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Der stolze Orinoco

Der stolze Orinoco

Titel: Der stolze Orinoco Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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jungen Mann so ernste, edelsinnige Gedanken zu finden. Offenbar war dieser geistig seinen Jahren voraus. So fuhr Jacques Helloch fort:
    »Mein lieber Jean, das sind doch Dinge, an die man kaum denkt, so lange man noch so jung ist…
    – O, ich bin schon alt, Herr Helloch, erwiderte Jean, leicht erröthend.
    – Alt… ja freilich… ganze siebzehn Jahre!
    – Siebzehn Jahre weniger zwei Monate und neun Tage, bestätigte der Sergeant Martial, der jetzt in das Gespräch eingriff, und ich begreife nicht, warum Du Dich als alt hinstellen willst, lieber Neffe…
    – Bitte um Verzeihung, Onkelchen, es soll nicht wieder vorkommen,« gelobte Jean, der ein Lächeln nicht unterdrücken konnte.
    Darauf wandte er sich wieder Jacques Helloch zu.
    »Um übrigens auf die Missionäre zurückzukommen, fuhr er fort, würden die, die sich in Augustino niederließen, gar arg gegen die Vorurtheile und den Aberglauben dieser Indianer anzukämpfen haben, denn meinem Führer nach zeichnen gerade die hiesigen Stämme sich in dieser Beziehung ganz besonders aus!«
    Die Passagiere der Falcas sollten auch bald genug erfahren, wie begründet das Urtheil des frühern französischen Reisenden war.
    Die Hütte (Case) des Capitan stand geschützt unter einer Gruppe prächtiger Bäume. Ein Dach von Palmenblättern bedeckte sie, und darüber erhob sich eine Art cylindrischer Krone, die wiederum von einem Büschel Blumen überragt war. Eine einzige Thür bildete den Eingang nach dem freien Innenraume, der fünfzehn Fuß im Durchmesser haben mochte. Die auf das unumgänglich Nöthige beschränkte Ausstattung bestand aus Bastkörben, Decken, einem Tische, einigen Sitzen von sehr grober Arbeit und den höchst einfachen Wirthschaftsgegenständen des Indianers, nebst seinen Bogen, Pfeilen und Ackergeräthen.
    Diese Hütte war ganz eben erst fertig geworden und gestern mit einer Feierlichkeit eingeweiht worden – einer Feierlichkeit, die die Austreibung des bösen Geistes bezweckte.
    Der böse Geist verschwindet nun – dem Indianerglauben nach – nicht wie ein Dunst, und zerstreut sich nicht, wie etwa ein Nebel. Ein Klopfen und Schlagen an die Strohwände, wie es eine abergläubische europäische Hausfrau thun würde, genügte hier eben nicht. Der Geist gleicht nicht einem Staube, den man mit dem Besen ausfegen kann. Er ist ein körperloses Wesen, daß erst von einem lebenden Thiere eingeathmet und dann von diesem in die Luft hinausgetragen werden muß. Die Erledigung dieser Aufgabe muß also einem beliebigen Vogel überlassen werden.
    Gewöhnlich bevorzugt man hierbei einen Tucan (Pfefferfresser), der sich stets bestens bewährt. Während er umherflattert, pflegt die in der Hütte versammelte, mit ihrer besten Tracht geschmückte Familie Gesänge anzustimmen, Tänze aufzuführen, Opfer zu bringen und dazu unzählige Tassen Bruquilla-Kaffee zu trinken, dem ein gutes Theil Aguardiente oder Tafia zugesetzt ist.
    Da man sich am Vorabend einen Tucan nicht hatte beschaffen können, war ein Papagei als »Reiniger« verwendet worden.
    Nachdem dieser im Innern gehörig hin und her geflogen war, hatte man ihn nach dem Walde zu freigelassen, und nun konnte das Strohhaus in aller Ruhe und Sicherheit bewohnt werden. Der Capitan zögerte selbst keinen Augenblick, Fremde da hineinzuführen, und diese waren sicher, nicht von dem bösen Geiste belästigt zu werden.
    Beim Verlassen der Hütte des Capitan Caribal fanden die Reisenden die Bewohner Augustinos zahlreicher, vielleicht vollzählig versammelt. Die jetzt beruhigten, von ihren Vätern, Brüdern und Ehemännern zurückgerufenen Frauen und Kinder hatten das Dorf wieder zu betreten gewagt. Sie liefen von einer Hütte zur andern, schlenderten unter den Bäumen umher und begaben sich sogar nach dem Strande, wo die Falcas angebunden lagen.
    Germain Paterne konnte bemerken, daß die kleinen, wohlgebauten Frauen mit regelmäßigen Zügen doch auf niedrigerer Stufe standen als die Männer.
    Alle Piaroas versuchten nun, einen kleinen Handel anzufangen, wie sie das von jeher gewöhnt sind, wenn Reisende, Touristen oder Kaufleute, auf dem Orinoco hierherkommen. Sie boten dabei frische Gemüse, Zuckerrohr oder eine Art Bananen, die unter dem Namen Plantanos bekannt sind, an, eine Frucht, die, getrocknet oder eingemacht, den Indianern bei ihren Zügen vielfach als alleinige Nahrung dient.
    Dafür erhielten sie einige Päckchen Cigarren, wonach sie sehr lüstern sind, Messer, Beile, Glasperlen-Halsbänder u. dgl., und schienen

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