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Der Spiegel der Königin

Der Spiegel der Königin

Titel: Der Spiegel der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: balzon
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Emilia ihr mit Worten in das Dunkel der Mägdekammer gemalt hatte. Der riesige Raum, den sie mit Lovisa und den anderen Mädchen durch eine Seitentür betrat, hätte selbst Emilias kühnste Fantasien übertroffen. Das Lüsterlicht warf ein Netz aus Lichtreflexen auf die gedeckte Tafel. Wie pflichtbewusste Soldaten warteten eckige Polsterstühle mit dunkelbraunen Lederbezügen auf die Gäste. An j e dem Platz lag ein Silberteller und ein Besteck mit g e schnitzten Elfenbeingriffen in Form von Fischen. Jede Schuppe war detailgetreu eingeritzt. Die zweizinkigen Gabeln sahen aus wie für Puppenhände angefertigte Bratspieße. Auf jedem Teller saß ein perfekt gefalteter Serviettenschwan, was Elin ein Lächeln entlockte. Helga Lundell hatte ganze Arbeit geleistet!
    Der Festsaal brummte wie ein Bienenstock – Lakaien eilten durch den Raum und balancierten Silberplatten mit Wildbretpasteten und Brandküchlein. Elin war so übe r wältigt, dass es ihr nicht gelang, auch nur einen Bissen zu essen. Unter großem Applaus wurden mehrere Schwäne hereingetragen. Sie thronten wie lebendig geworden auf den großen Platten, die silbernen Seen glichen.
    Musiker stellten sich am Ende von Kristinas Tafel auf und begannen auf Instrumenten zu spielen, die nur en t fernt den Schlüsselfideln glichen, die Elin kannte. »Das ist eine Violine«, erklärte Lovisa. »Und der Mann, der die Hauptmelodie spielt, ist ein Komponist aus Italien.« Die Töne, die er seinem Instrument entlockte, klangen höher und reiner als jede Schlüsselfidel, deren Klänge Elin bisher gehört hatte. Bisweilen berührte Elin die M u sik so sehr, dass sie glaubte weinen zu müssen. Der Duft von fremden Gewürzen erfüllte den Raum. Es gab M u scheln und Aal und einen gebratenen Kapaun, der vo r wurfsvoll in die Runde starrte. Kerzen steckten in silbe r nen Leuchtern mit schwerem, achteckigem Fuß. Elin b e wunderte das Pfefferschälchen und kostete das wertvolle Gewürz.
    Der Pfeffer zerging noch auf ihrer Zunge, als ein Di e ner erschien und sie bat, an den Tisch der Königin zu kommen. Elin verschluckte sich vor Schreck. Der Pfeffer brannte wie Feuer in ihrer Nase. Tausend Gedanken schossen ihr durch den Kopf. Würde sie jetzt den Auftrag erhalten ? Am Julabend ?
    »Denk daran, was ich dir beigebracht habe«, flüsterte Lovisa. »Antworte nur mit Ja oder Nein und nur dann, wenn du gefragt wirst. Und komm mir bloß nicht auf die Idee, mit den französischen Herrschaften zu sprechen!«
    Am Tisch der Königin wurde viel gelacht, ausgelass e ne Spaße flogen hin und her. Die Diener umflatterten die Herrschaften und kamen kaum zur Ruhe. Noch nie war Elin die Königin so fremd erschienen wie heute. Sie strahlte mit den Leuchtern um die Wette, ihr Gesicht war weich und schön. Sie war ebenso galant und kokett wie die französische Gräfin. Elin wurde gegenüber von M a dame Joulain platziert, neben einem freundlich auss e henden Herrn in besticktem Rock. Seine gerüschte Hal s binde mit Spitzensaum leuchtete sauber und duftend g e pudert im Licht der Kerzen. Neben den Tellern lagen zusätzliche Löffel. Was Elin noch mehr erschütterte als die wundersame Vermehrung des Bestecks, waren die Franzosen. Sie waren alle am Tisch versammelt – Henri natürlich mit seinen Eltern, aber auch die Höflinge, die sie ausgelacht hatten. Schon stießen sich die ersten an, tuschelten und kicherten. Elin konnte Henris Gesicht zwischen den Spitzen der Schwanenflügel sehen. Heute wirkte er weniger lebhaft als sonst, sondern hatte etwas Düsteres, Melancholisches an sich. Elin war sehr wohl bewusst, dass der junge Adlige sie aus den Augenwi n keln genau beobachtete. Ein Diener legte ihr eine Eie r speise auf den Teller. Elin schnürte es die Kehle zu. In ihrer Panik sah sie sich unauffällig um – und fand M a dame Joulains Blick. Die Hofdame schenkte ihr ein flücht i ges Lächeln und zog die Brauen hoch. Mit einer unau f fälligen Geste deutete sie auf einen Löffel aus Perlmutt. Henri grinste verächtlich. Elin war den Tränen nah. Trotzdem lauschte sie den Gesprächen. Schwedische Sätze vermischten sich zuweilen mit französischen Phr a sen und Elin war sich nicht sicher, ob sie alles verstand. Dennoch erfuhr sie, dass der Mann mit dem h ageren, freundlichen Gesicht neben ihr Herr Frein s heim hieß und die königliche Bibliothek verwaltete. N e ben ihm saß der französische Botschafter Pierre-Hector Chanut. Bei M a gnus de la Gar die saß ein beleibter ju n ger Kriegsherr mit

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