Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Sommer des glücklichen Narren

Titel: Der Sommer des glücklichen Narren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danella Utta
Vom Netzwerk:
mich wissen zu lassen, daß der Tag begonnen hat.
    Zu diesem Zweck kommt er mit den Vorderpfoten aufs Bett oder, seit das zweite Bett im Zimmer leer ist, springt er auch da hinauf und rückt mir auf den faulen Pelz. Mit dem zweiten Bett, das hätte ich ihm vielleicht verbieten sollen. Aber wozu? Hier ist mein Haus, und hier kann jeder Mensch und jeder Hund tun, was ihm paßt.
    »Guten Morgen, mein Freund«, sagte ich, wendete den Kopf nach rechts und machte dann erst die Augen auf.
    Dorian lag der Länge nach auf Rosalinds Bett, die Nase wenige Zentimeter von meiner entfernt, um eventuell seinen Weckversuch zu wiederholen. Gewohnheitsmäßig fuhr meine Hand in sein seidiges Fell und kraulte ihn.
    »Guten Morgen«, rief eine Stimme von der Tür her.
    Ich fuhr geradezu entsetzt auf. Ich war noch nicht so wach gewesen, daß mir mein Gast schon eingefallen wäre.
    Das Mädchen stand unter der Tür zu meinem Schlafzimmer. Sie sah frisch und blitzblank munter aus, trug ihr blaues Sommerkleid, das offensichtlich trocken, wenn auch etwas zerknautscht war, und ihre blonden Haare strubbelten sich um ihren Kopf.
    »Oh, hallo, guten Morgen«, sagte ich. »Sie sind schon auf? Tüchtig, tüchtig …«
    Ich war doch nicht etwa einer Frühaufsteherin in die Hände gefallen? Das wäre furchtbar.
    »Ja«, sagte sie, »schon seit einer halben Stunde. Ich bin es nicht gewohnt, so früh ins Bett zu gehen. Und geschlafen habe ich ganz herrlich. Trotz allem. Es muß wohl an der Luft hier draußen liegen.«
    »Ja, die Luft«, rief ich enthusiastisch und blinzelte zu ihr hin. Richtig aufsetzen konnte ich mich nicht. Ich habe nun mal die Angewohnheit, ohne Pyjama zu schlafen, und vielleicht fand sie das komisch.
    »Entschuldigen Sie, daß ich hier stehe«, sagte sie, »aber die Tür stand offen.«
    »Ja, ich lasse die Tür zum Wohnzimmer immer angelehnt, damit Dorian Bewegungsfreiheit hat.«
    »Ich hab' mir gedacht, ich könnte vielleicht Frühstück machen«, meinte sie, »falls Sie mir sagen, wo alles ist. Und dann«, sie legte den Kopf auf die Seite und runzelte bekümmert die Stirn, »es ist schrecklich, aber ich bin wirklich mit allem und jedem auf Sie angewiesen. Haben Sie zufällig einen Kamm?«
    »Aber sicher. Was dachten Sie? Wir sind doch keine Barbaren hier draußen, nicht Dorian? Wir haben jeder einen. Meiner liegt dort auf der Kommode. Wenn Sie sich vielleicht ein paar Schritte näher bemühen würden, ich kann im Moment schlecht aus dem Bett.«
    Sie sah meinen nackten Arm, der zu der bezeichneten Stelle deutete, und lächelte.
    »Sie schlafen wohl ohne?«
    »Ich muß gestehen, ja. Ich hoffe, Sie betrachten das nicht als mangelndes Moralgefühl.«
    »Woher denn? Ich tue es auch.«
    »Ach nein, wirklich? Wie angenehm.«
    Sie lächelte ein wenig, errötete ein wenig und trat dann vor den Spiegel, der über der Kommode hing, und begann mit konzentrierter Aufmerksamkeit ihr Haar zu kämmen.
    Natürlich, heute nacht hatte sie auch ohne schlafen müssen. Ich war nicht mal auf die Idee gekommen, ihr einen Schlafanzug von mir anzubieten. Dabei lagen schließlich die zwei Stück, die ich besaß, sauber gewaschen und gebügelt im Schrank.
    Sie fuhr sich zunehmend zorniger und energischer mit dem Kamm durchs Haar.
    »Schrecklich«, sagte sie, »aber da ist nichts zu machen. Durch den Regen ist die ganze Frisur zum Teufel. Sehe ich sehr abscheulich aus?«
    Sie wandte sich um und blickte mich fragend an.
    Zweifellos, diese Frage enthielt eine gewisse Portion Koketterie. Der Spiegel mußte ihr gesagt haben, daß ihr Haar zwar glatt und einfach über die Ohren fiel, aber duftig, weich und schimmernd war, und daß die glatte Frisur ihr sehr gut stand.
    »Und ich habe überhaupt nichts da, was man eigentlich braucht«, fuhr sie fort, »keinen Lippenstift, keinen Augenbrauenstift, keinen Puder. Sie müssen in absolutem Rohzustand mit mir vorliebnehmen.«
    »Sehr verehrtes gnädiges Fräulein«, sagte ich und versuchte, eine würdige Miene aufzusetzen, »ich weiß nicht, was Sie sonst für eine Frisur tragen, wenn Sie nicht zufällig im Gewitter Spazierengehen, und ich weiß auch nicht, wieviel Pfund Farbe Sie sich an normalen Arbeitstagen ins Gesicht schmieren …«
    »Überhaupt keine«, rief sie empört dazwischen.
    »… aber die Frisur, die Sie heute tragen, kleidet Sie vortrefflich. Soviel ich gehört habe, ist Regenwasser sehr vorteilhaft für das Haar. Und was den Rohzustand betrifft, so finde ich, daß Sie jung und hübsch genug sind,

Weitere Kostenlose Bücher