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Der Spitzenkandidat - Roman

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Titel: Der Spitzenkandidat - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Braumüller <Wien>
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der Herr Oppositionsführer.“
    Nun bekam der politische Gegner sein Fett ab, Albi war noch ziemlich in Fahrt und zerriss den künftigen Verlierer der Wahl in der Luft. Zuletzt ruhte sein Blick wohlwollend auf Wagner.
    „Sie sind die nächste Generation, Wagner. Die Wahl gewinne ich auch für Leute wie Sie. Aus Ihnen kann was werden, vielleicht mein Nachfolger. Wie würde Ihnen das gefallen?“
    Bernd Wagner bekam einen Schreck. An politischer Macht war er nicht interessiert, ihn interessierte ein krisensicherer Job mit einem krisensicheren Gehalt. Er sehnte sich nicht nach einer Karriere in der Politik. Zu viel Arbeit, zu viele Termine, zu viel Verstellung, zu viele Intrigen.
    Er überredete Bitter, ein weiteres Plakatmotiv auszuwählen: lockerer, weniger staatstragend. In drei Tagen würden die Plakate mit Uwe Stein im ganzen Land ersetzt sein.
    Danach sprachen sie über das Programm der nächsten Tage. Albi forderte mehr Fernsehauftritte, er wollte in alle Talkshows, in denen Stein gesessen hatte oder für die er fest gebucht war. Wagner riskierte es nicht, ihn darauf hinzuweisen, dass die Medien sich für aufstrebende Politiker interessierten, aber nicht für Notlösungen. Für Talkshows sah er schwarz, der Unterhaltungswert von Albi war überschaubar. Es sei denn, er würde anfangen, Witze zu erzählen. Darin war er unschlagbar. Aber dazu war die Lage zu ernst.
    Der Vorstand hatte natürlich auch über den Mord und den Mörder gesprochen. Auch dort war man auf Mutmaßungen angewiesen. Letztlich hatte man sich auf kriminelle Gewalttäter, Menschen, die aus Jux und Tollerei andere umlegten, geeinigt. Es passte am besten in die politische Linie der Partei. Gleich nach der gewonnenen Wahl werde man schärfere Strafgesetze auf den Weg bringen, der Innenminister fordere die seit Langem. Wenn der nervige Koalitionspartner nicht wäre, wäre alles längst unter Dach und Fach.
    Dann begann Bitter, Wagner auszuhorchen. Dessen heißer Draht zu Journalisten war ja bekannt. Aber auch die Medien tappten im Dunklen. Das „Hamburger Wochenblatt“ hatte ein Rechercheteam auf den Fall angesetzt. Dem Politiker gefiel das nicht. Das „Hamburger Wochenblatt“ nahm auf der schwarzen Liste verhasster Medien der Partei einen vorderen Platz ein, nur noch getoppt vom Politikmagazin „Die kritische Stimme“.
    Plötzlich sagte Bitter: „Manchmal frage ich mich, ob Stein in kriminelle Machenschaften verwickelt war. Er hat ja auf ziemlich großem Fuß gelebt und nach allem, was wir wissen, stammte er aus bescheidenen Verhältnissen.“
    Bitter zeigte sich gut informiert. Seitdem Stein als Spitzenkandidat durch die Lande tingelte, hatte Stein keine Einkünfte gehabt, bis auf die überschaubare Aufwandsentschädigung. Zwar hatte er davor in einer der bekanntesten örtlichen Kanzleien gearbeitet, aber die längste Zeit als Angestellter.
    „Haben Sie nähere Erkenntnisse?“, fragte Wagner vorsichtig. Er schreckte instinktiv davor zurück, anderen Menschen illegale Aktivitäten zu unterstellen. Aber Stein hatte umgekehrt keine Skrupel gehabt, in den Dateien und der Hauspost von Kollegen herumzuschnüffeln, das war kein feiner Zug gewesen. Mit der Moral hatte er es nicht so genau gehalten. Aber kriminelle Machenschaften? Das war eine andere Hausnummer.
    Bitter bestritt, Genaueres zu wissen, verhehlte aber nicht seine Besorgnis: „Beten Sie, dass es nicht so ist. Unser Spitzenkandidat ein Krimineller – das würde an uns hängen bleiben und uns schwer treffen. Wenn schon etwas in der Richtung herauskommen sollte, dann am Tag nach der Wahl.“
    „Unser Innenminister wird wissen, was von ihm erwartet wird“, sagte Wagner.
    „Ihr Wort in Gottes Ohr. Ich persönlich kann gut mit Krause, ein anständiger Kerl, als oberster Polizist im Land ist er okay. Aber politisches Gespür? Na ja, da habe ich so meine Zweifel, Wagner. Ich werde ihn aber trotzdem im Amt behalten. Ich weiß im Moment keinen besseren. Und zumindest ist er loyal, was ich leider nicht von allen sagen kann.“
    Bitter ließ seinen Gedanken freien Lauf. „Am besten für uns wäre es, wenn der Mord eine Zufallstat war. Und wenn nicht, dann eine abgelegte Geliebte oder eine Stalkerin. Damit können wir leben.“
    Die Tür wurde aufgerissen, ein zufriedener Wächter tauchte auf.
    „Ich habe die meisten Kreisvorsitzenden erreicht, zwei sind im Urlaub. Sie schlucken die Entscheidung des Vorstandes. Nicht alle tanzen vor Begeisterung auf den Tischen, aber sie werden sich

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