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Der Sommer des glücklichen Narren

Titel: Der Sommer des glücklichen Narren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danella Utta
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für sie bezahlt hatte. Denn, so meinte der Reitersmann nicht ganz zu Unrecht, es würde noch viel Arbeit kosten, sie turnierreif zu machen. Drei Jahre dauere es mindestens, bis man mit ihr über einen Parcours gehen könne, ohne sich sämtliche Knochen dabei zu brechen.
    Aber die Gräfin wollte sie nicht verkaufen. Sie war voller Zuversicht, jetzt, nachdem das Pferd eine Zeitlang gut gegangen war, mit ihr fertig zu werden.
    Eine Weile ging es auch ganz gut. Mal gab es herrliche Ritte, mal einen Sturz. Einmal ging Isabel mit der Gräfin durch, über die Stoppeln und quer über die Schienen der Eisenbahn, wenige Meter vor einem heransausenden Zug. Die Gräfin trug einen Schock davon und mochte Isabel eine Zeitlang nicht mehr reiten.
    Damals lernte ich die Stute kennen. Ich kannte den Grafen nur flüchtig, wir trafen uns ab und zu mal im Gelände, und wir hatten auch schon über Pferde gesprochen. Er wußte, daß ich reiten konnte, hatte mich aber noch nie auf einem Pferd gesehen, denn natürlich konnte ich mir keins leisten. Er lud mich ein, sie einmal auf dem Gut zu besuchen und sich die kleine Teufelin anzusehen.
    »Sie ist so schön«, sagte die Gräfin, und ihre Stimme klang geradezu verzweifelt, »so schön und so böse. Warum bloß? Es hat ihr doch nie jemand etwas getan.«
    »Das weiß man nicht«, erwiderte ich und betrachtete die Stute, die regungslos in ihrer Box stand und desinteressiert an uns vorbeiblickte.
    »Ich glaube auch nicht, daß sie böse ist. Sie ist jung und wild und ungebärdig. Sie hat noch keinen als Herrn anerkannt.«
    »Mit Max ging es ganz gut«, sagte die Gräfin. Max war der Turnierreiter. »Nicht, Franz? Er kam doch ganz gut mit ihr zurecht. Er hat sie allerdings ziemlich hart angefaßt, und ich glaube, sie hatte Angst vor ihm. Vor mir hat sie keine Angst. Nicht einmal Respekt. Ich kann auch nicht so energisch mit ihr umgehen, das liegt mir nicht. Aber sie mag mich einfach nicht. Stuten mögen ja oft keine Frauen.«
    »Wollen Sie sie mal reiten?« fragte der Graf.
    »Um Gottes willen, nein, Franz«, rief die Gräfin erschrocken. »Herr Schmitt bricht sich das Genick.«
    »Wenn ich es mal versuchen dürfte«, meinte ich bescheiden. »Ich habe zwar seit vielen Jahren nicht mehr im Sattel gesessen, und ich kann nicht voraussehen, wo ich landen werde. Aber probieren würde ich es gern mal.«
    Der Graf nickte und grinste ein wenig. Isabel wurde gesattelt und gezäumt, und dann führte ich sie selbst aus dem Stall und redete dabei auf sie ein. Sie spitzte die Ohren, sah mich aber nicht an. Aber sie ging willig mit.
    Ich hatte natürlich keinen Reiterdreß an, nur ganz gewöhnliche Hosen und Halbschuhe.
    Sie ließ mich aufsitzen, ohne sich zu rühren, und sie trat an, als ich die Schenkel leicht anlegte. Wir gingen im Schritt ein paarmal im Kreis auf dem Hof herum, neugierig betrachtet von dem ganzen Gesinde, das sich eingefunden hatte.
    Ich wies zum Hoftor. »Darf ich hinaus?«
    »Bitte, bitte«, sagte der Graf. »Aber auf Ihre Verantwortung.«
    »Bleiben Sie aber hier beim Haus«, rief mir die Gräfin noch nach.
    Unter dem Hoftor stand ein kleiner Junge, den Finger in der Nase. Isabel legte gereizt die Ohren an, als sie an ihm vorüber sollte, und bockte. Ich gab ihr erst eine Parade, dann einen energischen Schenkeldruck und ließ ihr die Zügel. Sie setzte sich in Trab, und so kamen wir am Hof hinunter und ins Freie.
    Eine Stunde später kamen wir wieder und fanden alle in heller Aufregung. Jeder glaubte, ich hätte mir das Genick gebrochen, und Isabel sei über alle Berge.
    Ich saß ab und entschuldigte mich bei dem Graf und seiner Frau. »Eine Viertelstunde wäre zuwenig gewesen, um ihr beizubringen, daß es nicht immer nach ihrem Kopf gehen kann. Dann wäre sie wieder als Siegerin heimgekommen. So steht die Partie jedenfalls unentschieden.«
    »Mein Gott, Sie sind ja pitschnaß«, rief die Gräfin. »Und Isabel auch. Seid ihr so gejagt?«
    »Durchaus nicht. Wir haben erbittert miteinander gekämpft, und das hat uns beide angestrengt. Aber jetzt zum Schluß haben wir einen wundervollen langen Galopp gehabt und befanden uns dabei in vollster Eintracht.«
    Während Isabel in den Stall geführt wurde, sagte der Graf: »Darauf müssen wir einen trinken. Ist das wahr, was Sie vorhin gesagt haben? Sie sind schon jahrelang nicht mehr geritten?«
    »Das letztemal zu Anfang des Krieges, als wir noch Bespannung bei der Artillerie hatten. Seitdem nicht mehr.«
    »Dann müssen Sie ein ganz

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