Der stolze Orinoco
vorüber.
Natürlich schossen die Hauptjäger der Piroguen, Herr Miguel einer-und Jacques Helloch andrerseits, gern Wasservögel, die ihnen in den Weg kamen. Schmackhaft zubereitete Enten und Holztauben brachten dann in die gewöhnlichen Speisen aus gedörrtem Fleisch und Conserven eine angenehme Abwechslung.
Einen merkwürdigen Anblick bot jetzt die rechte Stromseite mit ihrem fast lothrecht abfallenden Felsenufer, den letzten Ausläufern der Cerros von Baraguan, an deren Fuß der Strom noch eine Breite von achtzehnhundert Metern hat. Weiter oben, nach der Mündung des Mina hin, verengert er sich, und die dort recht stark werdende Strömung drohte die Fortbewegung der Falcas merkbar zu verlangsamen. Zum Glück wehte der Wind recht frisch, so daß die schief stehenden Masten – einfache, kaum entrindete Stämme – sich unter dem Segeldruck nicht wenig bogen. Zu einem Bruche derselben kam es indeß nicht, und nachmittags gegen drei Uhr wurde der Hato von la Tigra, das Besitzthum des Herrn Marchal, erreicht.
Wäre der gastfreundliche alte Herr zu Hause gewesen, so hätten sie gewiß, mit oder ohne, doch wahrscheinlich mit freudiger Zustimmung, sich bei ihm mindestens einen Tag lang aufhalten müssen. Herr Marchal hätte auch ebenso von Jacques Helloch und Germain Paterne verlangt, daß sie ihm, außer dem bei ihrer Rückkehr zugesagten, einen zweiten Besuch abstatteten.
Doch wenn die Piroguen ihre Passagiere nicht ans Land setzten, so wollten diese wenigstens ein hübsches Bild des Hato von la Tigra mitnehmen, von dem Germain Paterne eine recht gelungene Photographie aufnahm.
Von diesem Punkte aus gestaltete sich die Fahrt ziemlich schwierig, und sie wäre das noch mehr geworden, wenn der Wind nicht seine Richtung und Stärke so weit beibehalten hätte, daß er es den Falcas ermöglichte, gegen die Strömung aufzukommen. Die Breite des Orinoco war hier nämlich auf kaum zwölfhundert Meter verringert und zahlreiche Klippen durchsetzten noch sein etwas gewundenes Bett.
Alle diese Schwierigkeiten wurden von der erfahrenen Mannschaft der Piroguen aber glücklich überwunden, und gegen halb sechs Uhr abends lagen die Falcas schon an ihrem für die Nacht gewählten Halteplatze, nahe der Mündung des Sinarneo.
Unsern davon erhob sich, bedeckt mit sehr dicht stehenden Bäumen und einem fast undurchdringlichen Unterholze, die Insel Macupina. Deren Baumbestand bilden zum Theil Palmas Ilaneras, eine Palmenart, die drei bis vier Meter lange Blätter treibt. Diese Blätter dienen zur Bedachung der indianischen Strohhütten, wenn die Eingebornen zur Zeit des Fischfanges nur ein vorübergehendes Obdach brauchen.
Hier befanden sich augenblicklich grade einige Mapoyos-Familien, mit denen Herr Miguel und Jacques Helloch in Verkehr traten. Sobald die Piroguen angelegt hatten, stiegen sie aus, um sich auf die Jagd zu begeben, von der sie eine reiche Beute heimzubringen hofften.
Wie man es hier immer beobachtet, entflohen die Frauen zunächst bei der Annäherung der Fremden und erschienen nicht eher wieder, als bis sie das lange Hemd übergeworfen hatten, das sie in beinahe decenter Weise einhüllt. Wenige Minuten vorher trugen sie nur den Guayneo, ganz wie die Männer, und hatten als weitere Bedeckung nur noch ihr langes Haar. Diese Indianer verdienen unter den Stämmen, die die Bevölkerung des südlichen Venezuelas bilden, besonders hervorgehoben zu werden. Kräftig, musculös und gut gewachsen, bieten sie ein Bild von strotzender Gesundheit.
Mit ihrer Unterstützung vermochten die Jäger in das dichte Gehölz einzudringen, das sich an der Mündung des Sinarneo zusammendrängt.
Zwei Gewehrschüsse brachten zwei voll ausgewachsene Bisamschweine zur Strecke, andre wurden im Verlauf der Jagd auf eine Gesellschaft Kapuziner 1 abgegeben – eine Affenart, die diesen Namen eines Mönchsordens mit Recht trägt – von der aber kein Exemplar erlegt werden konnte.
»Von den Burschen da, bemerkte Jacques Helloch, kann man nicht grade sagen, daß sie so leicht fallen wie Kartenhäuser! 2
– An diese Vierhänder kann man sich in der That nur schwer heranschleichen, sagte Herr Miguel. Wieviel Pulver und Blei hab’ ich schon an sie verschwendet, ohne je einen solchen Kerl getroffen zu haben!
– O, das ist bedauerlich, Herr Miguel, denn diese Thiere bieten, richtig zubereitet, dem Feinschmecker einen köstlichen Leckerbissen!«
Das war auch, wie Jean erklärte, Chaffanjon’s Meinung: ein ausgenommener, abgesengter und nach
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