Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Sommerfaenger

Titel: Der Sommerfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
Vom Netzwerk:
mit der Schuhspitze unsichtbare Muster auf den Steinboden.
    »Shit«, sagte das vierte Mädchen schließlich. »Weißt du, warum?«
    »Nein. Genau das wollen wir rausfinden, und dabei würde es uns sehr helfen, wenn wir von euch etwas über das tote Mädchen erfahren könnten.«
    »Da habt ihr Ggglück«, sagte die Schüchterne, und ihre Freundinnen nickten. »Wwwir studieren auch Kkkreatives Schreiben, wie Lllisa.«
    »Sie war richtig gut«, vertraute uns die Kurzhaarige an. »Geradezu brillant. Lisa konnte Geschichten erzählen. Sie hatte eine Wahnsinnsphantasie und eine Sprache, für die ich zur Mörderin werden könn … Oh. Sorry. Ich …«
    »Schon gut«, sagte Merle, in deren Augen das Jagdfieber aufblitzte.
    »Lisa lebt … äh … lebte von einem Stipendium«, erklärte die mit den verschränkten Armen. »Daneben hatte sie verschiedene Jobs. Nicht nur wegen Geld«, fügte sie hinzu. »Sie wollte Erfahrungen sammeln. Um darüber zu schreiben. Sie hat bei den Meusers als Babysitterin gearbeitet und manchmal auch dort geputzt. Die Tante von Frau Meuser hat eine Pension in derselben Straße, und wenn die ausgebucht ist, schickt sie ihrer Nichte schon mal den einen oder andern Gast, weil die ein Ferienapartment vermietet.«
    »Wo?«, fragte Merle.
    Ich ahnte, wie viel Selbstbeherrschung es sie kostete, nicht Stift und Notizbuch zu zücken. Mein Gefühl sagte mir, dass sie das richtige Gespür hatte. Der Redefluss der Studentinnen würde versiegen, sobald sie den Eindruck hätten, dass jedes ihrer Worte notiert wurde.
    »Kalenberger Graben«, antwortete die Kurzhaarige prompt. »Die Hausnummer weiß ich nicht. Fragt am besten in der Pension nach. Es gibt da nur die eine.«
    »Und sonst?«, fragte ich. »Was ist Lisa für ein Mensch gewesen?«
    Sie schauten einander ratlos an. Wie sollte man in Kurzfassung einen Menschen beschreiben, der Opfer einer Gewalttat geworden war? Da legte man plötzlich jedes Wort auf die Goldwaage.
    »Sie hatte nur das Schreiben im Kopf. Es war ihr Leben.«
    »Lisa hatte nicht mal einen Freund. Der würde sie nur ablenken, hat sie gemeint.«
    »Alles ist ihr irgendwie zugefallen. Man hatte den Eindruck, sie musste sich überhaupt nicht anstrengen, um die genialsten Texte hinzukriegen.«
    »Seit Kurzem arbeitete sie an einem Roman.«
    »Man konnte Lisa um alles bitten. Sie hat jedem geholfen, wo sie nur konnte.«
    »Aber sie ließ keinen wirklich an sich heran. Sie war … ihr eigenes Universum.«
    Ihr eigenes Universum.
    Das klang ganz nach Luke. Der war auch in seiner eigenen Welt verkapselt. Hatte er Lisa gekannt?
    »Besaß Lisa irgendwelche Verbindungen nach Köln?«, fragte ich und hatte im selben Moment Angst vor der Antwort.
    Sie schüttelten den Kopf. Offenbar hatte die Tote nie von Köln gesprochen.
    »Hat sie mal …« Merle stockte und nahm einen neuen Anlauf. »Hat sie mal den Namen Lukas oder Luke Tadikken erwähnt?«
    Wieder allgemeines Kopfschütteln. Steine kullerten mir von der Seele.
    »Albert Kluth vielleicht? Oder den Namen Alex?«
    »Nein«, sagte die mit den kurzen Haaren. »Nie gehört.«
    »Lisa war keine Abenteuerin.«
    Dem Mädchen mit den verschränkten Armen gelang es kaum, ihr Zittern zu verbergen. Ihre Unterlippe bebte, als wollte sie gleich anfangen zu weinen.
    »Sie kann unmöglich an irgendeinen zwielichtigen Typen geraten sein, der sie dann umgebracht hat. Das war ein reiner Zufallsmord.«
    Ihre Freundinnen nickten so eifrig, dass man erkennen konnte, wie sehr sie sich wünschten, dass es so wäre. Um nichts in der Welt wollten sie erfahren, dass es Anzeichen gegeben hatte, die sie hätten erkennen müssen.
    »Und dein Freund?«, fragte mich die Vierte, die bislang am wenigsten gesagt hatte. »Was hat der damit zu tun?«
    »Ich wollte, ich wüsste es.«
    Das war alles, was ich ihr antworten konnte.
    *
    Bert hatte gerade seinen Wagen im Parkhaus des Polizeipräsidiums abgestellt, als sein Handy klingelte.
    »Spengler hier, Morgen.«
    Die Stimme vibrierte nur so von Vitalität und vermittelte Bert das Bild eines jovialen, leicht übergewichtigen Mannes mit lebhafter Gesichtsfarbe und lauter geplatzten Äderchen auf den Wangen. Skatspieler und Rotweintrinker, dachte er, kurz vor oder nach der Silberhochzeit mit einer patenten Frau. Drei Kinder, von denen zwei studieren und eines aus der Reihe tanzt und sein Leben nicht gebacken kriegt.
    Er wusste jedoch, dass es auch ganz anders sein konnte.
    »Ich hatte Ihnen versprochen, mich zu melden, sobald die

Weitere Kostenlose Bücher