Der Spiegel von Feuer und Eis
Fäusten geschlossen, angespannt … Sag, dass das nicht wahr ist! Sag es!
Schweigen begegnete ihrem Blick. In seinen Augen lohten Schatten – ein Lidschlag und sie waren verschwunden. Er schüttelte den Kopf. »Ich bin, was ich bin. Ob ich damit glücklich bin oder nicht, ist einerlei. Niemand kann es ändern.«
Langsam holte er Luft und stieß sie ebenso langsam wieder aus. »Und ich kann nichts dagegen tun, falls du ihr glaubst. – Sag ein Wort, und ich gehe, wenn du es so willst.«
Nein! – Aber wie soll ich wissen …?
Sie starrte ihn an, einen Atemzug, zwei, drei, vier, ohne einen Laut hervorzubringen. Offenbar war ihr Zögern Morgwen Antwort genug, denn er machte einen Schritt von ihr fort.
Nein! – Er hat mir das Leben gerettet!
Ein letztes Stocken, dann löste er seinen Blick aus ihrem und wandte sich ab. »Wie du willst, Flammenkatze.«
»Nein!« Ihre Hand schoss vor und legte sich im selben Moment auf seinen Arm, als er sich zwischen ihr und Gerdan hindurchschieben wollte. Verblüfft sah er sie an. Cassim schloss die Augen, grub die Finger fester in seine kalte Haut. Wie soll ich wissen, wem ich trauen kann. Jornas? Morgwen? Jetzt Gerdan? Ich weiß nichts über sie, nichts außer dem, was sie mir selbst sagen. Ich weiß nicht, ob sie mich belügen oder nicht. Warum sie die Dinge tun, die sie tun. – Aber ich weiß, dass Morgwen mir bisher keinen Grund gegeben hat, ihm nicht zu trauen. – Im Gegenteil: Er hat mir das Leben gerettet.
»Nein!«, wiederholte sie noch einmal, sehr viel bestimmter diesmal, und blickte auf. »Ich will, dass du bleibst!« Sie schaute zu Gerdan hin. »Ja, wir sind nach Jarlaith gekommen, um Kaylens Spiegelsplitter zu holen. Ja, ich will den Spiegel von Feuer und Eis wieder zusammensetzen. – Aber ich tue es nicht für die Eiskönigin.« Als ihr bewusst wurde, wie hart sie Morgwens Arm umklammerte, ließ sie ihn los, doch sie sah Gerdan weiter an. »Jornas dient dem Lord des Feuers. Er hat mich aus dem Kerker der Eiskönigin befreit, damit ich den Spiegel für seinen Herrn wieder zusammenfüge – so wie er ursprünglich einmal war. Genau das werde ich tun! – Morgwen hat mit dem Spiegel nichts zu tun. Er führt uns nur zum Weißen Avaën.« Sie holte tief Luft und streckte die Hand aus. »Bitte, Gerdan! Bitte helft uns, Prinz Kaylen die Spiegelsplitter zu stehlen.«
Deren dunkle Augen musterten sie mehrere Herzschläge unergründlich. Schließlich nickte sie langsam. »Wenn du lügst und im Dienst der Eiskönigin stehst, wird ihre Macht ins Unermessliche wachsen und ihre Kreaturen werden uns auch noch den letzten Rest Freiheit nehmen. – Aber wenn auch nur die kleinste Hoffnung besteht, dass du die Wahrheit sagst und Jarlaith irgendwann aus dem Eis befreit werden könnte, habe ich keine andere Wahl, als alles zu tun, was in meiner Macht steht, um dir zu helfen.« Ihre Augen wurden schmal. »Es soll mir gleich sein, in wessen Diensten du oder deine Begleiter stehen. Wenn ihr die Spiegelsplitter aus Jarlaith fortbringt, erlischt vielleicht auch die Macht, die sie über Kaylen haben. – Und ich will meinen Gemahl wieder an meiner Seite wissen.« Sie erhob sich und trat zur Luke hin. »Ich werde mit Ernan sprechen. Er war früher einer der Hauptleute der Palastgarde. Vielleicht kann er uns helfen.« Bei den Stufen hielt sie inne und wandte sich noch einmal zu ihnen um. »Ich werde Nesha bitten, jemanden zum Schwarzen Jern zu schicken, um heimlich eure Sachen zu holen. – Ihr bleibt hier unten! Niemand darf euch sehen!«
Schweigend wartete Cassim, bis Gerdan verschwunden war und die Luke sich geschlossen hatte. Dann drehte sie sich zu Morgwen um.
»Hat sie recht?«
Verständnislos sah er sie an. »Womit?«
»Dienst du der Eiskönigin?«
Für kaum mehr als die Dauer eines Wimpernschlags verengten seine Augen sich. Kopfschüttelnd machte er einen Schritt zurück, wandte sich ab und stemmte die Hände gegen die Einfassung der Feuerstelle. »Ich dachte, du vertraust mir.« Er sprach zu den aufzüngelnden Flammen. Funken tanzten vor ihm in der Hitze. Seine Stimme klang traurig.
»Das tue ich auch!«
»Nein! Denn dann würdest du mir diese Frage nicht stellen.«
Über die Schulter blickte er sie kurz an, dann ließ er den Kopf wieder zwischen die Arme sinken. »Ich diene ihr nicht. – Aber wahrscheinlich erwartest du einen Beweis dafür. Den kann ich dir nicht bieten.«
»Warum hast du uns geholfen?«
»Wäre es dir lieber gewesen, ich hätte einfach zugesehen
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