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Der stille Herr Genardy

Der stille Herr Genardy

Titel: Der stille Herr Genardy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hammesfahr Petra
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Schlüsseln anfertigen lassen. Ich nehme an, die Idee dazu ist Ihnen bisher noch nicht gekommen. Es war ja nicht damit zu rechnen, daß ich Sie so plötzlich wieder hinauswerfe. Aber, liebe Frau Pelzer, was ist denn in Sie gefahren? Haben Sie wieder eine Ihrer schrecklichen Visionen? Sie sollten wirklich einmal mit einem Arzt über Ihre Probleme reden, bevor Sie harmlose Mitbürger damit belästigen. Habe ich Ihnen vielleicht dumme Fragen gestellt? Nein, Herr Genardy, das haben Sie nicht. Sie haben mich nur belogen. Sehen Sie, mein Freund hat ein bißchen hinter Ihnen herspionieren lassen. Er rief mich heute mittag an. Wir sprachen gestern abend bereits darüber, daß Sie vielleicht nur ein kleiner Hochstapler sind. Mein Freund hat dann anschließend noch einen jungen Reporter damit beauftragt, sich heute früh an Ihre Fersen zu heften, was dieser auch tat. Wir wissen jetzt also, daß Sie in einem Lager beschäftigt sind, als Hilfsarbeiter. Und wir wissen noch viel mehr. Es gibt keinen Wolfgang Weber, der Fotograf ist, für Versandhauskataloge arbeitet und einen Stiefvater namens Genardy hat. Aber es gibt eine Tierhandlung im Erdgeschoß eines Hauses, das einem Mann mit dem Namen Wolfgang Weber gehört. Und die Wohnung direkt über der Tierhandlung ist an einen Josef Genardy vermietet. Aber wem erzähle ich das, nicht wahr? Im Dachgeschoß des gleichen Hauses wohnte bis vor kurzem ein junger Mann. Er wohnt zur Zeit nicht dort, weil er in Untersuchungshaft sitzt. Er wird des Mordes an Nadine Otten verdächtigt. Ich habe Ihnen ja von der Tochter meiner Kollegin erzählt. Und wissen Sie, Herr Genardy, dieser junge Reporter, der Ihnen heute früh nachgefahren ist, hat bereits über den Mordfall berichtet. Er hat gute Kontakte zur Polizei. Und als mein Freund ihm Ihren Namen nannte, da kannte er den bereits. Er kannte ihn als den Namen des Zeugen, auf dessen Aussageprotokoll die Polizei so lange warten mußte, weil er zu Besuch bei seiner Tochter in Norddeutschland sei. Aber tatsächlich war der besagte Mann gerade bei mir eingezogen. Meine Großmutter sagte früher immer, wer lügt, der stiehlt auch. Und das kommt ja noch dazu. Seit Sie hier eingezogen sind, vermisse ich zwei Schlüssel. Sie verstehen sicher, daß ich unter diesen Umständen keinen Wert darauf lege, das Mietverhältnis fortzusetzen. Und ich hoffe, Sie machen mir keine Schwierigkeiten. Wir können das regeln wie erwachsene Menschen. Günther war mittags am Telefon so kurzatmig gewesen.
    »Kann ich mich darauf verlassen, daß du ihn vorerst in Ruhe läßt, Sigrid? Wir machen das am Wochenende, okay? Bis dahin hat Dettov vielleicht noch mehr in Erfahrung gebracht, womit wir ihn ein bißchen unter Druck setzen können. Ich habe Dettov zur Post geschickt. Da wird es ja noch ein paar mehr geben als diesen Wellmann, und die sind vielleicht etwas zugänglicher. In dem Lager arbeitet Genardy noch nicht so lange. Wenn er davor bei der Post war, kriegen wir das raus. Und wir kriegen auch raus, warum er geflogen ist. Und dann rede ich mit ihm. Sieh es einfach mal so. Du hast deine Gefühle nicht ganz zu Unrecht. Er hängt in einem Mordfall drin. Er kennt den Mörder, aber mehr ist es wahrscheinlich nicht. Und um den Rest kümmere ich mich am Wochenende. Bis dahin läßt du ihn in Ruhe. Kann ich mich darauf verlassen?«
    »Nein!« Ist lieb von dir, daß du plötzlich Beschützerinstinkte entwickelst, aber es ist zu spät. Ich habe auch Beschützerinstinkte. Und im Zug war mir dann eingefallen, welchen Grund ich nennen konnte. Ich war nervös, als ich die Treppe hinaufstieg. Ich wußte nicht, ob ich mich gut genug unter Kontrolle halten konnte. Fang bloß nicht an zu schreien, Sigrid. Wenn du nicht locker sein kannst, dann bau das Zittern einfach ein. Es ging ganz leicht. Ich klopfte an und hörte ihn auf die Tür zukommen. Er öffnete die Tür, nicht sehr weit, und den Spalt verdeckte er noch mit seinem Körper. Ich konnte nicht einmal über seine Schulter sehen, weil er ein gutes Stück größer war als ich, und weil ich zudem noch eine Treppenstufe unter ihm stand.
    »Entschuldigen Sie die Störung, Herr Genardy.« Es ging wirklich ganz leicht.
    »Es ist mir furchtbar peinlich, ich weiß gar nicht, wie ich es sagen soll.« Als er mir die Tür geöffnet hatte, hatte er gelächelt. Das tat er vielleicht immer noch. Ich wollte ihm nicht ins Gesicht sehen und hielt den Kopf gesenkt.
    »Ich war letzten Mittwoch auf der Bank, da war die Miete noch nicht gutgeschrieben.

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