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Der Sonntagsmann

Der Sonntagsmann

Titel: Der Sonntagsmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kanger
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geahnt.
    »Erzählen Sie von diesen Sonntagnachmittagen.«
    »Da war weiter nichts dabei. Ich bin mit dem Auto von Sala aus dorthin gefahren, habe den Unterricht abgehalten, es waren Doppelstunden, und dann bin ich wieder nach Hause zurückgefahren.«
    »Jedes Mal?«
    »Es kann sein, dass ich gelegentlich etwas in Västerås zu tun hatte oder irgendwo noch eine Kleinigkeit gegessen habe. Aber im Prinzip bin ich hin- und zurückgefahren. Ich verstehe nicht, worauf Sie hinauswollen.«
    Sie hielt ihren Blick fest auf ihn gerichtet. Sie wollte ihre mentale Oberhand nicht verlieren.
    »Könnten Sie mir von Lisbet Johansson erzählen?«
    Ulf Nyman zuckte zusammen. Er wurde aschfahl. Sein Atem ging stoßweise.
    »Ich verstehe«, sagte er. »Jetzt verstehe ich. Sie haben mich im Verdacht.«
    »Was für ein Verdacht denn?«, fragte Elina.
    »Dass ich … dass ich …«
    Er brachte es nicht über sich zu sagen: Dass ich Ylva ermordet habe.
    »Müssen Sie mir das nicht mitteilen?«, sagte er. Es fiel ihm schwer, die Worte auszusprechen. »Müssen Sie das nicht irgendwie offiziell machen? Damit ich mir einen Anwalt nehmen kann?«
    »Sie werden bisher noch keiner Straftat verdächtigt. Ich überprüfe nur einige Informationen. Das ist alles. Aber wenn Sie wollen, dass ein Anwalt zugegen ist, dann ist das natürlich Ihr gutes Recht.«
    »Sie verdächtigen mich also nicht? Wieso kommen Sie dann mit dieser Geschichte mit Lisbet Johansson?«
    Elina lehnte sich zurück. »Um gewisse Möglichkeiten auszuschließen«, sagte sie. »Aber wir können Lisbet Johansson auch auf sich beruhen lassen.«
    »Könnte ich ein Glas Wasser bekommen?«, bat er. Er sah aus, als würde er ohnmächtig werden.
    »Geht es Ihnen nicht gut?«, fragte Elina und erhob sich. Auf dem Gang stand ein Wasserspender mit Pappbechern. Sie füllte zwei Becher und stellte beide vor Ulf Nyman hin.
    »Es wäre gut, wenn wir weitermachen könnten«, sagte sie. Ulf Nyman trank und nickte schwach.
    »Lisbet Johansson, das war ein Missverständnis«, sagte er, als er sich wieder etwas gefangen hatte. »Ich bin für etwas verurteilt worden, was ich nicht getan habe.«
    »Wir können das, wie gesagt, auf sich beruhen lassen. Ich möchte, dass Sie mir jetzt von Ihrer Zeit an der Klarälvens Folkhögskola erzählen.«
    Sie formulierte das wie eine vollkommen harmlose Frage. Er starrte sie mit offenem Mund an. Elina befürchtete schon, dass ihn gleich der Schlag treffen würde.
    »Ich gehe bald in Pension«, stammelte er. »Was in meinem Lebenslauf steht, spielt keine Rolle mehr.«
    »Mich interessiert auch nicht Ihr Lebenslauf. Es gibt zwar sicher einen Paragraphen über die Vorspiegelung falscher Tatsachen, aber die Sache ist wohl längst verjährt. Ich will wissen, was Sie in diesen Jahren getan haben.«
    Sein Gesichtsausdruck wechselte zwischen Verzweiflung und Hoffnung. Er hofft, dass ich nichts davon weiß, dachte Elina.
    »Ich hatte private Gründe dafür, keine genaueren Angaben zu machen. Alle haben in ihren Lebensläufen irgendwelche Löcher. Arbeitslosigkeit, Gefängnisstrafen. Dinge, mit denen man nicht unbedingt hausieren gehen will, wenn man sich um eine Stelle bewirbt.«
    »Und was war es in Ihrem Fall?«
    »Das hat mit dieser Sache nichts zu tun.«
    Er hatte Mut geschöpft. Er war sich ziemlich sicher, dass sie nichts wusste.
    »Vielleicht nicht«, meinte sie. »Aber erzählen Sie mir trotzdem davon.«
    »Nein. Das ist privat.«
    Sie sah ihm in die Augen. Er versuchte ihrem Blick standzuhalten, doch es gelang ihm nicht ganz.
    »Wie privat?«, fragte sie.
    »Ich kann Ihre Fragen über Ylva … Malmberg beantworten. Falls Sie dazu keine Fragen haben, glaube ich, dass es für mich jetzt an der Zeit ist zu gehen.« Er verschränkte die Arme vor der Brust, wie um weitere Verbalattacken abzuwehren.
    Elina beugte sich vor und nahm ein Papier aus ihrer Tasche. Sie hielt es vor ihn hin. Er schloss die Augen.
    Als er sie wieder öffnete, lag die Kopie des Umschlags an Grace Makondele vor ihm. Ihr Name in seiner Handschrift, eine Anklage, die ihm mit voller Kraft entgegengeschleudert wurde.
    »letzt will ich, dass Sie mir von Ylva erzählen«, sagte Elina.
    »Alles. Und zwar genau und wahrheitsgemäß.«
    Sie sah, dass er die ihm verbleibenden Optionen durchdachte. Der Mann, der Frauen seinen Willen aufgezwungen hatte, sah sich jetzt derselben Methode ausgesetzt. Grace Makondele schlug zurück. Lisbet Johansson schlug zurück. Jetzt war Ylva an der Reihe. Mit Elinas Hilfe

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