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Der Sommer des glücklichen Narren

Titel: Der Sommer des glücklichen Narren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danella Utta
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sondern die Landstraße, führt gar nicht sehr weit vom Waldhaus entfernt durch die Gegend. Aber wo man abbiegen muß, um zum Waldhaus zu gelangen, das verrate ich nicht. Wer weiß, vielleicht werde ich doch noch mal berühmt, und dann soll mir nicht jeder hier angekleckert kommen.
    Ich fuhr an diesem Tag nicht direkt nach Hause, sondern bog hinter Unter-Bolching rechts ab und schlug den ordentlichen, gutgehaltenen Weg zum Gstattner-Hof ein.
    Der Gstattner-Hof liegt an einem gottgesegneten Platz. Hoch oben auf dem geräumigen Plateau eines weitgewölbten Hügels, von dem aus man bei klarem Wetter die Chiemseeberge sehen kann. Dem Gstattner gehört einer der reichsten Höfe rundum, viele Tagwerk Land; Wiesen, Felder und Wald, eine stattliche Anzahl Kühe und Ochsen, zwei Gäule und was eben sonst noch alles zu einem rechten Bauernhof gehört.
    Der Andreas Gstattner ist mein Freund. Ich glaube, ich erzählte es schon. Und seine Frau, die Mali, hat mich ebenfalls ins Herz geschlossen.
    Als ich an diesem Tag, es war wieder ein strahlender, himmelblauer Maientag, gegen Mittag auf dem Gstattner-Hof eintraf, heiß und pustend, denn den Hügel hinauf muß man immer ziemlich strampeln, und es ist mein Ehrgeiz, nicht abzusitzen, sondern auf meinen beiden Rädern hinaufzukommen, kam ich gerade zum Essen zurecht.
    Zuvor allerdings kam das Wiedersehen mit Dorian.
    Russl, der Hofhund vom Gstattner, kam mir schon mit lautem Gebell entgegengestürzt und umtanzte mich freudig, nachdem er mich erkannt hatte.
    Dorian ist eine vornehme Natur. Er rennt und bellt niemals mit, wenn Russl rennt und bellt. Aber er erschien immerhin oben, wo der Weg in das Gehöft mündet, und spähte hinab. Ich sah ihn schlank und hochbeinig, eine goldbraune Silhouette vor dem blauen Himmel, da oben stehen.
    Dann hatte er erkannt, daß ich es war, der kam. Wie ein Pfeil schoß er den Weg herab. Russl hätte niemals mit ihm Schritt halten können, wenn er nicht schon zuvor dagewesen wäre. Dorian gab keinen Laut von sich, stürmte wie ein Geschoß auf mich zu, seine seidige Rute wehte wie eine Flagge hinter ihm her, und dann, kurz vor mir, bremste er, seine großen liebenden Augen umfaßten mich, er gab einen einzigen Laut von sich, fast könnte man es einen Schluchzer nennen, so menschlich, so aus dem Herzen kommend, hörte es sich an, und dann warf er sich zu meinen Füßen, sein schöner, schmaler Kopf schmiegte sich an meine Wade.
    »Grüß dich, Dorian«, sagte ich, beugte mich hinab und strich ihm über den Kopf. Er richtete sich auf, stand nun groß und schlank neben mir, ich brauchte mich nicht mehr zu bücken, um ihn zu streicheln, und so verharrten wir eine Weile schweigend, er den Kopf an meiner Hüfte, ich die Hand auf seinem Kopf, während uns Russl mit wildem Gebell umkreiste.
    »Wie geht's dir, mein Freund?« sagte ich.
    Dorian blickte mich an. ›Jetzt wieder gut‹, stand in seinen Augen so deutlich geschrieben wie hier auf dem Papier.
    Ich saß wieder auf, und zu dritt ging es das letzte Stück den Hügel hinan. Dorian wie der Wind voran, Russl springend und hopsend hinterdrein, und am Ende strampelte ich hinauf.
    Dorian, um das auch gleich vollständig zu berichten, ist ein reinrassiger Setter, mit einem Fell von kastanienbrauner glänzender Seide, sehr sensibel, mit Augen so beseelt, wie man oft in drei Paar Menschenaugen zusammen nicht Seele finden kann. Mit Bewegungen von gespannter, federnder Kraft und tänzerischer Grazie. Mein Freund Dorian.
    Andres hatte seinen Russl bellen hören und stand schon vor der Tür und blickte mir entgegen.
    »Alsdann«, sagte er, als ich angekommen war, »bist wieder heroben? Kommst grad recht zum Essen. A G'selchts gibt's.«
    »Sitz nieder«, sagte die Mali, als ich in die Küche kam, wo sie alle schon um den Tisch saßen, die beiden Töchter vom Andres, die Knechte und die Mägde, die Gabeln schon in der Hand. Der Sohn vom Andres ist zur Zeit nicht da, er studiert auf der Landwirtschaftlichen Hochschule in Weihenstephan.
    »Hast an Hunger?« fragte die Mali.
    Ich hatte keinen Hunger, aber ihr zu Gefallen nickte ich.
    »Und an Durscht am End' aa?« fragte der Andres. »Geh, Wastl, hol uns a Flaschen Bier.«
    Wir aßen schweigend, und jeder trank seine Flasche Bier. Hernach saß ich noch eine Weile mit der Mali und dem Andres auf der Bank vor dem Haus, während die zwei Mädels in der Küche das Geschirr spülten. Ich rauchte eine Zigarette, Andres seine Pfeife, Dorian lag zu meinen Füßen und sah mich

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