Der Spion und die Lady
keinem Wort behauptet, einer seiner Soldaten oder gut befreundet mit ihm gewesen zu sein.« Seine Miene wurde besorgt. »Ich weiß, warum Sie so empfindlich sind. Das hängt mit Ihrem Zustand zusammen.«
»Sie… Sie unmöglicher Mensch!« rief sie, hin- und hergerissen zwischen Verärgerung und Lachen.
»Wie konnten Sie ihm vormachen, ich wäre Ihre schwangere Frau?«
Er betrachtete sie nachdenklich. »Falls Sie Einwände dagegen haben, daß es nicht stimmt, können wir das sehr schnell ändern, zumindest zum Teil.«
Maxie schnaufte verächtlich. »Ich habe weiß Gott schon viele unsittliche Angebote erhalten, aber das eben war wohl das absurdeste. Selbst wenn ich Interesse hätte – was ich nicht habe –, wäre es schwachsinnig, ausgerechnet auf einer Wanderung quer durch England schwanger zu werden.«
»Ich dachte eher an den anderen Teil. Wir müßten nach Norden, nach Gretna Green. Allzu weit sind wir nicht von Doctor’s Commons entfernt, um eine Sondererlaubnis zu erwirken.«
Selbst eine Amerikanerin wußte, daß das Heirat bedeutete. »Ihre Spaße werden immer ärgerlicher, Lord Robert«, entgegnete Maxie spitz.
»Es geschähe Ihnen ganz recht, wenn ich Ihr Angebot akzeptieren und Sie für den Rest Ihres Lebens an mich binden würde.«
»Ich kann mir Schlimmeres vorstellen.«
Sie blieb wie angewurzelt stehen und sah ihn an.
»Warum sagen Sie so etwas, Robin?« fragte sie leise.
»Keine Ahnung«, erwiderte er mit trübsinniger Aufrichtigkeit. »Aber es scheint mir kein schlechter Vorschlag zu sein.«
Das letzte, was Maxie brauchte, war ein charmanter Halunke. Dennoch stellte sie schockiert fest, daß die Vorstellung nicht ohne Reiz war. Robin mochte in Wort und Tat zwar mehr als unzuverlässig sein, aber er war auch liebenswürdig, amüsant und so gutaussehend, daß sie sich von ihm angezogen fühlte wie eine Motte vom Licht.
Dennoch blieb er ein Halunke. Falls sie je heiratete, würde sie sich einen Mann erwählen, der ihr ein Dach über dem Kopf bieten konnte. Sie löste sich von seinem beunruhigenden Blick und lief weiter. »Ich nehme an, daß Sie überall in Europa bereits drei oder vier Ehefrauen haben, so daß eine weitere keine größere Belastung wäre.
Aber bedauerlicherweise verabscheue ich Ansammlungen, daher verzichte ich dankend auf die Ehre.«
»Es gibt keine anderen Ehefrauen. Wie Sie bemerken konnten, bin ich nicht sehr erfahren in Heiratsanträgen. Das einzige Mal, als ich einen machte…« Er verstummte abrupt.
Als er stumm blieb, hakte sie nach: »Was geschah?«
»Die Lady hat selbstverständlich abgelehnt. Eine sehr kluge Frau. Ihnen nicht unähnlich.« Er lächelte. »Ich bin mir nicht sicher, ob ich eine Frau heiraten möchte, die so unklug ist, mich zu nehmen.«
Er war wieder der alte Spaßmacher, obwohl Maxie annahm, daß sich hinter seinen Worten irgendeine schmerzliche Wahrheit verbarg. Kopfschüttelnd lief Maxie weiter. Sie konnten vielleicht Freunde werden, aber sie würde ihn wohl nie wirklich begreifen.
Die Fährte von Lord Collingwoods Nichte zu verfolgen, war keine große Affäre für einen Mann von Simmons’ Fähigkeiten. Da das Vögelchen nicht wußte, daß es verfolgt wurde, war sie eine Straße hinuntergelaufen wie eine Gans, die nur darauf wartete, gerupft zu werden.
Anfangs war es dennoch gar nicht so leicht gewesen, denn nur wenige erinnerten sich an einen kleinen Burschen mit einem großen Hut.
Leichter wurde es, als sich das Frauenzimmer mit einem blonden Kerl zusammentat. An ihn erinnerten sich alle Frauen entlang ihrer Route ausnahmslos.
Mit hämischen Vergnügen fragte sich Simmons, was Collingwoood wohl zu der Nachricht sagen würde, daß seine Nichte eine kleine Hure war.
Vielleicht würde es Seiner Lordschaft nichts ausmachen. Er wollte vor allem verhindern, daß sie London erreichte, wo sie die Wahrheit über ihren Vater herausfinden könnte. Und Simmons konnte es Collingwood nicht übelnehmen, daß er gerade die mit allen Mitteln verbergen wollte.
Obwohl er seine Beute einmal aus den Augen verlor, als sie südlich von Sheffield querfeldein von einer Straße auf eine andere wechselten, nahm er ihre Spur bald wieder auf. Jetzt waren sie nur noch wenige Stunden vor ihm. Sehr wahrscheinlich hatten das Mädchen und sein Begleiter Unterschlupf in irgendeiner Scheune oder einem Lager im Umkreis von ein oder zwei Meter gefunden. Mit ein wenig Glück würde er sie noch heute nacht aufspüren.
Er lachte rauh auf. Das Vögelchen war bestimmt
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