Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Sommer der Vergessenen (German Edition)

Der Sommer der Vergessenen (German Edition)

Titel: Der Sommer der Vergessenen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Grandjean
Vom Netzwerk:
gestempelten Schrumpfscheine und wuchsen beim Gehen auf normale Größe. Mit
ihnen ihre neue Kleidung. „Wolltest du was sagen?“, fragte Driftwood und
korrigierte den Sitz seiner Krawatte.
    „Nein“,
seufzte Socke und strich sein Kleid glatt. Der weiße Hase folgte ihnen bei Fuß.
     
     

Kapitel 1 6
    Rolo lag
begraben unter einem dicken Federbett. Das dunkle Holz an Wand und Decke, der
Schrank, die Vorhänge vor dem Fenster. Nichts kam ihm bekannt vor. Auf einem
Tisch in der Ecke lag sein Rucksack. Wenigstens den erkannte er wieder. Er
setzte sich auf, doch ihm schwindelte, und er fiel zurück ins Kopfkissen. Was
zum Henker ist passiert? Jemand hatte ihm einen Pyjama angezogen. Seine
Füße verschwanden in der viel zu langen Hose. An seinem Kopf war eine große
Beule, die schmerzte, als er sie berührte. Das Gesicht in den Händen verborgen,
versuchte er, sich zu erinnern. Ihm war, als hätte jemand eine Schublade aus
seinem Kopf gezogen, sie ausgeschüttet, und wieder rein gesteckt. Gähnende Leere.
Vorsichtig stand er auf, und horchte an der Türe. Nichts zu hören. Ich sehe
aus wie ein Idiot. Im Rucksack sind doch meine Klamotten. Er stutzte, als
er sich dem Tisch zuwandte. Ich könnte schwören, dass der Stuhl eben noch
nicht hier stand. Trotzdem kam er ihm in seinem angeschlagenen Zustand sehr
gelegen. Er setzte sich, und rasch hatte er die richtigen Sachen aus dem
Rucksack gefischt. Jeans und T-Shirt. Wo sind nur meine Schuhe? Er sah
sich um. Sie standen in einem Regal bei der Tür. Verwundert rieb Rolo sich die
Augen. Bin ich denn jetzt völlig plemplem? Er hatte einige Mühe, die
Schuhe zu binden, da sein Rücken schmerzte. Als er gerade bereit war, den Raum
zu verlassen, stürzte sein Vater herein.
    „Mein
Junge!“ Er flog mit ausgebreiteten Armen auf ihn zu. „Ich habe mir solche
Sorgen gemacht!“
    Rolo ließ
sich die Umarmung gern gefallen. Er war sogar ein wenig gerührt.
    „Ich mache
mir solche Vorwürfe. Ich lasse mich volllaufen, während meinem Sohn so was
zustößt!“
    „Was ist mir
denn zugestoßen?“, nuschelte Rolo in die Schulter seines Vaters.
    „Was? Auch
noch Amnesie?“ Er schob Rolo eine Armeslänge von sich und betrachtete ihn mit
einem Blick, mit dem man seltene Insekten anschaut, die man in seiner Cola
findet. „Weißt du, wer ich bin?“
    „Paps, bitte!
Ich bin nicht irre.“ Rolo ließ sich auf den Stuhl fallen. „Ich weiß nur nicht,
was passiert ist. Wieso hab ich dieses Horn am Kopf? Und wo sind wir?“
    Sein Vater
setzte sich auf die Bettkante. „Woran erinnerst du dich?“
    Rolo
überlegte. „Wir waren auf dem Fest. Da kam das Schiff mit Tante Farrah. Wir
saßen am Tisch mit Krah, Onno und den anderen. Hwarf kam vorbei. Wir wollten zu
Adalar. Wir liefen Richtung Tor, weil Hwarf die Wachen kontrollieren wollte. Er
erzählte mir von der Schule.“ Rolo stockte. „Dann weiß ich nix mehr.“
    „Gut, mein
Junge. Du wurdest heute Morgen unter der Brücke gefunden. Offensichtlich bist
du in den Fluss gestürzt.“ „Und Hwarf?“
    „Hwarf lag
auf der Brücke. Er ist verletzt. Und er schläft. Schläft so tief, dass es schon
als Koma bezeichnet werden muss.“
    „Oje. Kann
man ihm helfen? Und wieso die Beule?“ Er fasste sich an den Kopf.
    „Du weißt
noch nicht alles. Die Wachen schwören, dass kurz vor deinem Unglück Kjeir in
die Stadt kam. Sein Umhang wurde bei der Brücke gefunden.“
    Rolo musste
lachen. „Du meinst doch nicht, dass Kjeir, dieser Waschlappen, mich von der
Brücke wirft und Hwarf ins Koma prügelt? Soll das ein Witz sein?“
    „Ich weiß,
es klingt unwahrscheinlich. Aber die Beweise sprechen für sich. Vielleicht hat
er euch aufgelauert. Wollte es dem alten Hwarf heimzahlen. Vielleicht ist ihm
eine Sicherung durchgebrannt. Und beste Freunde wart ihr zwei auch nicht.“
    „Ich weiß es
nicht“, stöhnte Rolo und raufte sich die Haare. „Mach dir jetzt nicht zu viele
Gedanken. Das kommt schon alles in Ordnung, wenn du dich eine Weile ausgeruht
hast. Kannst du aufstehen?“
    „Paps,
bitte, ich hab mich doch schon angezogen.“
    „Oh, na
klar. Sehr gut. Du solltest was essen. Soll ich dir was hinauf … ach, nein,
lass uns hinunter gehen, ja?“ „Gern.“ Und wie um zu beweisen, dass es ihm gut
ging, kam Rolo mit so viel Schwung auf die Füße, dass ihm schwindelte. Er hielt
sich an der Tischkante fest, da war es auch schon wieder vorbei. Sein Vater
hatte es nicht bemerkt.
    Sie
verließen den Raum und traten auf einen breiten Balkon.

Weitere Kostenlose Bücher