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Der Sommerfaenger

Titel: Der Sommerfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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jetzt sofort. Keine Geheimnisse mehr, hörst du? Dein Freund Albert, die Babysitterin in Hildesheim und die Hotelangestellte in Kamenz. Gestern dann Merles Katzen und der Überfall auf Mike. Findest du nicht, dass es langsam Zeit wird, mich …«
    Er fuhr zu mir herum.
    »Mike ist überfallen worden?«
    »Er wurde niedergeschlagen, aber er hat überlebt. Es geht ihm wieder ganz gut, obwohl er eigentlich noch im Krankenhaus sein müsste.«
    »Und Merle?«
    »Jemand ist ins Tierheim eingedrungen und hat alle Katzen getötet.«
    Ich hatte Mühe, die Tränen zurückzuhalten.
    »Nur ein Kater hat überlebt. Er ist jetzt bei uns zu Hause.«
    Mit einer Mischung aus Zorn und Verwunderung starrte Luke mich an. Seine Hände ballten sich zu Fäusten. Ich stand auf und ging zu ihm, und als ich so dicht vor ihm stand, dass ich seinen Atem auf dem Gesicht spüren konnte, stellte ich ihm die Frage, die mich seit seinem Verschwinden quälte.
    »Hast du irgendwas damit zu tun?«
    Zuerst dachte ich, er hätte mich nicht gehört, doch dann hob er mein Kinn an und sah mir in die Augen.
    »Das glaubst du doch nicht wirklich, Jette?«
    Ich antwortete nicht, wartete atemlos auf ein einziges, klitzekleines Wort mit vier Buchstaben.
    Nein .
    »Du denkst allen Ernstes, ich wäre fähig, mich an wehrlosen Katzen zu vergreifen?«
    Luke trat einen Schritt zurück und streckte die Hände aus, wie um mich abzuwehren.
    »Für was hältst du mich? Für einen Psychopathen?«
    »Und wie steht es mit wehrlosen … Menschen ?«
    Er zuckte zurück wie vor einer Klapperschlange. Und vielleicht war ich das ja auch, eine Schlange. Vergiftete alles mit meinen Zweifeln. Aber ich konnte nichts dagegen tun. Ich hatte das fragen müssen.
    Ich blieb stehen und wartete.
    Luke verbarg das Gesicht hinter seinen Händen. Ich hatte keinen Zugang mehr zu ihm, er kapselte sich völlig in sich ein. Als er mich wieder ansah, hatte er mit sich selbst einen Kampf ausgefochten.
    »Ich hatte gehofft, du wüsstest es von allein«, sagte er leise. »Aber vielleicht ist es wirklich meine Schuld, dass du mir nicht vertraust.«
    »Luke …«
    »Nein, ist schon okay.«
    Er blickte wieder aus dem Fenster, diesmal ohne nach einem Verfolger Ausschau zu halten. Er wollte wohl nur etwas anderes sehen als das Mädchen, das ihm misstraute.
    Als er sich zu mir umdrehte, war eine Ewigkeit vergangen.
    »Ich habe niemanden getötet.«
    Sein Blick war fest und sicher.
    »In meinem ganzen Leben nicht.«
    Noch nie hatte ich mich so sehr geschämt. Ich wagte nicht mal, ihn um Verzeihung zu bitten. Unglücklich senkte ich den Kopf.
    Er zog mich an sich, küsste meine Schläfen, meine Nase, meine Stirn.
    »Ich werde dir alles erklären«, versprach er leise. »Aber nicht jetzt und nicht hier.«
    Seine Augen waren dunkel geworden vor Verlangen, doch er schob mich von sich weg, hielt mich nur noch an den Schultern.
    »Vertrau mir. Bitte.«
    Ich nickte, dankbar dafür, dass er mir vergab.
    Dann küsste ich ihn.
    »Zeig mir, dass du mich liebst«, flüsterte ich.
    Er wehrte sich nur ein bisschen, dann breitete er seine Jacke auf dem Holzfußboden aus.
    *
    Merle war stinksauer. Für den unausgegorenen Trip nach Hildesheim war sie gut genug gewesen, doch nun hatte Jette sie kurzerhand aus dem Spiel gekickt. Ihr Verschwinden hatte garantiert mit Luke zu tun, und dass sie Merle nicht eingeweiht hatte, war zutiefst verletzend.
    Schweigend waren sie nach Birkenweiler zurückgefahren und jeder hatte seinen eigenen Gedanken nachgehangen.
    Jetzt saß Merle in ihrem Zimmer und versuchte, sich zu erinnern, ob Jette eine Bemerkung gemacht hatte, aus der man hätte schließen können, was sie vorhatte.
    Nichts.
    In ihrem Kopf war absolute Leere.
    Sie war zur Untätigkeit verdammt. Konnte bloß hier herumsitzen und Däumchen drehen.
    Ihr Handy klingelte, und sie sprang voller Hoffnung auf und hechtete zum Schreibtisch, auf dem sie es abgelegt hatte.
    Es war nicht Jette, sondern Claudio, der eine Menge Süßholz raspelte, um sie heute Abend noch zu sehen. Trotzdem verabredete sie sich nicht mit ihm. Für den Fall, dass Jette sie brauchte, wollte sie zu Hause sein.
    Claudios Charme fiel wie ein verunglücktes Soufflee in sich zusammen. Nachdem er das Gespräch beleidigt beendet hatte, fing Merle an zu heulen.
    Sie stand noch immer unter Schock. Sie konnte keine neuen Ängste brauchen.
    *
    Er hätte nicht schwach werden dürfen. Sie hatten kostbare Zeit verloren. Außerdem war er jetzt in einem Zustand, in dem er

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