Der Stein der Könige 1 - Quell der Finsternis
Wesen der Natur, sie lachen zu viel und zu laut. Aber ich bewundere ihre Energie. Ihre Gegenwart regt mich zum Denken an, lässt mich schöpferischer werden. Zu häufig, Herr, fühle ich mich sonst wie dieser Fischteich. Meine Gedanken sind friedlich und reglos und rühren sich nur ganz tief unten, und sie erheben sich ausschließlich zur Futterzeit. Die Menschen sind wie ein tosender Fluss, in den ich mich stürze, und es erfrischt mich, in der eiligen Strömung umhergeworfen zu werden.«
Entsetzt hielt Silwyth inne. Er hatte sich von seiner Begeisterung verleiten lassen, zu viel zu sagen. Der Schild wollte doch sicher nichts von den tieferen Empfindungen eines Geringeren Wächters wissen.
Silwyth senkte den Kopf, faltete die Hände im Schoß und erwartete den Tadel.
»Ja«, sagte der Schild, »ich hatte Recht. Ihr seid der richtige Mann für diese Aufgabe.«
»Herr?« Silwyth blickte auf, erfreut und entzückt zugleich.
»Was wisst Ihr von der derzeitigen politischen Situation?«, fragte der Schild und warf dem Geringeren Wächter einen intensiven, durchdringenden Blick zu, der sogar durch die nächtlichen Schatten schnitt. »Von den Problemen, die zwischen dem Göttlichen und mir entstanden sind?«
»Ich weiß, dass Ihr loyal zum Göttlichen steht und dass der Göttliche seinem Schild vertraut.«
»Ich sehe, Ihr seid auch Diplomat«, meinte der Schild. »Belassen wir es bei der Feststellung, Geringerer Wächter, dass ich der Ansicht bin, dass der Göttliche seine Macht zu vergrößern plant, indem er mir einen Teil der meinen nimmt. Statt sich damit zufrieden zu geben, Urteile über Landstreitigkeiten und Eheverträge zu fällen und Dekrete zu erlassen, widersetzt er sich der Tradition und möchte sich auch mit dem Steuerwesen und, was schlimmer ist, dem Kriegswesen befassen.
Zu diesem Zweck« – der Schild legte eine Hand auf Silwyths Unterarm, was eine große Auszeichnung darstellte und bewirkte, dass Silwyth leicht zu zittern begann –, »zu diesem Zweck hat der Göttliche mir eine Nachricht geschickt und erklärt, er wünsche, dass die Portale in Zukunft von seinen eigenen Soldaten bewacht würden. Die Soldaten unseres Hauses, Haus Kinnoth, die derzeit mit dieser Aufgabe betraut sind und sie verrichtet haben, seit diese Werke der Magie geschaffen wurden, sollen anderweitig eingesetzt werden.«
Silwyth war schockiert. Es fiel ihm schwer zu glauben, dass der Göttliche tatsächlich die Dreistigkeit besaß, etwas Derartiges vom Schild zu verlangen. Es war ein schwerer Affront, eine Beleidigung. Silwyth wunderte sich, wieso noch kein Krieg ausgebrochen war.
»Der Göttliche hat diesen Befehl widerrufen, kurz nachdem er ihn gegeben hatte«, beantwortete der Schild Silwyths unausgesprochene Frage. »Er hat begriffen, dass er zu weit gegangen ist. Aber er hat den Gedanken nicht aufgegeben. Dieser Lord Mabreton, den Ihr heute hier gesehen habt, ist eine der Hände des Göttlichen.
Und Ihr«, fuhr der Schild fort und umschlang Silwyths Unterarm fester, »werdet
meine
Hand sein.«
»Herr, ich bin einer solchen Ehre nicht würdig«, gab Silwyth die angemessene Antwort.
»Das seid Ihr doch, Silwyth«, erklärte der Schild und ehrte den Geringeren Wächter, indem er ihn mit dem Namen ansprach. »Ich beobachte Euch jetzt schon lange und habe schon vor einiger Zeit beschlossen, Euch eine solche Aufgabe zuzuteilen.«
»Was erwarten Euer Lordschaft von mir?«
»Lord Mabretons Aufgabe und die der anderen elfischen Botschafter bei den Menschen wird darin bestehen, König Tamaros davon zu überzeugen, dass es zu den Rechten des Göttlichen gehört, die Herrschaft über die Portale zu übernehmen. Aber König Tamaros ist weise, jedenfalls für einen Menschen. Er wird sich nicht gerne in elfische Angelegenheiten verwickeln lassen. Der Göttliche plant, König Tamaros dazu zu bringen, menschliche Soldaten zu schicken, die den Portaleingang auf der elfischen Seite bewachen sollen.«
»Hat der Mann den Verstand verloren?« Silwyth vergaß sich vollkommen und sprach zu frei und zu laut.
Ein Blick das Schilds ermahnte ihn, die Stimme wieder zu senken. Die Diener hatten sich zurückgezogen, aber zweifellos befanden sich Spione im Haushalt des Schilds, die jetzt vielleicht irgendwo im Schatten lauerten. Der Schild würde selbstverständlich wissen, welche seiner Diener Spione waren, sie beobachten und ihre Nachrichten abfangen. Dennoch, es war weise, Diskretion zu wahren.
»Nein, verrückt ist der Göttliche nicht,
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