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Der Stolz der Flotte

Der Stolz der Flotte

Titel: Der Stolz der Flotte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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rollende Schiff, auf dem der endlich gehißte weiße Wimpel vom Masttopp flatterte – also hatte Leutnant Meheux mit seinem Prisenkommando wenigstens etwas zustande gebracht.
    Er sah zu seinen killenden Segeln und losen Schoten hoch. Es war fast eine Stunde her, seit die Boote abgefiert worden waren, die Meheux und seine Männer zu der Prise hinübergebracht hatten; und inzwischen hatte sich das Wetter deutlich und besorgniserregend verändert. Der Himmel bezog sich sehr schnell, die See wurde bleiern und glanzlos, die schnellen, weißmützigen Wellen waren jetzt schmutziggrau und drohend. Nur die Kimm blieb klar und kaltglänzend wie Stahl, als würde sie von einem anderen Licht als der untergehenden Sonne erhellt. Ohne auf den Stander zu sehen, wußte Bolitho, daß der Wind gedreht hatte und jetzt fast genau von Westen kam; mit jeder Minute frischte er bedrohlich auf.
    Ein Sturm war im Anzug. Angesichts des manövrierunfähigen spanischen Schiffes und der Ungewißheit über Meheux kam er zur allerungünstigsten Zeit.
    »Endlich kehrt die Jolle zurück – wird auch verdammt Zeit!«
    schimpfte Broughton. Es sah gefährlich aus, wie das kleine Boot durch den hohen Seegang stampfte; schon daran merkte man deutlich, wie sehr sich das Wetter verschlechtert hatte.
    Die anderen Boote waren bereits zurückgerufen und an Bord gehievt worden. Die Jolle war Meheux’ letzte Verbindung zum Flaggschiff. In der Ducht saß sprungbereit Midshipman Ashton. Er und ein Steuermannsmaat, dazu ein verläßlicher Unteroffizier und eine Anzahl Matrosen waren unter Meheux als Prisenkommando hinübergeschickt worden.
    Während das kleine Boot schwer arbeitend auf das Achterdeck der
Euryalu
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zuhielt, rief Ashton durch die hohlen Hände: »Sie ist ziemlich leck, Sir! Und die Ruderzüge sind zerschossen!«
    Bolitho beugte sich über die Reling und rief: »Wie heißt das Schiff?
    Warum dauert das so lange?«
    »Die
Navarra
,

Sir«, antwortete Ashton. »Unterwegs von Malaga.« Eine wütende Welle warf ihn fast über Bord. »Mit Stückgut und –«, er schien erst jetzt den Admiral gewahr zu werden –, »und einer Menge Passagiere, Sir.«
    »Himmeldonnerwetter, Bolitho! Fragen Sie diesen jungen Idioten, was der Kapitän gesagt hat!«
    Aber Ashton antwortete ihm direkt: »Der ist tot, Sir. Bei der Breitseite gefallen. Die meisten Offiziere auch. Das Schiff ist in einem schauderhaften Zustand, Sir«, schloß er verzweifelt.
    Bolitho winkte Keverne herbei. »Ich denke, Sie setzen am besten über. Der Seegang nimmt zu, und an der Prise scheint mehr dran zu sein, als wir dachten.«
    Aber Broughton hielt Keverne zurück. »Befehl belegt.« Kalt glänzten seine Augen in dem seltsamen Licht. »Und wenn Keverne mit der Sache nicht fertig wird – was dann?« wandte er sich an Bolitho.
    »Noch mehr Verzögerung, und wir kommen obendrein in einen Sturm! Nein,
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e

gehen an Bord der
Navarra
.
« Er fuhr zusammen, als hoch über seinem Kopf die Takelage zu summen und zu jaulen anfing wie ein schlecht gestimmter Kontrabaß. »Entscheiden Sie, was zu tun ist, und zwar schnell. Ich würde die Prise ungern verlieren, aber ehe ich mit so einer lahmen Ente zum Geschwader zurückkriechen muß und dabei Stunden oder sogar Tage vergeude, bohre ich sie lieber gleich auf der Stelle an.« Er spürte, daß Bolitho eine Frage auf der Zunge hatte, und schloß: »Nötigenfalls übernehmen wir Mannschaft und Passagiere.«
    »Jawohl, Sir«, nickte Bolitho. Keverne war sichtlich enttäuscht. Erst war ihm das Kommando über die
Aurig
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entgangen, und jetzt verlor er eine weitere Möglichkeit, seine Stellung zu verbessern. Wenn die
Navarr
a

zwar gerettet werden, aber nicht im Verband mitsegeln konnte, dann hatte der Prisenkommandant, der sie nach Gibraltar zurücks egelte, durchaus die Chance, Kapitän zu werden. Bolitho hatte seine erste wirkliche Chance auf dieselbe Art bekommen und konnte verstehen, daß Keverne verärgert, vielleicht sogar wütend war.
    Er verbannte diesen Gedanken und signalisierte der Jolle. Wenn der Wind noch stärker wurde, gab es vielleicht in einer Stunde überhaupt keine Prise mehr.
    Allday war neben ihm aufgetaucht und half ihm in den Bootsmantel.
    »Sie brauchen mich natürlich, Captain.«
    Bolitho blickte ihm kurz ins Gesicht. Er sah genauso besorgt aus wie damals, als er ohne ihn auf das Werferschiff gegangen war. »Ganz recht, Allday – natürlich«, lächelte er.
    Ins Boot zu kommen, war ebenso gefährlich wie unbequem. In einem Moment

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