Der Spion und die Lady
Bewußtlosigkeit.
Maxie ließ die Pistole sinken. »Das ist ein sehr beeindruckender Trick«, meinte sie mit leicht unsicherer Stimme. »Könnten Sie mir den beibringen?«
»Auf gar keinen Fall. Er ist sehr gefährlich, weil es den Tod oder dauerhaften Schaden verursachen kann, wenn man zu lange zudrückt.« Robin rollte Simmons auf den Rücken und band dem Mann mit dessen Halstuch die Hände zusammen. »Ganz zu schweigen von der Möglichkeit, daß Sie ihn beim nächsten Mal an mir ausprobieren könnten, wenn ich etwas tue, was Sie reizt.«
»Wahrscheinlich sehr klug von Ihnen«, stimmte Maxie zu. »Wenn ich die Beherrschung verliere, kann ich für nichts garantieren.«
»Das habe ich bemerkt«, erwiderte Robin trocken.
»Wollten Sie ihn töten?«
»Nein, auch wenn es mir in den Fingern juckte.«
Sie holte ihre Stiefel und zog sie sich an. »Ich habe auf seinen Arm gezielt, um ihn durch einen Streifschuß von seinen Absichten abzubringen.«
Mit zitternden Händen warf sie Erde aufs Feuer.
»Ich glaube wir sind beide der Meinung, daß wir von hier so schnell wie möglich verschwinden sollten.«
Der Marquis von Wolverhampton überlegte gerade mürrisch, daß er in Blyth eine Rast hätte einlegen sollen, als seine Kutsche plötzlich zum Stehen kam. Er blickte aus dem Fenster und bemerkte, daß sein Kutscher mit einem vierschrötigen, ziemlich ramponierten Mann sprach, der neben ihnen auf der Straße dahintrottete.
Giles stieg aus. »Ist Ihnen irgend etwas zugestoßen?«
»Ich wurde überfallen und beraubt«, knurrte der Mann finster. »Außerdem wurde mir mein Pferd gestohlen.« Nach einem Blick auf die Krone auf der Kutsche fügte er bemüht höflich hinzu:
»Könnten Eure Lordschaft mich vielleicht bis zur nächsten Ortschaft mitnehmen?«
»Selbstverständlich.« Giles ließ dem Unbekannten den Vortritt, stieg selbst wieder ein und dachte darüber nach, daß die Straßen noch wesentlich unsicherer waren als er angenommen hatte. Er entzündete die Kutschenlampe und zog eine Taschenflasche Brandy hervor. »Sie haben sich da aber ein hübsch blaues Auge eingehandelt«, stellte er beiläufig fest und goß seinem Gast einen großzügigen Schluck ein.
»Ist nicht das erste.«
Giles beäugte die kräftige Statur des Mannes.
»Das möchte ich glauben. Sie sind Boxer, oder irre ich mich?«
»War einer. Ich heiße Ned Simmons, habe aber unter dem Namen Cockney Killer im Ring gestanden.« Angenehm von dem Interesse berührt, das er erregte, goß er sich den Brandy hinter die Binde. »Habt Ihr je einen meiner Kämpfe gesehen?«
»Ich bedauere, mit dem Boxen nicht allzu vertraut zu sein, aber ein Freund von mir hat auf Sie einmal ein hübsches Sümmchen gesetzt und gewonnen.« Giles forschte in seinem Gedächtnis.
»Als Sie Game Chicken in neunzehn Runden geschlagen haben, glaube ich.«
»In einundzwanzig Runden. Aye, das war die beste Prügelei meines Lebens.«
»Dann muß es ja einer ganzen Anzahl von Männern bedurft haben, Sie heute in die Knie zu zwingen.«
Diese Bemerkung erwies sich als Fehler. Simmons brach in eine Flut von Flüchen und Ausflüchten aus, die alle darauf hinausliefen, daß er gegen alle Gesetze eines anständigen Faustkampfes höchst unfair geschlagen worden war. Giles hörte nur bedingt aufmerksam zu, bis die Worte
»strohblonder eleganter Fatzke« sein Interesse erregten.
»Dieser blonde Mann muß aber ein immens kräftiger Bursche gewesen sein«, stellte Giles betont beiläufig fest.
Simmons zögerte offensichtlich, eine für ihn wenig schmeichelhafte Wahrheit einzugestehen. »Eher ein mickriger Zwerg, hat aber geredet wie ein Buch«, räumte er dann unwillig ein. »Hätte nie geglaubt, daß er so kämpfen kann. Aber er hätte mich nie zu Boden schicken können, wenn er mich nicht von hinten überfallen und das Frauenzimmer die Pistole auf mich gerichtet hätte.«
Giles unterdrückte ein Lächeln. Robin und die behütete Unschuld waren also vor kurzem hier entlang gekommen. Und es hörte sich ganz so an, als hätte die letztere eine eindeutige Ähnlichkeit mit ihrer Tante. »Warum haben die beiden Sie denn überfallen?«
Simmons Gesicht wurde verschlossen wie eine Auster. »Mehr kann ich nicht sagen. Streng vertraulich.«
Giles überlegte gerade, ob er den Mann mit Geld zu weiteren Informationen überreden sollte, als draußen ein Pferd wieherte.
Simmons blickte aus dem Fenster. »Das ist mein Pferd! Der verdammte Bastard konnte vermutlich nicht richtig reiten. Kann nur
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