Der Staubozean
unter, aber nur eine Sekunde lang. Das spezifische Gewicht des Staubes war höher als das von Wasser, und wir schwammen wie Korken auf der Oberfläche. Ich packte Dalusas staubverklebtes Haar und bewegte mich auf den Raum zwischen dem Mittel- und dem Backbordrumpf der Lunglance zu.
Ich versuchte, Atem zu holen und fing zu würgen an. Staub hatte die Filter meiner Maske völlig verstopft. Mit enormer Anstrengung stellte ich meine hektischen Versuche einzuatmen ein und atmete heftig aus. Meine Ohren sausten, aber die Filter wurden wieder frei.
Dalusa würgte röchelnd und krallte ihre scharfen roten Fingernägel in die Maske. Als ich mit dem Hinterkopf gegen den Mittelrumpf schlug, hob ich mich aus dem Staub und stieß ihr meine geballte Faust fest in den Solarplexus. Aus der Öffnung ihres Maskenfilters spritzte Staub heraus, und sie sog keuchend den Atem ein.
Zuckend warf sie ihre Arme um meinen Hals, Staub knirschte über meine Haut. Ich war mit dem mehligen Stoff völlig bedeckt; zäh klebte er an der dünnen Schicht aus Schweiß und Fett auf meiner Haut. Daß Dalusa sich jetzt infizierte, war unmöglich.
Der Wind steigerte sich zum Heulen, der Himmel verfinsterte sich gänzlich. Unterhalb der Lunglance war es pechschwarz. Dalusas lange Arme besaßen eine erregende, panische Kraft; es war offensichtlich, daß sie nicht die mindeste Ahnung davon hatte, wie man schwamm. Ich versuchte, ihr besänftigend auf die Schulter zu klopfen, aber ihre Schwingen waren im Weg. Schließlich griff ich unbeholfen über ihre Arme - ein schwieriges Unterfangen, da ihre samtenen, aber zähen Flügel mich fast vollständig umhüllten - und gab ihr einen Klaps zwischen die Schulterblätter. Ihr Griff lockerte sich minimal.
Allmählich wurde die Lunglance vom Wind langsam durch den Staub geschoben. Das war schlecht. Falls das Schiff Bug oder Heck in den Wind drehte, würde der Sturm zwischen die Rümpfe fahren und uns umbringen.
Ich hörte auf, Staub zu treten und stieß mich zweimal schwerfällig mit den Füßen ab, um in Rückenlage zu kommen. Ich klammerte beide Füße an den Mittelrumpf und hielt Dalusa fast völlig aus dem Staub heraus. Sie ließ meinen Hals los und lag ruhig in voller Länge auf mir. Die Tragfähigkeit des Staubs reichte aus, den runden Atemfilter meiner Maske in der Luft zu halten, aber der Rest meines Kopfs wurde vom Staub überspült. Der größte Teil von Dalusas Gewicht war in ihren kräftigen Flugmuskeln konzentriert.
Kratzend glitt sie an meinem Rumpf hinab und legte ihre maskierte Wange auf meine Brust. Etwas von Dalusas Körperwärme strömte allmählich durch die Staubschicht, die uns trennte. Wenn ich an den Stellen, an denen wir uns berührten, zu schwitzen anfing, würde sie sich einen heftigen Hautausschlag zuziehen. Ich atmete kräftig aus und sank ein wenig tiefer, so daß frischer, kühler Staub an mir haften blieb.
Als sie spürte, daß ich sank, verschränkte Dalusa ihre Arme locker um meine Taille. Noch immer war es pechschwarz. Nur die Berührung ließ mich ihre Stellung erkennen. Es war kein Laut zu hören außer dem hohlen Röhren des Winds und dem knirschenden Sandpapiergeräusch, das der Staub verursachte, als er über uns an der Lunglance entlangschabte.
Aber wir waren sicher, zumindest für den Augenblick. Mein Herzschlag hatte sich verlangsamt, und mir wurde das ausgesprochen Erotische unserer Situation bewußt. Ich hob meine staubbedeckten Arme und legte meine Hände über Dalusas Schulterblätter. Unter der Berührung meiner Finger versteiften sich ihre Muskeln, entspannten sich wieder und bewegten sich.
Ihre Wange lag noch immer auf meiner Brust, aber plötzlich merkte ich, daß sie hinuntergriff und die Rückseiten meiner Waden streichelte.
Ihre Arme waren viel länger, als ich mir bisher klargemacht hatte; als ich mir Dalusas grundlegende Fremdartigkeit bewußt machte, spürte ich ein plötzliches Schaudern, das nicht frei von Lüsternheit war.
Sie fuhr fort, die Rückseite meiner Beine zu streicheln. An sich war es kein besonders sinnliches Gefühl; der Staub kratzte auf meiner Haut, und meine losen Seemannshosen bauschten sich störend um meine Knie. Aber allein die Vorstellung dieser Situation war aufreizend und erregend. Die Beziehung zwischen uns war so unwirklich, daß jeder körperliche Kontakt, und sei er noch so gering, eine phantastisch-groteske Bedeutung gewann. Ich streichelte Dalusas Rücken mit meinen trockenen, staubigen Händen. Ich zögerte, sie zu
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