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Der Sommer des glücklichen Narren

Titel: Der Sommer des glücklichen Narren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danella Utta
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um in eben diesem unter der Menschheit zu wandeln. Meine Augen ruhen mit ausgesprochenem Wohlgefallen auf Ihnen.«
    Sie errötete wieder, ihre Lippen öffneten sich, als wolle sie etwas sagen, aber dann lächelte sie bloß. Wandte sich noch einmal zum Spiegel zurück, machte noch einen Strich mit dem Kamm durch ihr Haar, befeuchtete dann eine Fingerspitze mit der Zunge und fuhr damit über die schönen kräftigen Augenbrauen.
    »Danke«, sagte sie durch das Spiegelbild zu mir. »Es ist sehr angenehm, wenn der Sonntag mit einem Kompliment beginnt. Und nun mache ich Frühstück.«
    »Sie finden alles, was Sie brauchen, in dem Schränkchen und in dem Regal neben dem Herd. Der Kaffee ist in der roten Büchse.«
    Als sie das Zimmer verließ, sprang Dorian mit einem Satz vom Bett und lief ihr nach. Dieser alte Schlawiner! Anscheinend fand er es ganz in der Ordnung, daß ich Damenbesuch hatte. Und er schien das Mädchen sympathisch zu finden, sonst würde er ihr nicht so eifrig nachlaufen. Er konnte nämlich, wenn ihm jemand nicht paßte, von einer geradezu aufreizenden Arroganz sein. Jeder Zoll ein sich belästigt fühlender Grandseigneur.
    Ich krabbelte aus dem Bett, schlüpfte in meine Badehose, nahm die Flanellhose und das weiße Hemd über den Arm und sprang zum Fenster hinaus. Das Gras war noch taufeucht, die Sonne erst vor kurzem über die Baumwipfel bis zu unserer Lichtung gelangt. Ein herrlicher Tag wieder. Mir war auf einmal sauwohl zumute. Ich hätte schreien können vor Freude.
    Ich lief hinten ums Haus herum, kletterte auf der anderen Seite durch das offene Fenster in das Badezimmer, verriegelte lautlos die Tür und begann mit meiner Morgentoilette.
    Badezimmer ist ein etwas übertriebener Ausdruck. Früher war das ein kleiner Schuppen gewesen. Aber nachdem Rosalind sich geweigert hatte, ohne Badezimmer zu leben, hatte ich mit der Zeit und mit Hilfe eines Installateurs von Ober-Bolching wirklich so etwas Ähnliches wie ein Badezimmer zustande gebracht. Eine Wanne war da, eine Dusche, ein Waschbecken, die Wände hellgrün gestrichen, und einen Warmwasserboiler hatte ich schließlich auch anbringen lassen. Das war alles so nach und nach gekommen, wann immer ich ein paar Groschen in die Hand bekam. Jedes Honorar in den letzten Jahren war in das Haus gesteckt worden.
    Rosalind hatte einmal wütend gesagt: »Wenn man zusammenrechnet, was du bis jetzt in diese verdammte Bude investiert hast, da könnten wir gut und gerne den Zuschuß für eine anständige Wohnung in München bezahlen …«
    Ja, vielleicht den Zuschuß. Aber noch lange nicht die Miete jeden Monat. Die Verbesserungen am Haus hatte ich angebracht, wann immer Geld da war. Die Miete müßte ich jeden Monat bezahlen. Pünktlich am Ersten. Und dafür gab es nun leider gar keine Gewißheit, daß ich pünktlich jeden Ersten dreihundert Mark besaß. Und schließlich und endlich wollte ich nun mal nicht in der Stadt leben. Ich nicht. Ich fand es hier draußen herrlich und komfortabel genug.
    Das Klo zum Beispiel. Auf das Klo war ich besonders stolz. Es ließ sich wirklich nichts an ihm aussetzen. Entstanden war es aus einem Rundfunkhonorar. Dem höchsten Honorar für eine Sendung, das ich je erhalten hatte. Die Sendung hieß ›Die Angst des Menschen vor seinen natürlichen Gefühlen‹ und hatte eine Stunde lang gedauert und war in einer besonders gescheiten Nachtstudioreihe gesendet worden. Ich war damals mächtig stolz gewesen, daß sie so viel von mir sendeten und mir auch eine ansehnliche Summe dafür bezahlten, und hatte die stille Hoffnung genährt, daraus würde sich ein Dauerzustand entwickeln. Aber entweder war das Hörerecho auf die natürlichen Gefühle zu negativ ausgefallen, oder ich verstand es eben nicht richtig, mich bei den richtigen Leuten im Funkhaus beliebt zu machen.
    Das hatte jedenfalls Rosalind immer gesagt: »Wenn du hier draußen sitzt und denkst, die senden vielleicht einen reitenden Boten, um den verehrten Herrn Autor heranzuholen, dann irrst du dich, mein Lieber. Sie können dich nicht mal anrufen. Solche wie dich haben sie in der Stadt dutzendweise sitzen, und die rennen ihnen wahrscheinlich jeden Tag die Bude ein mit neuen Ideen. Die brauchen dich nicht. Du brauchst sie. Du mußt dich dort sehen lassen, und zwar regelmäßig.«
    Ach ja, das war es wohl. Sie brauchten mich nicht, aber ich brauchte sie. Das ist der Punkt, von dem aus der Erfolg sich nie einstellt. Wenn man kommt und sagt: »Ach, bitte, möchten Sie nicht und

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