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Der Spitzenkandidat - Roman

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Titel: Der Spitzenkandidat - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Braumüller <Wien>
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interessante Projekte zur Qualitätssicherung im Unterricht. Daran denkt man ja immer zuletzt: dass es sich um ein normales Staatswesen mit Infrastruktur handelt, in dem normale Menschen mit normalen Bedürfnissen wohnen. Ich würde wahrscheinlich nicht auffallen. Im Gegenteil: Die dortige Regierung wäre sogar begeistert, dass wir ihre Schulpolitik für vorbildlich halten. Man weiß ja, wie leicht sich die kleinen Nachbarn von der deutschen Größe erdrückt fühlen. Allerdings vereinbart man solche Termine einige Monate im Voraus.“
    Sie hatte sich in Fahrt geredet, um die Absurdität des Vorhabens darzulegen. Herausgekommen war ein überzeugendes Besuchsprogramm einer engagierten Schulpolitikerin.
    „Behaupten Sie doch, Sie hätten gerade in der Gegend zu tun. Deuten Sie an, dass Sie gleich nach der Wahl einen Coup im Bildungssektor planen. Und nun müsse alles hoppla-hopp gehen, weil durch den Tod des Spitzenkandidaten alles in Aufregung sei. Das wird jeder verstehen.“
    „Heute ist Freitag. Vor Dienstag wird das mit der Reise nichts.“
    „Das wäre noch im Rahmen. Oleg hat mir bis Mittwoch Zeit gegeben.“
    Marion trank das Wasser aus und probierte einen der Kekse. Er schmeckte ihr nicht. In ihr arbeitete es. Vielleicht war es doch nicht so verrückt, wie es sich zunächst angehört hatte.
    „Ich müsste Dienstagabend zurückfahren. Das sind 2000 Kilometer in zwei Tagen. Etwas aufwendiger als mal eben in den Deister oder Harz zu fahren. Aber wir haben einen riesigen Vorteil: Wir wissen aus Uwes Schreiben, wie der Ganove heißt. Das weiß der aber nicht. Daraus lässt sich was machen.“
    Isabel Steins Enthusiasmus der letzten Minuten kühlte schlagartig ab: „Sie wollen doch nicht etwa das Innenministerium einschalten? Dann erfährt es die Polizei. Das will ich auf keinen Fall.“
    Nachdenklich zupfte Marion an ihrer Bluse: „An die Polizei habe ich nicht gedacht. Ich denke an jemanden, mit dem ich befreundet war. Er würde niemals die Polizei einschalten. Eines muss zwischen uns klar sein, Frau Stein: Wenn ich Ihnen helfe, dann zu meinen Bedingungen.“ Marion erhob sich und sagte: „Ich versuche jetzt gleich, einen Termin in Vaduz zu vereinbaren. Außerdem werde ich einen Dienstreiseantrag als Vorsitzende des Kulturausschusses einreichen, das läuft über die Landtagsverwaltung.“
    „Lassen Sie das lieber. Dann wissen noch mehr Leute darüber Bescheid. Die Reisekosten übernehme ich. Und natürlich alle anderen Kosten, die Ihnen entstehen. Ich zahle Ihnen auch ein Honorar.“
    Marion widersprach. Es solle alles ganz normal aussehen, deshalb der Reiseantrag über die Landtagsverwaltung.
    Sie reichte Marion eine Vollmacht, sie hatte an alles gedacht. Kühle Planung oder naives Zutrauen in die Hilfsbereitschaft ihrer Mitmenschen?
    An der Haustür schüttelten sie sich die Hand. Isabel Stein überraschte ihre Besucherin mit einer Umarmung. Sie schien selbst über ihren spontanen Impuls erschrocken zu sein und wirkte verlegen wie ein Mädchen. Auf einmal duzten sie sich. Lächelnd nahmen sie Abschied. Marion ließ eine erleichterte Frau zurück.
    Marion selbst war keineswegs glücklich. Jeder Schritt, mit dem sie sich vom Haus entfernte, ließ ihren Ärger wachsen. Das war doch völlig verrückt, das war doch alles nicht durchdacht.
    Aber es war auch reizvoll. Es war spannend und aufregend. Und deshalb fühlte sich Marion herausgefordert. Tagelang war alles grau gewesen, jetzt hatte sie eine Aufgabe. Sie konnte einer verängstigten Mutter helfen. Das war das edle Motiv, mit dem sie ihr Gewissen beruhigte. Aber das war es nicht allein. 1,2 Millionen, von denen außer Isabel und diesem kriminellen Russen niemand etwas wusste. Uwe musste gute Gründe gehabt haben, das Geld bei einer Bank in Vaduz zu bunkern. In seinem Brief hatte er darüber nichts geschrieben, nur dass das Geld dort lag und für seine Familie bestimmt sei, falls ihm etwas zustoßen sollte. Hatte er geahnt, dass ihm jemand nach dem Leben trachtete? Dieser Subkow womöglich? Und ausgerechnet dem wollte seine Witwe das Geld auf dem goldenen Tablett überreichen.
    In ihrer Wohnung machte sich Marion einen doppelten Espresso und danach noch einen. Sie brauchte einen wachen Kopf. Schritt für Schritt entwickelte sie den Plan für die nächsten Stunden. Termin mit Vaduz, Reiseantrag bei der Landtagsverwaltung, ein Hotelzimmer reservieren, das Schließfach des Bankhauses Vaduz aufsuchen. Uwe hatte seiner Frau detailliert aufgeschrieben, was zu

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