Der Spion und die Lady
an.
Unterdessen begann Maxie ruhig und freundlich in ihrer Muttersprache auf die Hunde einzureden.
Zunächst knurrten sie noch, aber dann wedelte das größere Tier mit dem Schwanz und seine Ohren stellten sich auf. Maxie streckte eine Hand aus und nannte ihren indianischen Namen: Kanawiosta. Die Dogge trat einen Schritt näher, beschnupperte die Hand und begann sie zu belecken.
Lächelnd kraulte sie den Hund hinter den Ohren.
Er belohnte sie mit einem kleinen, zufriedenen Schnaufen. Die andere Dogge ließ ein neidisches Jaulen hören, drängte sich vor und verlangte ähnliche Aufmerksamkeit.
Der Bauer stimmte gerade ein Klagelied über nutzloses, diebisches Gesindel, das seine Tage unnötig erschwerte, brach aber ab, als seine Doggen Maxie eifersüchtig umdrängten und sie dabei fast zu Boden warfen. »Was zum Teufel…?«
»Meine Frau kann sehr gut mit Tieren umgehen«, erklärte Robin recht überflüssig.
»Das kann man wohl sagen«, knurrte der Bauer wider Willen beeindruckt. »Jeder einzelne von ihnen! wiegt mehr als sie. Eure Frau, sagt Ihr? Wo ist ihr Ehering?«
Verblüfft nahm Maxie die Veränderung wahr, die mit Robin vor sich gegangen war. Normalerweise wirkte er wie ein verwahrloster Aristokrat, doch nun war von seiner nachlässigen Eleganz nichts mehr zu spüren. Jetzt war er ein Mann von bescheidener Herkunft, den das Schicksal arg gebeutelt hatte.
Sie starrte ihn an und nahm sich fest vor, ihm nie auch nur ein Wort zu glauben. Bei seinen schauspielerischen Talenten würde man vermutlich nie wissen können, ob er die Wahrheit sprach.
»Mußte ihren Ring verkaufen«, sagte Robin bekümmert. »Die Zeiten sind hart, jetzt, da der Krieg vorüber! ist. Wir sind auf dem Weg nach London, wo ich hoffe, eine Arbeit zu bekommen.«
»Ihr seid Soldat gewesen?« fragte der Bauer.
»Mein Sohn diente bei der Zweiundvierzigsten zu Fuß.«
Robin nickte ernst. »Eins der hervorragendsten Regimenter der ganzen Armee. War selbst auf der Halbinsel. Hatte das Glück, Sir John Moore kennenzulernen, wenige Monate bevor er bei Corunna fiel.«
Die dünnen Lippen des Bauern bewegten sich einen Moment lang wortlos. »Mein Junge fiel bei Vittoria. Er sagte immer, Moore sei der beste von allen gewesen, wahrhaft unersetzlich.« Seine Feindseligkeit war verschwunden.
»Der Tod des Generals war ein tragischer Verlust«, stimmte Robin zu.
Der Bauer nahm die Kappe ab und fuhr sich durch die schütteren Haare. »Mein Name ist Harrison«, grummelte er. »Ihr habt einen langen Weg vor Euch. Falls Ihr hungrig seid, könnte ich Euch einen Happen geben, bevor Ihr weiterzieht.«
Eine kurze Wanderung brachte sie zum Bauernhaus, und ein einziges Lächeln von Robin bewirkte die Bäuerin zu hingerissenem Entzücken.
Bei einem üppigen Frühstück aus Eiern, Würstchen, frischen Muffins, Erdbeerkonfitüre und Tee redete er über den Krieg auf der Iberischen Halbinsel und das Soldatenleben. Er hörte sich sehr überzeugend an. Hätte es Maxie nicht besser gewußt, hätte sie ihm jedes Wort geglaubt. Er krönte seinen Auftritt damit, daß er Mrs.
Harrisons Kaminuhr reparierte, die schon seit Jahren nicht mehr gegangen war.
Maxie sah sich im Zentrum mütterlicher Aufmerksamkeit, hörte schauerliche Geschichten über die Qualen einer Geburt, »besonders für ein so kleines, schmächtiges Ding« wie sie, und wurde mit einer Extraportion Verpflegung sowie dem Rat auf den Weg geschickt, wegen des Kindes gut auf sich zu achten. Mrs. Harrison winkte den Reisenden nach, und die beiden Doggen begleiteten sie bis zur Grenze des Besitzes ihres Herrn und blieben nur höchst unwillig zurück.
»Schämen Sie sich eigentlich jemals über sich selbst, Lord Robert?« erkundigte sich Maxie eisig, als sie außer Hörweite waren.
»Warum sollte ich mich denn schämen?«
erkundigte er sich unschuldig.
Sie funkelte ihn empört an. »Sie haben absolut keinen Respekt vor der Wahrheit.«
»Im Gegenteil. Ich schätze die Wahrheit sogar außerordentlich. Deshalb bediene ich mich ihrer mit äußerster Vorsicht.«
»Robin!« sagte sie gefährlich leise.
»Unsere Gastgeber haben die Befriedigung, etwas Gutes getan zu haben, wir haben ausgezeichnet gefrühstückt, die Hunde haben eine Freundin gefunden, und Mistress’ Harrisons Uhr geht wieder. Wo liegt das Problem?«
»Aber so viele Lügen«, wandte Maxie ein.
»So viele waren das gar nicht. Ich habe eine gewisse Zeit auf der Iberischen Halbinsel verbracht und bin Sir John Moore begegnet. Ich habe mit
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