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Der steinerne Engel

Titel: Der steinerne Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carol O'Connell
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abgestellt worden war. Und sie wusste, dass Riker nicht schlief. Hätte er sich auch nur eine Stunde hinlegen wollen, hätte er Charles dabehalten, um sich notfalls von ihm wecken zu lassen.
    Augusta stellte eine Schüssel mit duftendem Reisfleisch vor sie hin, das Mallory misstrauisch beäugte.
    »Soll ich den Vorkoster spielen?«, fragte Augusta lachend und setzte sich dazu. Aus der Kanne, die auf dem Tisch stand, schenkte sie sich eine Tasse Kaffee ein und grinste breit, um die Jüngere noch mehr zu frustrieren.
    Mallory ignorierte sie und sah aus dem Fenster. Es war noch nicht dunkel genug. »Ich brauche die Wagenschlüssel.«
    »Der Wagen ist nicht hier«, erwiderte Charles. »Riker hat gesagt, ich soll ihn vor Bettys Hotel abstellen und durch die Hintertür verschwinden, damit mir niemand hierher folgt.«
    Normalerweise war Riker nicht so auf Sicherheit bedacht. »Es hat also eine undichte Stelle gegeben?«
    »Nicht von Belang«, sagte Charles. »Kann sein, dass Jane was aufgeschnappt hat, aber bestimmt nichts Wichtiges.«
    »Schlimmer könnte es kaum kommen«, stellte Augusta fest. »Was sie nicht mitgekriegt hat, saugt sie sich aus den Fingern, und ich möchte wetten, dass es inzwischen die ganze Gegend weiß.«
    Warum hatte Riker dann Charles weggeschickt? »Erzähl mal genau, was bei euch lief, ehe du weggegangen bist.«
    »Gar nichts. Es war sehr ruhig. Die ganze Zeit hat nicht einmal das Telefon geläutet. Es ist also vorbei.«
    Von wegen! Aber Charles schwindelte sie nicht an, er glaubte an das, was er sagte. Mallory wandte sich an Augusta. »Hat Riker gewusst, dass du mir was ins Essen getan hast?«
    Augustas Lächeln war Antwort genug. Riker hatte Charles also nicht zum Babysitten nach Trebec House geschickt. Wozu dann?
    »Jetzt ist eigentlich nur noch eine Frage offen«, sagte Charles zu Mallory, sah dabei aber Augusta an. »Die Frage nämlich, was aus der Leiche deiner Mutter geworden ist. Nicht zu wissen, wo die Tote abgeblieben war, muss den Mob verrückt gemacht haben.«
    Mallory, noch ein bisschen benommen von zu viel Schlaf, nickte zerstreut; sie war nicht ganz bei der Sache.
    »Ich dachte, diese Meute hätte die Leiche weggeschleppt.« Augusta schob die Schüssel näher an Mallory heran. »Völlig ungefährlich, du kannst dich drauf verlassen.«
    Den Gefallen tu ich dir nicht.
    Augusta ahnte, was in Mallory vorging, und lachte laut auf, aber Charles verzog keine Miene. Was wird hier gespielt, dachte Mallory, und warum hat Riker ...
    Charles fasste sie am Arm. »Siehst du es auch so, Mallory? Dass der Mob die Leiche weggeschleppt hat?«
    »Nein.« Mallory schüttelte den Kopf und beschloss, einen Kaffee zu riskieren. Aus Augustas Tasse. Die alte Dame gab sie ohne Protest ab. »Das wäre nur sinnvoll gewesen, wenn man versucht hätte, das Verbrechen irgendwie zu kaschieren, und das ist nicht geschehen. Die Spuren waren ja deutlich zu sehen.«
    In diesem Augenblick machte sie sich um Riker mehr Gedanken als um die Leiche ihrer Mutter. Als sie den Blick hob, hatte Augusta die Küche verlassen, und Charles stand schon unter der Tür.
    Mallory sah in den Topf, der auf dem Herd stand und in dem sich noch genug Reisfleisch für mehrere Mahlzeiten befand. Den ganzen Topf würde sie nicht mit Schlafmitteln versetzt haben. Mallory kratzte ihre Portion vom Teller, warf sie in den Mülleimer und griff nach der Kelle.
    Irgendetwas stimmte nicht. Sie ließ die Kelle in den Topf fallen und ging ins Nebenzimmer, wo Augustas Telefon stand. Oben fiel die Tür hinter Charles zu.
    Die gelbe Katze umkreiste sie, während sie die Dienstnummer des Sheriffs wählte. Sie ließ es viermal läuten.
    Melde dich doch, Riker.
    Die Katze sprang auf den Tisch und stieß das Telefon herunter. Mallory und die Katze starrten sich an. Aus dem Hörer kam kein Laut, und die abgerissene Schnur baumelte in der Luft. Die Katze suchte das Weite, weil sie wusste, was gut für sie war.
     
    Charles folgte Augusta durch sämtliche Räume bis unters Dach. Die Fledermäuse waren offenbar allesamt ausgeflogen. Er ging dem Licht nach, das aus der hintersten Ecke des Dachbodens drang, wo Augustas Fernrohr stand. Durch die Löcher im Dach wehte eine kühle Brise, die den Gestank milderte.
    In einem mit Zeitungspapierschnipseln ausgepolsterten
    Pappkarton lag eine Fledermaus. Ein Flügel war abgespreizt und dick verbunden. Augusta hob das Tier auf, und Charles erkannte an dem roten Ring, dass er den Senior der Kolonie vor sich hatte. Augusta

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