und die schweren LKW, die auf ihnen
fuhren.
Rolo war
ungeduldig. „Kommt dir schon was bekannt vor?“ „Nein, aber da steht ein
Fernseher im Pförtnerhäuschen.“ „Drift!“
„Ich schaue
ja schon!“
„Brrr.“
„Was? Wo?“ Socke
grabschte sich das Fernglas.
Driftwood
schaute pikiert, sagte aber nichts.
„Brrr.“
„Tatsache!“,
staunte Socke.
Driftwood
platzte fast vor Neugier. „Wo denn? Wo denn?“ „Kann mir mal jemand sagen, was
hier los ist?“, fragte Rolo. Socke gab Driftwood das Fernglas zurück.
„Neben dem
Turm. Das niedrige Gebäude mit der breiten Tür.“ Driftwood schaute. „Ich brech’
zusammen. Das ist es!“ Er ließ das Fernglas sinken, und die beiden Alben nahmen
sich lachend in die Arme.
„Hallo!“,
versuchte Rolo es erneut.
„Verzeihung“,
sagte Socke. „Da über der Tür ist das Gesicht des Meisters aus Stein ins
Gemäuer eingelassen. Direkt über dem Schild, auf dem Weißkaue steht.“ Er
streichelte Kotze, der sich stolz in die Brust warf.
Driftwood
öffnete die Tür.
„Alles klar.
Gehen wir rein.“
Rolo
streckte sich und zog die Tür wieder zu. „Geht’s noch?“ „Was denn?“
„Was denn?
Du bist ein Nachtalb. Und das ist Privatgelände. Was meinst du, warum da ein
Zaun drum ist?“
„Ich dachte,
der Zaun wäre, damit keiner raus kommt. Weil die Arbeit da bestimmt kacke ist“,
murmelte Driftwood kleinlaut.
Rolo musste
sich ein Grinsen verkneifen. Es steckte immer Einiges an Wahrheit in den
Irrtümern der Alben.
„Nein. Wir
können da nicht einfach reinlatschen. Selbst ich nicht. Es ist nicht ungefährlich
zwischen den ganzen Maschinen.“
Driftwood
stellte die Ohren auf. „Aber wir müssen da rein.“ Socke schaute durch die Lücke
zwischen den Sitzen.
„Er hat
völlig recht, Rolo. Wir müssen wirklich da rein.“ „Brrr“, meinte auch Kotze.
„Ich weiß,
Jungs, ich weiß. Aber jetzt nicht den Kopf verlieren.“
Socke
nickte. „Sehr richtig“, pflichtete er bei. „Lasst uns überlegen, was wir
machen.“
„Jemand müsste
die verflixte Sonne ausknipsen. Dann könnten wir locker durch den Zaun“, dachte
Driftwood laut.
„Der Zaun
wird nicht alles sein. Es gibt bestimmt Wachmänner. Kameras. Vielleicht Hunde.“
„Hunde?“,
fragte Socke.
„Wachhunde“,
schob Rolo nach.
Driftwood
wiegelte ab. „Mit denen kommen wir schon klar.“ „Alarmanlagen.“ Er sah den
Alben an den Nasenspitzen an, dass sie nicht wussten, wovon er sprach. „Nachts
wird das Gelände bestimmt bewacht.“
Driftwood
schnippte mit den Fingern. „Dann gehen wir halt’ tagsüber rein“, beschloss er.
„Wie soll
das gehen?“, zweifelte Rolo.
Driftwood stupste
Socke mit dem Ellbogen an. „Wir knipsen das Licht aus.“
Es dauerte
einen Moment, bis das Entsetzen über diesen Vorschlag seinen Weg aus Sockes
Gehirn in sein Gesicht fand. „Bist du noch zu retten?“, fragte er scharf.
„Was denn?
Wir schieben doch nur ein paar Wolken an die richtige Stelle.“
„Das
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