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Der Sommer der Vergessenen (German Edition)

Der Sommer der Vergessenen (German Edition)

Titel: Der Sommer der Vergessenen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Grandjean
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Bedrückt tapste er weiter, fröstelnd und mit schlabbernden Ärmeln. Zu
beiden Seiten zweigten Straßen ab. Driftwood schielte um die Ecke, aber nichts
kam ihm bekannt vor. Vor ihm lag eine kleine Steinbrücke, die bogenförmig über
den Fluss führte. Er schaute zurück. Niemand verfolgte ihn.
    „Wie auf
einem Friedhof hier“, murmelte er, jedoch insgeheim beruhigt, dass die Straßen
leer waren. Er betrat die Brücke. Die Geländer waren so niedrig, das Driftwood
einen Blick auf das Wasser werfen konnte. Die Strömung war schwach. Als er den
höchsten Punkt der Brücke erreichte, sah er sie. Nicht weit vor ihm kamen zwei
Gestalten die Straße entlang. Direkt auf ihn zu. Driftwood suchte nach einem
Versteck, aber er hätte sich nur ins Wasser stürzen können. Das wäre alles andere
als unauffällig gewesen. Außerdem stand er so erhöht, dass die beiden ihn
längst gesehen hatten.
    „Ah, der
Kjeir“, rief der große Dicke. Er trug eine Art albernes Bärenkostüm. Zielstrebig
kam er auf Driftwood zu.
     
    Rolo war
alles andere als erfreut, Kjeir zu treffen. Er hätte ihn auch gar nicht
erkannt. Für ihn sahen diese dunklen Umhänge einer aus wie der andere. Hwarf
hielt direkt auf Kjeir zu, und Rolo wusste nichts zu tun, außer zu folgen. Sie
trafen sich in der Mitte der Brücke.
    „Kjeir, mein
Freund. Gut, dass wir uns sehen. Ich bin gerade auf dem Weg zum Tor. Ich habe
heute meinen Wachhabenden verloren durch eine dumme Streitigkeit.“
    Kjeir rührte
sich nicht.
    „Nun, mein
junger Freund, ich glaube, dass wir alle was lernen können aus dem, was heute
passiert ist. Das mit deinem Bogen tut mir leid. Ich weiß doch, wie viel Arbeit
du da rein gesteckt hast. Und er war dir wirklich gelungen. Aber, hey, so ein
begabter junger Mann wie du. Der Nächste wird noch besser.“
    Kjeir
versuchte, mit gesenktem Haupt an ihnen vorbei zu gehen.
    „Nein, lass
mich jetzt nicht hier stehen!“, bat Hwarf, und hielt ihn an der Schulter fest.
    Rolo sah plötzlich
ein helles Licht unter Kjeirs Kapuze. Obwohl er schon viel Seltsames erlebt
hatte an diesem Tag, das war doch höchst ungewöhnlich. Zumal Hwarf einfach
weiterredete, als wäre nichts geschehen. Rolo konnte einen Blick unter Kjeirs
Kapuze erhaschen. Er erschrak.
     
    Driftwood
achtete nicht weiter darauf, dass Kotze sein freundliches Feuer entfachte. Nur
für freundliche Augen sichtbar, dachte er. Der Alte redete irgendeinen
beschwichtigen Unsinn. Der Junge schielte unter die Kapuze. Seine Augen
weiteten sich vor Schreck. Verdammt, er kann es sehen, fuhr es Driftwood durch
den Kopf.
     
    Rolo sah
nicht Kjeirs arrogantes Gesicht, was schon schlimm genug gewesen wäre. Er sah
ein einäugiges Monster mit spitzen Zähnen. Es leuchtete grün. Erschrocken
taumelte Rolo zurück, fand Halt am Brückengeländer.
    Hwarf wandte
sich ihm zu. „Was ist los, mein Junge?“
     
    Das war der
richtige Moment. Der Alte hielt endlich den Mund und drehte ihm den Rücken zu. Driftwood
riss die Arme in die Höhe. „Kadusch!“ Ein starker Windstoß riss das Cape von
seinem Körper.
     
    Rolo traute
seinen Augen kaum. Das Cape war einfach davon geflogen. Zum Vorschein kam eine
schwarze Gestalt mit dünnen, langen Gliedmaßen. Sie reckte die Arme in die
Luft. Ihr Fell sträubte sich. Kleine Blitze fuhren zischend hindurch. Auf ihrem
Kopf saß ein grün leuchtendes Etwas. Hwarf strich sich das Haar aus dem
Gesicht, drehte sich um. „Nachtalb“, hauchte er.
    Die Augen des
Nachtalbs verfärbten sich schwarz. Hwarf griff an seine Hüfte. Doch heute war
er unbewaffnet.
    „Rolo, bleib
zurück!“
    Der Nachtalb
begann, hypnotisch mit den Armen zu wedeln. „Fumidar, Fumidar“, murmelte er.
Die schwarzen Augen blickten starr. „Fumidar, Fumidar.“
    Rauch stieg
aus dem Boden auf. Er kroch Rolo und Hwarf die Beine rauf, umfing sie wie
Schlangen. Rolo konnte plötzlich weder sehen noch atmen.
    „Magus
plura“, sprach Driftwood und wies mit einem Arm zum Tor. Sofort schoss der
Nebel die Straße entlang. Er wandte sich ab zu gehen. Von diesen Gegnern drohte
ihm keine Gefahr für den Augenblick.
    Hwarf rang
mit der ihn umfangenden Dunkelheit. Instinktiv wusste er die Richtung, und mit
eiserner Hand ergriff er den Nachtalb. „Nein! Du bleibst hier. Wachen!“
    Driftwood
war überrascht über so viel Sturheit. Aber er war ja nicht allein. Kotze
schnappte zu. Tief trieb er seine Zähne in die Hand des Angreifers.
    Hwarf schrie
auf, riss den Arm in die Luft und das kleine Monster mit sich. Fest

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