Der Steinwandler pyramiden2
Meile die Kluft entlangzogen. An einigen Stellen erstreckten sich die Gänge und Räume so tief in den Felsen hinein, daß es eine Stunde lang dauerte, sie abzuschreiten.
»Wir haben Platz für achthunderttausend Menschen, aber im Moment zählen wir nur etwa neunzigtausend. Eure fünftausend werden nicht viel Raum brauchen«, sagte Isphet. »Allerdings werden sie vermutlich die Unterkünfte reinigen müssen, die man ihnen zuteilt.«
»War die Bevölkerung einst viel größer?« fragte Zabrze.
»Diese Anlage ist riesig.«
»Nicht viel, vielleicht waren es vor mehreren Generationen zwei- oder dreitausend mehr. Wir haben das nicht gebaut.«
Isphet deutete mit der Hand auf die Pracht um uns. »Unsere Vorfahren haben das alles hier vor etwa sechshundert Jahren entdeckt, buchstäblich in diesem Zustand. Verlassen. Selbst heute noch gibt es Viertel in der Kluft, Raumfluchten tief im Felsen, die wir kaum erforscht haben. Jedes Jahr verlieren wir abenteuerlustige Kinder, die Karten von den unbekannten Gängen zeichnen wollen. Die Weisen wissen viel mehr über die Kluft, als die meisten von uns. Es gibt Bereiche, die nur sie betreten.«
»Wer auch immer das erschaffen hat, muß über magische Kräfte verfügt haben«, murmelte Boaz. »Sieh nur, Tirzah. Die Galerien und herausgeschlagenen Behausungen an den Seiten der Kluft sehen aus wie Glasnetze.«
Er hatte recht. Es sah so aus, als hätte ein Riese das äußere Netzwerk der Kluft herausgeschliffen und es kleineren Wesen überlassen, die inneren Behausungen herauszuschleifen.
Isphet führte uns über eine der Brücken in einen großen Kuppelsaal auf der anderen Seite. Hier gab es wunderschöne Wandschnitzereien, und in die Kuppeldecke waren Glasplatten aus Schmelzglas eingesetzt.
»Du und Banwell, ihr seid Glasmacher gewesen«, meinte ich zu Isphet. »Also muß es hier Werkstätten geben.«
»Ja. Die Bewohner der Kluft hegen eine tiefe Liebe für Handwerkskünste, und die meisten verfügen über großes Können in der einen oder anderen Kunst. Die Glasmacherwerkstätten sind wie die anderen Werkstätten tiefer im Felsen. Ich werde sie euch an einem anderen Tag zeigen.«
Während wir unseren Weg fortsetzten, fiel mir auf, daß einige Räume und Gänge mit Licht erhellt wurde, das von kunstvollen und doch oftmals unsichtbaren Spiegeln in Decke und Wänden reflektiert wurde.
»Sind die hier hergestellt worden?« fragte Yaqob und blieb stehen, um einen zu bewundern.
Isphet zögerte. »Ja, aber nicht von uns. Sie waren ein Teil des Baus, als er von unseren Vorfahren entdeckt wurde. Wir haben das Geheimnis ihrer Herstellung nie herausfinden können.«
Bestimmt brachte man hier Kindern unter anderem bei, keine Bälle dagegen zu werfen. Ich fragte mich, wie viele Gänge und Gemächer aufgegeben worden waren, weil die Lichtspiegel zerbrochen waren.
In den nächsten Stunden führte uns Isphet durch viele Teile der Kluft. Es gab Schulen, Bibliotheken, Wohnungen, Märkte – sie alle waren aus dem Felsen herausgeschlagen. Die Nahrung lieferte der Fluß, in der Hauptsache Fisch, aber auch eine Vielzahl von Schalentieren und Flußaalen, und Isphet erzählte uns, daß es über uns auch Gemüse- und Kornfelder gab, gut geschützt vor neugierigen Blicken in den Tälern östlich der Klippe. »Wir verbringen nicht unser ganzes Leben in den Felsen.«
»Mir ist aufgefallen, daß viele Menschen aus deinem Volk eine hellere Haut haben als die meisten Südländer, und graue oder blaue Augen«, sagte ich. »Wie kommt das?«
»Das Volk der Kluft ist keine eigenständige Rasse. Wir betrachten uns als Bewohner von Ashdod. Auch wenn die Chads uns völlig vernachlässigt haben.« Sie warf Zabrze einen schalkhaften Blick zu. »Wir sind eine Mischung von Menschen, die im Verlauf vieler Jahrhunderte herfanden. Uns alle verbindet unsere Hingabe an die Kunst der Elemente.
Tirzah, du bist Beweis genug, daß man nicht im Süden geboren sein und eine dunkle Haut haben muß, um ein Elementist zu sein.«
Ich nickte. Um dem Krieg zu entfliehen und Frieden zu finden, waren die Soulenai durch viele Länder gekommen, und vermutlich hatten sie ihr Erbe über den größten Teil der bekannten Welt verteilt. Ich verlor mich ein wenig in einem Tagtraum, fragte mich, welcher der Soulenai vor Tausenden von Jahren durch Viland gewandert war. Hatte meine Mutter ihr Erbe an mich weitergegeben? Druse hatte keinerlei Anzeichen gezeigt, Neigungen zur Magie der Elemente zu haben. Und Avaldamon. Avaldamon war ein
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