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Der Spiegel aus Bilbao

Der Spiegel aus Bilbao

Titel: Der Spiegel aus Bilbao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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das vor oder nachdem Penrod Klebstoff in seinen
Hut gegossen hatte? Wir dachten, wir könnten vielleicht etwas aus Tarkingtons
Werk vorlesen, wenn die jungen Leute herkommen«, erklärte sie ihren Gästen.
»Alles etwas anspruchslos, ich weiß, aber so lustig. Was meinst du dazu, Fren?
Siehst du, ich habe dich richtig erkannt.«
    Der Fren, den sie so sicher zu
erkennen glaubte, war in Wirklichkeit Don, in dem der Name Tarkington nur die
vage Erinnerung an einen footballspielenden Menschen weckte, eine Tatsache, mit
der er sich vor Mrs. Ganlor lieber nicht blamieren wollte. Er sagte, er finde
auch, daß Tarkington genau richtig sei.
    Sarah, die ihren Tarkington
vorwärts und rückwärts aufsagen konnte, weil sie als Kind so viel Zeit allein
in den Bibliotheken ihrer diversen Verwandten verbracht hatte, wenn ihre Eltern
dort zu Besuch waren, votierte für Gentle Julia.
    »Ich liebe die Stelle, wo Julia
ihre Zeit damit verbringt, kandierte Veilchen zu essen, und Gedichte über sich
selbst aus einem schmalen Gedichtbändchen mit einem purpurroten
Wildledereinband liest«, seufzte sie. »Ich habe mir immer vorgestellt, wie
wunderschön es doch sein müßte, sich auf diese Weise den Hof machen zu lassen,
aber ich bin leider nie in den Genuß gekommen. Ich glaube sogar, daß ich noch
nie ein kandiertes Veilchen probiert habe.«
    »Ich wüßte auch nicht, wo man
sie jetzt noch bekommen könnte, wo es die S.-S.-Pierce-Kette nicht mehr gibt«,
klagte Lassie und sprach das »ie« in »Pierce« wie das »ö« in »Börse« aus, so
daß die Ganlors auch wußten, von welcher Firma die Rede war.
    »Vielleicht im Sage’s Market am
Harvard Square«, meinte Bradley. »Auch ein exklusives Geschäft. Ich werde meine
Köchin anrufen und Nachforschungen anstellen lassen. Wenn sie dort auch keine
Veilchen führen, werde ich die sieben Meere für Euch durchkämmen, Lady Sarah,
und sie Euch eigenhändig beschaffen.«
    »Und was ist mit dem
Gedichtband mit dem Einband aus purpurrotem Wildleder?« erkundigte sich Lassie
eher katzenhaft falsch als hündisch freundlich.
    »Was das betrifft, muß sie wohl
mit ihrer Vorstellung vorliebnehmen, befürchte ich. Was reimt sich eigentlich
auf Sarah?«
    Keinem wollte aus dem Stegreif etwas
einfallen, obwohl Josephus nach längerem Nachdenken der Meinung war, auch
Wörter, die nicht genau einem strengen Reimschema entsprächen, seien erlaubt.
»Besonders, wo wir in dieser Gegend die eigentümliche Gewohnheit haben, das
End-›r‹ nicht zu sprechen — außer in Wörtern, wo es gar keins gibt.«
    Er hob den großen Stein hoch,
den er während ihrer Unterhaltung die ganze Zeit in der Hand gehalten hatte,
woraufhin seine Frau, die den Wink verstanden hatte, sofort reagierte.
    »So, ihr kommt jetzt am besten alle
mit. Wir sehen uns die Ziegen an und überlassen diesen faulen Mann hier wieder
seiner Mauer. Es gibt etwas, das keine Trägheit liebt, und der arme Josephus
ist zufällig mit diesem Wesen verheiratet. Ihr wart bestimmt auf eurer Yacht
zusammengepfercht wie die Sardinen, und dagegen gibt es nichts Besseres als
einen schönen leichten Galopp über das Moor, um euch für die Heimreise wieder
fit zu machen.«
    Fren und Don sahen nicht gerade
begeistert aus, doch Lassie nahm mit ihrer scharfen Nase Witterung auf und
flitzte von dannen.
    Sarah war genauso ungeduldig.
Sie liebte das Moor, und sie mochte sogar Ziegen.
    Vor Jahren hatten die Ganlors
einen Bock und eine Geiß auf die Insel gebracht mit dem Ziel, sich dadurch eine
bequeme Milch- und Käsequelle zu verschaffen. Zwar hatte keiner in der Familie
eine Ahnung, wie eine Geiß gemolken wurde, und noch weniger, wie Käse
hergestellt wurde, aber sie hatten schließlich Bücher, aus denen es sich lernen
ließ. In den Büchern stand jedoch nichts davon, wie man eine Geiß dazu
überreden konnte, lange genug stillzustehen, um zu üben, und die Tiere hatten
sich alles andere als kooperationsbereit gezeigt. Sie waren viel zu sehr damit
beschäftigt gewesen, sich nach Kräften zu vermehren.
    Inzwischen wurde Little Nibble
von einer beachtlichen Nachkommenschaft unsicher gemacht. Ein Spaziergang im
Moor war immer ein richtiges Abenteuer. Entweder man stolperte über eine Gruppe
ausgelassener Zicklein oder wurde von einem angriffslustigen Bock umgerannt.
Aber wenigstens hielten sie den Giftsumach in Schach, wie Mrs. Ganlor die armen
Opfer zu trösten pflegte.
    Sarah hoffte, daß sie bald auf
ein Zicklein stoßen würden. Sie sprang so leichtfüßig über

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