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Der Stalker

Der Stalker

Titel: Der Stalker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Carver
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weißem Pulver zu sehen. Möbel und andere Gegenstände waren verschoben und nicht an ihren alten Platz zurückgestellt worden. Die zugezogenen Vorhänge ließen das Zimmer eng und dumpf wirken.
    »Schauen Sie im Regal nach«, sagte Phil. »Vielleicht finden Sie einen Terminkalender oder so was in der Art. Ein Fotoalbum, irgendwas.«
    »Das haben wir schon gemacht«, sagte Rose.
    »Ich weiß. Aber Sie haben nach einer Vermissten gesucht. Ich suche nach einem Mörder. Und machen Sie die Vorhänge auf, damit ein bisschen Licht reinkommt.«
    Phil verschwand in der Küche. Sie war sauber und aufgeräumt. Nur ein Becher mit einem angetrockneten Rest Kaffee stand neben der Spüle. Er warf einen Blick in die Spülmaschine: ein paar schmutzige Teller.
    Dann nahm er sich die übrigen Zimmer vor. Es war schwer zu sagen, wer für die Unordnung verantwortlich war, Julie Miller oder die Polizei. Das Bett war nicht gemacht, Unterwäsche und Jeans lagen in einem Haufen auf dem Boden. Daneben ein Paar Sneaker, die aussahen, als hätte sie sich jemand achtlos von den Füßen gestreift und einfach liegen lassen. Schubladen standen offen, ihr Inhalt quoll über den Rand.
    Phil musterte den Nachtschrank. Dort lag ein Roman von Jodi Picoult, das Lesezeichen steckte ungefähr bei einem Drittel. Er öffnete die Tür des Nachtschränkchens. Weitere Bücher, ein paar Streifen Antibabypillen. Sonst nichts.
    Er ging in die Hocke und schaute unter dem Bett nach. Im Licht, das vom Fenster kam, zeichnete sich ein Gegenstand ab. Er streckte den Arm aus und zog ihn hervor. Ein Laptop mit einer dünnen Staubschicht. Phil klappte ihn auf und schaltete ihn ein.
    »Sie haben das hier übersehen!«, rief er.
    Rose Martin kam ins Schlafzimmer und stutzte, als sie sah, was Phil auf den Knien hatte. »Wo haben Sie denn das gefunden?«
    »Unter dem Bett. Gut sichtbar, übrigens.«
    Rose nickte mit verkniffener Miene. »Wie gesagt, wir haben nach einer Vermissten gesucht. Wer auch immer sich das Zimmer vorgenommen hat, muss wohl gedacht haben, dass sie sich höchstwahrscheinlich nicht unter dem Bett versteckt.«
    Phil hatte den Blick auf den Computerbildschirm gerichtet und reagierte nicht auf ihre Spitze. Hoffentlich war der Rechner nicht passwortgeschützt.
    Er war es nicht. Der Bildschirmhintergrund baute sich auf, ein zotteliger Hund, dem die Zunge aus dem Maul hing.
    »Was ist mit dem Freund?«
    »Sauber. Und glauben Sie mir, wir haben ihn gründlich durchleuchtet.«
    Phils Finger glitten unschlüssig über die Tastatur. Er suchte nach etwas, was ihm Aufschluss über Julie Millers Leben würde geben können. Schließlich loggte er sich ins WLAN-Netzwerk ein und rief Facebook auf. Julie Millers Profil erschien auf dem Bildschirm. Oben links war das Foto einer dunkelhaarigen Frau Mitte zwanzig zu sehen. Sie lag auf einem Bett und lächelte, eine Hand im Haar, schüchtern in die Kamera. Ihr Mund war halb geöffnet, als hätte sie dem Fotografen gerade etwas gesagt. Das Motiv wirkte unschuldig und intim zugleich.
    »Ist sie das?«
    Rose setzte sich neben ihm aufs Bett. »Den anderen Fotos nach zu urteilen, die ich von ihr gesehen habe, ja. Und, was meinen Sie – ist es dieselbe wie unten?«
    Phil versuchte, das freundliche Gesicht mit der Leiche vom Boot in Einklang zu bringen. Es war geradezu bedrückend einfach. »Ich … es sieht ganz so aus.« Er betrachtete weiter nachdenklich das Foto. »Warum hat sie ausgerechnet das Foto eingestellt? Von allen Bildern, die sie hatte, warum ausgerechnet das hier?«
    Auch Rose betrachtete es eingehender. »Weil es gut getroffen ist. Es schmeichelt ihr … Vielleicht hat es auch ihrem Freund gefallen.«
    »Vielleicht.«
    Er seufzte und klickte sich durch ihr Facebook-Profil. Sie arbeitete im Colchester General Hospital, zur Schule gegangen war sie in Stanway, dann hatte sie die University of Essex in Colchester besucht. Sie war nicht weit von zu Hause weggezogen.
    Sie hatte nicht gerade eine Unmenge Freunde, was die Polizisten, die sie würden vernehmen müssen, sicher gern hören würden, aber es waren genug. Er begann sie durchzusehen, kam aber nicht weit.
    »Phil?«
    Er hatte nicht bemerkt, dass Rose aufgestanden und hinausgegangen war. Ihre Stimme kam aus dem Wohnzimmer. Er folgte ihr. Sie stand am Fenster und blickte durch einen Schlitz in den Vorhängen nach draußen.
    »Ich hatte recht«, meinte sie. »Sehen Sie.«
    Phil folgte ihrem Blick. Unter ihnen lag der Colne. Und das Feuerschiff.
    Er sah sie an.

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