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Der Sommernachtsball

Der Sommernachtsball

Titel: Der Sommernachtsball Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Gibbons
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hätte.
    Ach, es war einfach alles zu schrecklich. Vic interessierte das alles einen Dreck, dabei war er der Erste, der schrie, wenn nachher nicht alles wie am Schnürchen lief. Er hasste nichts mehr als Pfusch.
    Seufzend wandte sie sich vom Fenster ab, ließ sich ganz ohne ihre übliche athletische Grazie in einen Sessel plumpsen und schlug die VOGUE auf.
    Die Gäste waren alle weg, einige mit dem Auto, andere barhäuptig und zu Fuß, hinaus in den schönen Frühlingsabend. Nun hatten sie ein wenig Zeit, bis die nächsten eintrafen, so ab viertel nach acht.
    Mrs Spring kam herein, zusammen mit Hetty.
    »Alles, was ich sagen kann«, fauchte Mrs Spring, »ist, dass das sehr unhöflich von dir war. Alle haben sich gefragt, wo du bist.«
    Hetty, die blass und aufgeregt wirkte, sagte nichts.
    »Das war schließlich deine Party, da hättest du dich zur Abwechslung doch mal anständig benehmen können, oder?«, fuhr Mrs Spring fort, »wo hast du überhaupt gesteckt?«
    »Unten in den Rhododendren, mit einem komischen kleinen Mann, der aussah wie ein Kirchendiener«, bemerkte Phyllis, ohne von der VOGUE aufzublicken. »Tim und ich, wir waren beim Tennisspielen, und da haben wir sie gesehen, wie sie sich dort rumgedrückt haben; also, ich fand das ganz schön eigenartig.«
    »Wer war denn das, Hetty?«, fragte Mrs Spring scharf.
    »Wenn du’s unbedingt wissen willst – und das musst du früher oder später sowieso –, das war Frank Franklin, mein Onkel, den du immer so sorgfältig vor mir versteckt hast.«
    Phyllis schaute zwar noch immer nicht auf, doch eine ihrer schlanken Fesseln hörte auf zu wippen.
    Mrs Spring fuhr erschrocken hoch. »Wer? Dein Onkel Frank war hier? Ausgerechnet heute?« (Hetty nickte.) »Was wollte er denn? Warum hast du nichts gesagt? Was hat das zu bedeuten? Er wollte wohl dich sehen, oder?«, sprudelte sie mit konfuser Miene hervor. »Lang kann er ja nicht geblieben sein. Ich hoffe, du hast ihm was angeboten? Wollte er was Bestimmtes? Also, ich muss sagen, ich finde das Ganze höchst eigenartig – so verstohlen, fast hinterhältig. Warum um alles in der Welt ist er nicht zu mir gekommen?«
    »Er hat wohl befürchtet (und das nicht ohne Grund), dass du ihn daran hindern könntest, mich zu sehen. Er hat mir erzählt, dass er dreimal geschrieben und nach mir gefragt und nie eine Antwort bekommen hätte.«
    »Ach, ich weiß nicht mehr, ich war wohl zu beschäftigt.« Ihre Tante wurde immer verlegener. »Also mach jetzt keine Riesensache daraus, Hetty, du hättest deine Familie jederzeit sehen können, ich habe einfach über die Jahre den Kontakt zu ihnen verloren. Außerdem wollte ich eigentlich nicht, dass du sie triffst, sie sind kein Umgang für ein junges Mädchen. Der eine hat einen kleinen Buchladen und der andere eine erbärmliche kleine Stelle in einer Bücherei, irgendwo im Norden. Wenn du darauf bestanden hättest, ich hätte dich nicht davon abgehalten, sie zu sehen, aber du hast ja nie was gesagt«. Sie stand auf, als wolle sie gehen.
    »Das hätte ich, wenn ich’s bloß gewusst hätte. Das spielt jetzt keine Rolle mehr, ich bin sicher, du hast es bloß gut gemeint. Aber du wirst gleich Grund haben, dich aufzuregen, denn ich habe dir etwas mitzuteilen: ich werde nach London ziehen, zu Onkel Frank und Tante Rose.«
    »Unsinn, das wirst du nicht«, wehrte Mrs Spring ab und lief unter ihrem dezenten Rouge rot an.
    Phyllis ließ nun doch die VOGUE sinken und schaute mit interessierten, boshaft funkelnden Augen auf.
    »Doch, das werde ich, Tante Edna. Du kannst mich nicht aufhalten. Ich bin volljährig, und ich habe mein eigenes Geld.«
    »Glaub das bloß nicht. Das hab ich letzte Woche alles in spanischer Lakritze angelegt, und jetzt ist es futsch«, bemerkte Victor, der gut gelaunt ins Wohnzimmer geschlendert kam. Er setzte sich auf die breite Lehne von Phyllis’ Sessel und beugte sich vor, um sie zu küssen. Sie duckte sich weg.
    »Lass das. Ich möchte mich vor dem Dinner nicht noch mal schminken.«
    »Wie du willst.« Er stand auf und zündete sich eine Zigarette an, dann wanderte sein Blick von Hettys blassem, mürrischem Gesicht zum roten, zornigen seiner Mutter.
    »Was ist denn hier los? Ihr streitet euch doch nicht etwa?«
    »Hetty hat die hirnrissige Idee, nach London zu ihrem Onkel Frank Franklin zu ziehen«, sagte seine Mutter.
    »Nie von ihm gehört.«
    »Doch, das hast du, aber das ist so lange her, dass du’s wahrscheinlich vergessen hast, und das überrascht mich nicht. Er

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