Der Stein der Könige 3 - Die Pforten der Dunkelheit
Verzweiflung bereitete sich Ulaf darauf vor, den Zauber dennoch zu wirken, obwohl er nicht so recht wusste, wozu er gut sein sollte.
Dann fing die Großmutter an zu singen.
Die Haut des Taan wies dicke Narben auf, und es sah so aus, als hätte er Edelsteine unter der Haut. Die Narben waren besonders über den Edelsteinen dick und bildeten bizarre Klumpen, aber es war noch genug von den Steinen zu sehen, dass sie das Feuerlicht einfingen. Ulaf fragte sich gerade, wozu diese Steine wohl gut sein mochten – denn es schien ihm eine seltsame Art, Schmuck zu tragen –, als einer der Steine am Arm des Taan aus der Haut brach und auf den Boden fiel.
Der Taan grunzte verblüfft. Er senkte das Messer und starrte den blutenden Riss in seinem Arm an. Die Großmutter sang weiter, und ihre Stimme wurde lauter und kräftiger. Nachdem er den Stein einen Augenblick angestarrt hatte, zuckte der Taan mit den Schultern und hob das Messer wieder über Jessans Herz.
Zwei weitere Steine brachen aus seiner Haut, einer aus der Stirn und ein anderer aus der Brust. Der Taan heulte vor Zorn und fuhr herum, um seine Genossen anzustarren. Dann verlor er zwei weitere Steine, diesmal aus dem linken Arm.
Der Taan brüllte etwas und zeigte auf sich selbst, als wollte er wissen, was los war.
Die anderen Taan schüttelten den Kopf, wichen vor ihm zurück und beobachteten ihn misstrauisch. Einer hob die Waffe und richtete sie auf ihn.
Ein weiterer Stein fiel aus dem Bein des Taan. Zornig wandte er sich wieder den Gefangenen zu. Er starrte erst Ulaf an, dann wieder Jessan und schließlich die Großmutter, die mit schriller Stimme sang. Er stieß mit dem Messer nach ihr. Jessan brüllte und warf sich hilflos gegen die Fesseln. Ulaf begann mit dem Zauber, aber bevor er mehr als die ersten Worte hervorgebracht hatte, senkte sich seltsames Dunkel über seinen Geist, und er vergaß den Zauber vollkommen.
Das Feuerlicht verschwand, Das Mondlicht verschwand. Das Licht der Sterne, alles Licht der Welt, schien zu verlöschen, und es herrschte nur noch leere Nacht. Die Großmutter hörte auf zu singen. Der fauchende Zorn der Taan verebbte.
Die Dunkelheit war vollständig, und dennoch konnte Ulaf etwas darin erkennen. Eine schwarze Rüstung glitzerte dunkel wie die Schwingen eines Raben.
»Kyl-sarnz!«, riefen die Taan. »Kyl-sarnz!«
»Ein Vrykyi!«, hauchte Jessan mit bebender Stimme.
»Shakur«, dachte Ulaf und ließ sich gegen den Baum sinken. »Und ich dachte schon, dass die Kräfte des Guten gegen die Leere arbeiten. Er ist selbstverständlich wegen des Steins der Könige hier.«
Er schaute zu dem Zwergenkind, aber es war nicht mehr da, wo er es gesehen hatte.
»Sie ist hier«, sagte die Großmutter leise und zeigte auf das Mädchen, das sich an sie schmiegte. »Sie ist bei mir. Sie ist zu mir gekommen, als ich gesungen habe.«
»Ihr habt den Stein der Könige«, sagte der Vrykyl, und seine hohle Stimme hallte, als käme sie aus einem tiefen, leeren Brunnenschacht. »Euer Gott Dagnarus wird erfreut sein. Du da, Sklave. Übersetze meine Worte.«
Der Halbtaan tat, was man ihm befohlen hatte, und wiederholte Shakurs Worte in der Taansprache.
Die Taan sahen einander an. Der, der seine Steine verloren hatte, gab einen Befehl. Er sagte etwas zu Shakur und bedeutete dem Halbtaan zu übersetzen.
»Mein Herr Tash-ket sagt, ich solle dem Kyl-sarnz sagen, dass Dagnarus nicht unser Gott ist. Dagnarus ist ein Hochstapler, der die Taan in den Untergang führen wird. Wir folgen K'let. Wir dienen den alten Göttern.«
»Und K'let sagt, dass ihr ihm gut dient«, erklärte ein weiterer Taan und kam ins Lager marschiert.
Dieser Taan sah anders aus als die anderen. Er war älter, viel älter, und seine Haut war weiß und schimmerte unheimlich im Dunkeln. Er sprach die Sprache der Taan, aber seine Stimme klang leer und kalt wie die von Shakur. Der Halbtaan übersetzte seine Worte.
»K'let sagt, dass wir belohnt werden. K'let sagt, dass du alt und verfallen bist, Shakur, und dass keine Ehre darin liegt, gegen dich zu kämpfen. Er befiehlt dir, zu deinem Herrn zurückzukehren …«
Shakur knurrte verächtlich und wandte sich K'let zu. Die Leere wuchs und dehnte sich aus, und die Dunkelheit schien alles zu verschlingen. Ulaf spürte, wie er langsam in diese Leere rutschte. Eine Berührung an seinen Armen und ein barsches Flüstern brachten ihn wieder zu Verstand.
»Rühr dich nicht«, erklang das Flüstern dicht an Ulafs Ohr. Er konnte hören und spüren,
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