Der Spion der mich liebte
weiter zurück. Jetzt hoben sich ihre Gestalten von der viereckigen Öffnung meines Abstellplatzes ab, während sie wenige Meter von der Nordwand des Hauptgebäudes entfernt über das Gras trotteten. Gleich würden sie hinter der Ecke verschwinden, und damit war eine ideale Gelegenheit, sie zu fassen, verpaßt.
Da blieben sie wie angewurzelt stehen. James stand vor ihnen, die Pistole auf sie gerichtet Seine Stimme klang wie ein Peitschenknall über den Rasen. »Hier geht es nicht weiter! Drehen Sie sich um. Der erste, der seinen Fernsehapparat fallen läßt, wird erschossen.«
Langsam drehten sie sich um, so daß ich von meinem Schlupfwinkel aus ihre Gesichter sehen konnte. Und jetzt rief James mir zu: »Komm her, Viv! Ich brauche deine Hilfe!« Ich zog den schweren Revolver aus der Tasche meines Overalls und rannte rasch zu ihm. Als ich noch etwa zehn Meter von den Männern entfernt war, sagte James: »Bleib dort stehen, Viv. Ich sage dir, was du tun sollst.« Ich hielt an. Die beiden bösen Gesichter starrten mich an. Der Magere bleckte die Zähne und blinzelte nervös. Sluggsy stieß einen Schwall unflätiger Worte aus. Ich richtete meine Waffe auf den Fernsehapparat, der seinen Bauch verdeckte. »Halten Sie den Mund, sonst schieße ich!«
»Ausgerechnet du!« schrie Sluggsy höhnisch. »Du kriegst ja schon bei dem Knall einen Heidenschreck.« »Ruhe jetzt!« mischte sich James ein, »sonst jage ich Ihnen eine Kugel durch Ihren häßlichen Kopf. - Hör zu, Viv. Wir müssen den beiden ihre Waffen abnehmen. Geh um sie herum und bleibe hinter Horror stehen. Drücke ihm deinen Revolver in die Rippen und greife mit der freien Hand unter seine Achseln. Nicht angenehm, aber wir können es nicht ändern. Wenn du merkst, daß er dort eine Waffe trägt, dann sage es mir. Ich helfe dir dann weiter. Inzwischen halte ich den anderen in Schach. Wenn dieser Horror auch nur eine Bewegung macht, schießt du.«
Ich tat, was er mir gesagt hatte. Ich stellte mich hinter den Mageren und drückte den Revolver in seinen Rücken. Dann hob ich die linke Hand und schob sie vorsichtig unter seine rechte Achsel. Ein widerlicher schaler Geruch ging von ihm aus, und plötzlich packte mich der Ekel.
Ich weiß, daß meine Hand zitterte, und deshalb muß er auch beschlossen haben, alles auf eine Karte zu setzen. Er ließ blitzschnell den Fernsehapparat fallen, wirbelte herum wie eine Schlange, schlug mir die Waffe aus der Hand und preßte mich an sich.
James Bonds Pistole krachte, und ich spürte den Luftzug einer Kugel. Dann begann ich mich zu wehren wie ein wildes Tier, trat und kratzte und schlug um mich. Doch ebensogut hätte ich mit einer Statue aus Stein kämpfen können. Er drückte mich noch enger an sich, und ich hörte seine trockene Stimme. »Okay, Sie Schlauberger. Was wollen Sie jetzt machen? Wollen Sie die Kleine umbringen?«
Ich spürte, wie sich seine linke Hand von meinem Körper löste. Er versuchte, seine Waffe herauszuziehen, und ich begann wieder, um mich zu schlagen.
»Viv«, rief James Bond scharf. »Spreize die Beine!« Automatisch gehorchte ich, und wieder knallte ein Schuß aus seiner Pistole. Der Magere stieß einen Fluch aus und ließ mich los, doch gleichzeitig ertönte hinter mir splitterndes Krachen. Ich wirbelte herum. Sluggsy hatte den Fernsehapparat mit aller Wucht nach James Bond geworfen. Er war vor Bond gelandet und raubte ihm einen Augenblick das Gleichgewicht.
»Hau ab, Horror«, schrie Sluggsy. Im selben Augenblick jedoch ließ ich mich ins Gras fallen und packte meinen Revolver. Ich schoß auf Sluggsy. Aber dieser hatte sich blitzschnell geduckt und raste jetzt über den Rasen auf das Gästegebäude zu, gefolgt von dem Mageren. Ich drückte noch einmal ab, doch der Schuß ging zu hoch, und dann waren sie beide außer Reichweite. Sluggsy verschwand im Zimmer Nr. 1, das am rechten äußeren Ende des Gebäudes lag. Ich stand auf und rannte zu James Bond. Er kniete im Gras, die Hand am Kopf. Unmittelbar unter dem Haaransatz klaffte eine Wunde. Ich machte kehrt, rannte zum Hauptgebäude und schlug das nächstbeste Fenster mit dem Revolverkolben ein. Eine Hitzewelle wehte mir entgegen, aber keine Flammen, und unter dem Fenster, beinahe in Griffweite, stand der Tisch, an dem die Gangster vor ein paar Stunden gesessen hatten, und darauf, inmitten rauchender Überreste des Daches, die Hausapotheke. James Bond rief mir irgend etwas nach, doch ich war bereits im Inneren. Ich hielt den Atem an, packte die
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