Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Spiegel von Feuer und Eis

Der Spiegel von Feuer und Eis

Titel: Der Spiegel von Feuer und Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Morrin Alex
Vom Netzwerk:
nickte er zu zwei Lehnsesseln hin, die beim Kamin standen, und goss Wein in kristallglitzernde Pokale, von denen er einen Ernan reichte.
    »Ihr habt mich rufen lassen, Herr?«
    »Ja. – Setz dich!« Jarlaiths Prinz ließ sich ihm gegenüber nieder. Einen Moment sah er in die Flammen, ehe sein Blick sich dem Hauptmann zuwandte. »Bedauerlicherweise ist die Adanahn in wenigen Stunden bereit abzulegen. Es gibt nichts mehr, was ich tun kann, um die Weiterreise unserer Gäste noch länger hinauszuzögern.«
    »Und Ihr habt noch keine Nachricht vom Lord des Feuers.«
    »Nein.« Kaylen nahm einen Schluck Wein. »Deshalb wirst du sie mit einigen deiner Männer begleiten. Sie dürfen den Avaën nicht erreichen, ehe ich Nachricht vom Lord des Feuers habe. Der Kapitän des Schiffes hat ebenfalls entsprechend Befehle erhalten.« Seine hellgrauen Augen glitzerten hart. »Wenn mein Plan nicht aufgeht, wirst du alles tun, um zu verhindern, dass Cassim den Spiegel für diesen Morgwen zusammensetzt.«
    Den Kopf leicht geneigt, blickte Ernan ihn aufmerksam an. »Alles, Herr?«
    Für die Dauer eines Herzschlags presste Kaylen die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen. »Alles!«, bestätigte er dann.

Teil III
    Der Zorn des Eisprinzen

    Den Kopf in den Nacken gelegt, genoss Cassim die Sonne auf ihrem Gesicht. Obwohl der Wind an Deck der Adanahn selbst durch ihre pelzgefütterten Kleider kalt hindurchstrich, hätte sie sich nicht für einen ganzen Sack Korn wieder in die enge, ihr zugewiesene Kammer zurückziehen mögen. Seit sie Jarlaith an Bord des kleinen Schiffes verlassen hatten und den Laith hinaufsegelten, hatte es pappige Flocken aus einem grau verhangenen Himmel geschneit. Die weiße Schicht hatte sich auf die Segel gelegt und sie schwer und nass von den Rahen hängen lassen, sodass sie nur langsam vorangekommen waren. Zudem hatte die Feuchtigkeit alles mit einer glitzernden Eisschicht überzogen. Jeder Schritt an Deck war gefährlich und unvermittelt konnte ein Regen aus Eissplittern auf die Planken prasseln. Umso willkommener waren ihr jetzt der blendend blaue Himmel über den Masten des Schiffes und die wärmenden goldenen Strahlen.
    Über ihr flappte ein Segel in den eisigen Böen, ein Tau knarrte, als unvermittelt Zug darauf kam, und sie blickte hastig dorthin, wo das Geräusch erklang. Gestern war eines der gedrehten und mit Pech bestrichenen Seile plötzlich gerissen und eine der Rahen war mitsamt dem Segel auf das Deck gekracht. Glücklicherweise war niemand verletzt worden, aber es hatte mehrere Stunden gedauert, bis der Schaden repariert war. Während dieser Zeit hatte die Adanahn wie ein gestrandeter Wal am Ufer des Laith geankert. Aber wer konnte schon ausschließen, dass beim nächsten Mal nicht doch jemand verletzt wurde. Als sich der beängstigende Laut nicht wiederholte, wandte Cassim sich wieder der Sonne zu. Hinter sich auf dem tiefer gelegenen
Hauptdeck konnte sie Ernans Männer lachen hören. Zuweilen glaubte sie sogar, das Klappern ihrer Würfel über dem Rauschen der Wellen und dem stetigen Gesang des Windes zu vernehmen. Kaylen hatte ihnen die Krieger zum Schutz vor den Firnwölfen mitgegeben, auch wenn Cassim bezweifelte, dass die Männer etwas gegen die weißen Bestien würden ausrichten können. Doch seit sie Jarlaith verlassen hatten, gab es keine Hinweise mehr darauf, dass sie verfolgt wurden. Insgeheim hoffte sie daher darauf, dass sie die Wolfsungeheuer und ihren Herrn erneut abgehängt hatten.
    Cassim ließ ihren Blick über die sanft ansteigenden Bergflanken gleiten, an die das Bett des Laith sich auf der einen Seite schmiegte. Auf der anderen wuchsen sie in einiger Entfernung aus den weiß bedeckten Talauen empor und vereinten sich zu einem Höhenzug. Auf seinen Hängen malten Sonnenstand und Wolken Muster aus allen Schattierungen von Blau und Gold. Über weite Strecken wurden sie von einem dunklen Bart aus Wäldern bedeckt, der sich manchmal sogar bis an den Fluss hinabzog. Und schon ein paar Mal hatte Cassim ganze Rudel grauweißer Maunhirsche an ihren Rändern stehen sehen.
    Wenn die Sonnenstrahlen ihn berührten, war der Bergkamm eine gleißende Linie aus Weiß, die sich mit der Abenddämmerung in ein Band aus Feuer verwandelte. – Feuer, das über seine Hänge abwärtsfloss und alles in Brand zu stecken schien, bis die Sonne hinter seinem Rand versank und die Nacht es löschte. Zuweilen schnitt ein schmales Tal in die schneeüberzogenen Felsen, dann mündete meist ein zugefrorener

Weitere Kostenlose Bücher